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Motel

Motel

Ein Film von Nimród Antal

(USA, 2007)



“You can check out anytime you like, but you can never leave”

(Eagles, “Hotel California”)



“You´ll never survive if you lose control…"



Wer Horrorfilme kennt weiß, dass es nicht gut ist, von der Hauptroute abzuweichen und die vermeintliche Abkürzung über die einsame Landstraße zu nehmen. In Fankreisen nennt man solche Aktionen „Oh-Oh´s“. Und das hier ist ein besonders schlimmes. Es kann eigentlich nur noch übertroffen werden von „Da war ein komisches Geräusch, ich geh´ mal nachsehen, was das ist“.

Das alles sollte man in Horrorfilmen tunlichst lassen. Dumm nur, dass Menschen niemals wissen, dass sie in einem mitspielen. Bis es zu spät ist.

Abseits des urbanen Raumes warten die abartigen Killer darauf, arglose Stadtmenschen und Touristen auszunehmen – nicht selten im wahrsten Sinn des Wortes. Das wissen wir seit Tobe Hoopers The Texas Chainsaw Massacre (Blutgericht in Texas, 1974). Es kommt einem manchmal so vor, als sei das amerikanische Hinterland übervölkert von Axt schwingenden Irren und anderem Gesocks.

Horrorfilme kennen dabei genau zwei grundlegende Spielarten von Gefahrendynamik: wenn das Böse nicht zu dir kommt, gehst du eben zum Bösen – unabsichtlich versteht sich. Entweder die Bedrohung bricht in die sicher geglaubte Lebenswelt ein, ode
r aber man verirrt sich auf ein Territorium, auf dem man unheimisch ist. Und dann gibt´s Ärger.

So einen Ärger bekommen Dave (Luke Wilson) und Amy Fox (Kate Beckinsale). Ein Ehepaar, das die Scheidung bald hinter sich haben wird und trotzdem vor Familie und Freunden den Schein wahren will. Die Autofahrt dauert schon viel zu lange, und natürlich hat sich Dave entschieden, die Abkürzung über die Landstraße zu nehmen. Der klassische Filmweg ins Verderben.

Das Pinewood Motel ist die einzige Absteige weit und breit. Der Hotelportier und Manager (Frank Whaley) wirkt genauso wenig vertrauenswürdig wie die Beschallung, die aus seinem Restroom dringt (Frauenschreie). Aber man ist ja müde und hat morgen noch viel Autofahren vor sich.

Im Motelzimmer beginnt der Terror, langsam aber sicher. Pochende Schläge an der Tür. Flackerndes Zimmerlicht. Und die Videosammlung des Hauses enthält ausschließlich Snuff-Movies, in denen Menschen von zwei maskierten Killern dahingemetzelt werden. Und Drehort ist das Pinewood Motel.

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Auffällig an Nimród Antals erstem in den USA gedrehten Film ist zuerst einmal: nichts. Nichts, was hier gezeigt wird kommt nicht schon in vielen, vielen anderen Streifen vor. Der Ungar, der vorher den U-Bahn-Thriller Kontroll (2003) gedreht hatte, heuerte in Amerika mit einer großen Auftragsproduktion an, für die man ihm prominentes Schauspielerpersonal zur Seite stellte.

Das Sujet nimmt sich nicht gerade wie die Neuerfindung des Rads aus. Mehr noch: man könnte - leider - auf die Idee kommen, dass mit Vacancy (Motel, 2007) weiterer, überflüssiger Splatter-Stuss in der Machart von Saw und Hostel auf die Welt losgelassen wird. Und dessen narrativer Ansatz nicht im Mindesten originell zu nennen wäre. Der ungeschickte deutsche Titel Motel unterstützt diese spontane Verortung zusätzlich.

In diesem Fall gilt aber wirklich: erst sehen, dann urteilen. Antal hat mehr zu bieten, als der erste Blick vermuten lässt.

Zuerst einmal hebt sich dieser Film sehr deutlich von den absurden Schlachtfesten ab, die seit einigen Jahren so enorm erfolgreich sind (Saw und Hostel eben). Das ist nämlich eine bedauerliche Entwicklung, die ungemein viel epigonalen Dreck hervorgebracht hat. Und wir reden hier ja von einem Genre, das seit jeher davon lebt, bekannte Muster zu reproduzieren. Aber der Grad an uninspirierter, dreister Nachmacherei ist selbst für diese eher engen Maßstäbe mittlerweile eklatant.

Da muss man es Antal schon hoch anrechnen, dass er nicht ein Thema bedient hat, das kreischende Zombies oder renitente Geisterkinder beinhaltet. Stattdessen also: irre Messermörder, für die das Töten jenseits der kümmerlichen, bürgerlichen Existenz zu Freizeitspaß und Nebenverdienstmöglichkeit wurde. Der nette Mechaniker, der – natürlich – einer von ihnen ist, lächelt das Ehepaar am Anfang noch freundlich an: „Ich müsste Ihnen eigentlich Geld dafür zahlen, dass Sie mir eine Aufgabe geben “

Zugegeben: das ist auch nicht neu, vorsichtig formuliert. Aber bei Vacancy lohnt sich der Weg, weniger das Ziel.

Antal erzählt seine Geschichte, ohne einen Tropfen Kunstblut zu verschwenden. Das ist eine Wohltat für jeden, der mit Grausen an den kommenden Saw V denken muss. Die schaurigen Snuff-Videos sind ein visuelles Element, das mehr als atmosphärischer Stimulus denn als Folter-Fetisch wirkt. Es ist das vorerst letzte Glied in einer Kette von Indexzeichen des Horrors, die Antal aneinanderreiht. Der verschrobene Manager, die eigenartigen Schreie, die vermeintlich von einem schlechten B-Film zu stammen scheinen. Das Pochen an der Zimmertür.

Auch ist die Situation, in die Drehbuchautor Mark L. Smith seine beiden Protagonisten geschubst hat, beängstigend wie nur was. Sie ist realistisch und dabei in ihrer Konstruktion so einfach wie effektiv. Geschichten sind häufig deshalb genial, weil sie so einfach sind.

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Vacancy ist ein Angst einflößender und außergewöhnlich nervenaufreibender Film. Das muss man leider betonen. Denn Filme wie die aus der Saw-Reihe sind in keiner Weise Angst einflößend oder nervenaufreibend. Eher machen sie den Zuschauer speien. Den Schaden, den Darren Lynn Bousman, Eli Roth und all die anderen Torture Porn-Deppen angerichtet haben, und die Penetranz, mit der sie Sadismus mit Spannung verwechseln, all das diskreditiert ein Genre, dass neben viel Massenware auch immer Highlights zu bieten hatte. Klassiker jenseits der engen Grenzen der Schublade. Doch was ist in den letzten Jahren schon groß gedreht worden, was dieses Prädikat verdient hätte.

Aber: an Vacancy lassen sich auch all die Schwächen studieren, die selbst gute, aktuelle Produktionen mit sich herumschleppen. Da wäre vor allem die Ungeduld im Spannungsaufbau. Antal macht es durchaus besser als andere, doch auch er legt seine Karten auf den Tisch, noch bevor eine Dreiviertelstunde vergangen ist. Der große Rest ist sehr enervierend inszeniertes Flüchten vor den Killern.

Wo bleibt die Ruhe, wo bleibt die Minuziösität, wo bleibt die Lust an der beharrlichen, ingeniösen Steigerung des Grauens? Ich weiß, es ist jetzt im höchsten Maße unoriginell, versnobbt und geschmäcklerisch, nach alten Meistern wie Hitchcock, Polanski oder Carpenter zu schreien. Das ist ein Pawlowscher Kritikerreflex, aber er ist in dieser Zeit, in diesem Zusammenhang, verdammt noch mal sehr angebracht.

Vielleicht sind Beispiele wie Vacancy oder die Stephen King-Verfilmung Zimmer 1408 ja der Anfang einer Heilung. Eine sehr, sehr notwenigen.

Eine Rezension von Gordon Gernand
(18. April 2008)
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Daten zum Film
Motel USA 2007
(Vacancy)
Regie Nimród Antal Drehbuch Mark L. Smith
Produktion Hal Lieberman Company, Screen Gems Inc. Kamera Andrzej Sekula
Darsteller Luke Wilson, Kate Beckinsale, Frank Whaley
Länge 85 Min. FSK ab 16
Kommentare zu dieser Kritik
Anj TEAM sagte am 18.04.2008 um 23:21 Uhr

Ich stimme dir zu; der Film war nichts Besonderes und nichts Neues. Aber er war wirklich fesselnd und so spannend wie schon lange kein Film mehr. Ich habe mich im Kino atemlos unter meinem Schal verkrochen!

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