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Die Rache des Würgers - Bride of the Monster

Die Rache des Würgers - Bride of the Monster

Ein Film von Edward D. Wood Jr.

„Home? I have no home. Hunted, despised, living like an animal! The jungle is my home. But I will show the world that I can be its master! I will perfect my own race of people. A race of atomic supermen which will conquer the world!“

Er war zeit seines Lebens der ewig Missverstandene, der seinem Traum von einer großen Karriere in Hollywood hinterhereilte, ohne ihn jemals verwirklichen zu können: Edward D. Wood Jr., vielen besser bekannt als Ed Wood, der (angeblich) schlechteste Regisseur der Welt. Ob dieser Titel im Nachhinein gerechtfertigt ist, mag der Einzelne bitte für sich selbst entscheiden, sicher ist einzig, dass jedes der Werke Woods auch heute noch von der geradezu kindlichen Begeisterung des Regisseurs für das Medium Film lebt. Eine Begeisterung, die selbst das haarsträubend dilettantische „Meisterwerk“ „Plan 9 from Outer Space“ [1959] zum Fest für B-Movie-Fans auf der ganzen Welt werden ließ. Gleichzeitig markierte das Sci-Fi-Abenteuer auch den (traurigen) Höhepunkt in Ed Woods ungewöhnlicher Karriere, der alle „Markenzeichen“ des eigenwilligen Regisseurs – namentlich etwa Logikfehler und sogenannte Jump Cuts – noch einmal in sich vereinte und dabei teilweise sogar noch „übertraf“. Ein Kult war geboren, der bereits Jahre, bevor der Plan 9 die Welt wie die wackelige Pappkulisse erschüttern sollte, seine Anfänge nahm. Machen wir u
ns daher hier und jetzt gefasst auf „DIE RACHE DES WÜRGERS“ („Bride of the Monster“).


Irgendwo in den Sümpfen steht das trotz anderslautender Meinungen augenscheinlich doch nicht so verlassene Haus des verrückten Wissenschaftlers Dr. Eric Vornoff (Bela Lugosi in seiner letzten Hauptrolle). Scheinbar weiß der Gute nichts anderes mit seiner großzügig bemessenen Freizeit anzufangen, als Experimente an Menschen vorzunehmen, um seinem Ziel – der Erschaffung des ultimativ-atomaren Supermenschen – näher zu kommen. Lobo (Tor Johnson), dem stummen riesenhaften Gehilfen Vornoffs, kommt dabei die Aufgabe zu, geeignetes „Material“ herbeizuschaffen. Dieses ereilt jedoch infolge der Experimente durch die Bank weg alsbald ein eher ultimativ-totes Schicksal. Manch einer hat da durchaus mehr Glück, da er lediglich der eigens erschaffenen Hauskrake zum Fraß vorgeworfen wird. Dass diese in Sümpfen gar nicht existieren kann, hält sie dreisterweise nicht davon ab, selbst Professor Strowski (George Becwar) zu „vernaschen“, welcher eigentlich im Auftrag einer unbekannten Macht Vornoff mitsamt seinen Forschungsergebnissen zurück in die Heimat schaffen wollte. Damit ist nun Tinte. Selbige sieht die Journalistin Janet Lawton (Loretta King) schon auf der druckfrischen Abendausgabe der Tageszeitung, kommt sie doch den Machenschaften Vornoffs auf die Spur und droht, diese auffliegen zu lassen. Zu dumm nur, dass der Wissenschaftler sie in seine Gewalt bringt und ebenfalls dem Experiment zu unterziehen gedenkt. Nun liegt es an Janets Verlobtem, Lt. Dick Craig (Tony McCoy), Schlimmeres zu verhindern. Doch das dicke atomare Ende steht erst noch bevor...


In Anbetracht derart hanebüchenen Unsinns schlägt nicht nur Dracula-Urgestein Bela Lugosi die Hände über dem Kopf zusammen (siehe Bild links). Nichts passt in diesem Film wirklich zusammen, so dass auch nach dem Abspann noch lose Handlungsfäden gelangweilt gleich den Tentakeln der überraschend leblosen Krake in der Gegend umherbaumeln. Wahrscheinlich tun sie dies heute immer noch. Doch das war doch im Grunde bereits beim Blick auf den sagenumwobenen Namen des Regisseurs klar, der es sich wieder nicht hat nehmen lassen, zusätzlich zur Regie Produktion und Drehbuch zu übernehmen. Ed Wood war, ist und bleibt nun einmal der unumstößliche Master of the Weird, wobei dieser Titel wohl bei den meisten Filmfans andere Konnotationen als die auf dem oben zu bewundernden Filmplakat suggerierten positiven weckt. „Weird“, das neben „gruselig“ und „unheimlich“ eben auch für „bizarr“ und „verquer“ steht, trifft den Nagel nach erfolgtem „Genuss“ des vorliegenden Horrorfilms nämlich fast schon zu perfekt auf den Kopf, denn „DIE RACHE DES WÜRGERS“ ist Trash in Reinkultur, ohne Rücksicht auf Verluste. Ein Umstand, der sich im vorliegenden Fall jedoch entgegen aller Erwartung noch als größter Pluspunkt des Werkes erweist. Denn während es der kruden Handlung auf der einen und der schauspielerischen Darbietung auf der anderen Seite gar nicht möglich wäre, den Film im Alleingang zu tragen, sorgt gerade (Plan 9 lässt grüßen) die miserable Inszenierung dafür, dass der Zuschauer nicht vor lauter Langeweile schlafend vom Sofa fällt.


Legendär ist damals wie heute Ed Woods Prämisse, Filme möglichst kostengünstig zu produzieren. An und für sich spricht nichts gegen eine solche Arbeitspraxis, doch angesichts wackelnder Pappkulissen, allzu offensichtlich kopiertem Material aus anderen Filmen und überforderten Schauspielern kommt man nicht umhin, in diesem Fall gar von einem Budget plusminus 0 auszugehen. Kein Wunder, dass so keinerlei Arbeitsmoral entstehen kann. Gerüchteweise wurde sogar das Modell des eingangs genannten Monsterkraken kurzerhand von einem anderen Filmset „geborgt“. Dummerweise vergaß man dabei, den Motor, der die Tentakel bewegen sollte, auch noch gleich mitzuentwenden, weshalb die jeweiligen Kraken-Opfer jedes Mal tatkräftige Mitarbeit leisten mussten. Dies sieht im Film übrigens dann auch genauso dumm aus, wie es sich hier anhört, aber von nix kommt eben nix. Vor allem kein wildes Tentakelgefuchtel.


Trotz (oder gerade wegen) solcher Patzer ist Ed Woods Werk ein gefundenes Fressen für Liebhaber von Filmen der etwas anderen Art. Hier geht absoluter Dilletantismus noch einher mit einem in jeder Szene hervorkeimenden Ernst, der Woods Status als eigenwilliger Regisseur eindringlich bestätigt. Überzeugt davon, dass er filmisch was auf dem Kasten hat, schickte er nach dem Dokudrama „Glen or Glenda“ [1953] erneut den inzwischen drogensüchtigen Lugosi ins Rennen um die Gunst, endlich einen veritablen Erfolg zu produzieren. Und beinahe scheint es, als wäre der bereits schwer von Krankheit gezeichnete ehemalige Dracula-Mime die Fleischwerdung jenen Ernstes, der in jeder von Woods Arbeiten zu bemerken ist, allerdings durch die inszenatorischen Mankos ein ums andere Mal überstrahlt zu werden droht. Denn Lugosi spielt den verrückten Wissenschaftler in seiner letzten Hauptrolle vor seinem Tod derart überzogen und mit solcher Ernsthaftigkeit, dass man meinen könnte, hierin ein letztes Aufbäumen eines ehemals Großen zu sehen. Da kann die Geschichte noch so an den Haaren herbeigezogen sein – „DIE RACHE DES WÜRGERS“ ist letztlich Lugosis Film, der letzte Versuch, an alte Erfolge anzuknöpfen. Und er sollte nicht zum Flopp verkommen, war er doch nach Kassensturz der erste (und auch einzige) Film des B-Movie-Regisseurs, der Gewinn abwarf.
Buchstäblich um fünf vor acht1) zeigte Wood seinen Kritikern den Vogel2) und konnte zumindest kurzzeitig Bestätigung für seinen ungewöhnlichen Ehrgeiz finden.


„DIE RACHE DES WÜRGERS“ ist dabei kein guter Horrorfilm geworden, zweifellos. Er strotzt vor Logiklöchern, den bereits bekannten Tag- und Nachtwechseln, und auch sonst macht er so ziemlich alles falsch, was man nur falsch machen kann. Aber er unterhält bei aller Kritik, auch wenn uns das atomare Ende genauso ratlos zurücklässt wie Tor Johnson in einer Szene gleich zu Beginn des Films, als der Schauspieler sichtlich überfordert und für den Zuschauer sichtbar auf eine Regieanweisung aus dem Off wartet. Hier bleibt uns letztlich eigentlich nichts anderes übrig, als große Augen ob des dargebotenen Spektakels zu machen. Große Augen, die dennoch niemals an jene des großen Lugosi heranreichen können, denn hypnotisch durchdringend gucken – das konnte er wie kein Zweiter.

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1) Man achte bitte auf die stehengebliebene Uhr über dem Kühlschrank.
2) Im Film sitzt er dem Polizeichef auf der Schulter.


Eine Rezension von Stefan Rackow
(19. Oktober 2009)
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Daten zum Film
Die Rache des Würgers - Bride of the Monster USA 1955
(Bride of the Monster / Bride of the Atom)
Regie Edward D. Wood Jr. Drehbuch Edward D. Wood Jr. & Alex Gordon
Produktion Edward D. Wood Jr., Donald E. McCoy, Tony McCoy (Rolling M. Productions) Kamera Ted Allan, William C. Thompson
Darsteller Bela Lugosi, Tor Johnson, Tony McCoy, Loretta King, Harvey B. Dunn, George Becwar, Paul Marco
Länge 68 Minuten FSK ab 16 Jahren
Filmmusik Frank Worth
Kommentare zu dieser Kritik
Stefan R. TEAM sagte am 11.11.2010 um 19:48 Uhr

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