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von Olivier Marchal




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Real Love

Real Love

Ein Film von Tony Bill

„I wasn’t finished.“

Diese Sache mit dem vielfach gebrauchten Schema F, das umgangssprachlich für stereotype, mechanisch ablaufende Vorgänge steht, ist ein eigenes kleines Mysterium. Vor allem im Bereich des Liebesfilms, der nach Meinung Vieler seit einer halben Ewigkeit immer ein und dieselbe Geschichte in abgewandelter Form zu erzählen scheint, wird es gerne bemüht, um die Krux mit der alten Leier zu beschreiben. Und nicht selten wird dabei der Nagel auch auf den verliebten Kopf getroffen. Aber eben nicht immer. Einige Liebesfilme arbeiten nämlich nicht nur altgediente Regeln ab, sondern bereichern das sonst eher gemächlich dahinplätschernde F-Schema ihrerseits um einen eigenen, neu entwickelten Dreisatz.


Die erste Komponente: Verstand. Vom philosophischen Standpunkt her definiert sich der Verstand über das Vermögen, Begriffe zu bilden und diese zu Urteilen zu verbinden. Auf einen Film übertragen liegt diese menschliche Begabung wohl am ehesten in dem zugrunde liegenden Drehbuch, welches doch in seiner Gesamtheit nichts anderes ist als die durch einen Autor vollzogene Verbindung wohlfeiler, einzelner Begriffe zu einem (bestenfalls) schlüssigen Endprodukt. Logische Quintessenz: Ein Film ist immer nur so schlau, wie es sich von seiner Geschichte ableiten lässt. Und dieser Prämisse hat sich zwangsläufig auch Tony Bills Liebesdrama „REAL LOVE“ („Untamed Heart“) mi
t seiner Grundidee zu unterwerfen:


Die impulsive Kellnerin Caroline (Marisa Tomei) und ihre Freundin Cindy (Rosie Perez) lieben das Leben, auch wenn es mitunter Rückschläge zu verkraften gilt. So wurde etwa jüngst Caroline von ihrem Freund verlassen, was sie, die hübsche und junge Frau, zu einem begehrten Flirtobjekt bei den Männern macht. Traurigerweise übertreiben es eines späten Abends zwei Männer derart, dass es fast zu einer Vergewaltigung kommt – wenn da nicht der unscheinbare Tellerwäscher Adam (Christian Slater) wäre, der sich als Schutzengel Carolines erweist und sie den gierigen Fingern ihrer Peiniger entreißt. Caroline, die tagtäglich bei der Arbeit mit Adam zu tun hat, dort aber nie mehr als ein, zwei Worte mit dem schüchternen, geheimnisvollen Mann gewechselt hat, beginnt sich nach dessen hilfsbereitem Einschreiten zusehends mehr für ihren Retter zu interessieren, wobei sie immer neue, interessante, aber auch durchaus traurig stimmende Einzelheiten ans Tageslicht der Wirklichkeit befördert. Und obwohl die beiden so grundverschieden sind, obsiegt schließlich die Liebe, nicht ahnend, dass Adam noch ein weiteres trauriges Geheimnis tief in sich trägt...


Zugegeben: nicht nur auf dem Papier erscheint die Idee wie eine leicht abgewandelte Form des Klassikers „Love Story“ von 1970, doch hilft damals wie heute der zweite Teil des eingangs bemühten Dreisatzes, die trotz stimmiger und intelligent eingängig erzählter Geschichte fehlende Innovation wettzumachen:


Die zweite Komponente: Seele. Denn was der „Love Story“ durch ihre zu Herzen gehende Liebesgeschichte gelang, wird bei dem vorliegenden Film durch seine Konzentration auf die Kernfrage, was wirkliche Liebe ausmacht, erreicht: beiden Filme wurde eine festverwurzelte Seele zuteil, die sie auch Jahre nach ihrem Erscheinen noch zu bemerkenswerten Vertretern ihres Genres werden lässt. Die so wichtige Seele, gemeinhin von vielen Religionen als der Teil eines Mensches angesehen, der auch nach dem Tod nicht stirbt, ist dabei nicht etwa substanzlos, sondern verfestigt sich im Film vor allem durch die Dialoge zwischen Caroline und Adam:


„You love with your mind and soul, not you heart.“
„Then how come I hurt here when you're not with me?“



Marisa Tomei („War Inc.“ [2008]) und Christian Slater („True Romance“ [1993]) sprechen hier offen eine Frage an, die sich als Leitmotiv einem roten Faden gleich durch das Geschehen zieht und „REAL LOVE“ aus der breiten Masse ausgelutschter Liebesromanzen hervorhebt, nämlich: Womit lieben wir? Ist es der Verstand, die Seele, oder doch unser aller Herz? Und genauso, wie der Film keine explizite Antwort darauf gibt und uns mit Adam einen traurigen Menschen präsentiert, der all seine Liebe einzig und allein seinem so großen, nichtsdestotrotz schwachen Herzen zuschreibt, ergeht es wohl auch uns, wenn wir einmal genauer darüber nachdenken. Insoweit entzieht sich Tony Bills Werk selbst den zunächst märchenhaft anmutenden Boden und spannt den Bogen zu uns, zur Realität. Zu einer Realität, die mal hart und kompromisslos daherkommt und in dem traurigen Filmende einen wahrhaft ebenbürtigen Komplizen findet. Sicherlich wird in den letzten Filmminuten vorwiegend ein zutiefst menschliches Gefühl heraufbeschworen, und diesem darf man dann auch ruhig nachgeben, ohne sich rechtfertigen zu müssen. Unmerklich taucht hiermit auch noch automatisch der dritte und zugleich letzte Teil des Dreisatzes auf, der schließlich „REAL LOVE“ zu einem unglaublich schönen, aber auch überaus traurigen Film reifen lässt:


Die dritte und letzte Komponente: Herz. Neben Verstand und Seele besitzt der Film nämlich vor allem eines: Herz, das entgegen Carolines Aussage sehr wohl zu Gefühlsregungen in der Lage ist. Auch wenn es, wie Adam konstatiert, manchmal einfach nur weh tut. Ehrlicher kann ein Film kaum sein.

Eine Rezension von Stefan Rackow
(20. Juni 2009)
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Daten zum Film
Real Love USA 1993
(Untamed Heart)
Regie Tony Bill Drehbuch Tom Sierchio
Produktion Metro-Goldwyn-Mayer Kamera Jost Vacano
Darsteller Christian Slater, Marisa Tomei, Rosie Perez, Kyle Secor, Willie Garson
Länge 92 Minuten FSK ab 12 Jahren
http://www.mgm.com/title_title.php?title_star=UNTAMEDH
Filmmusik Cliff Eidelman
Kommentare zu dieser Kritik
Renee TEAM sagte am 31.07.2009 um 11:11 Uhr

Einer der scheinbar vergessenen Filme, die so viel mehr Beachtung verdienen, als ihnen tatsächlich zuteil wird. UNTAMED HEART (der deutsche Titel ist doch ein wenig zu kitschig geraten, das Original weitaus treffender und so schön vielschichtig) erzählt zwar eine äußerst simple Geschichte, tut dies aber mit außergewöhnlich viel Gefühl, ohne dabei unangenehm schmalzig zu werden. Die beiden Hauptfiguren bilden mit ihrer Quirligkeit auf der einen und der liebenswert schüchternen Zurückhaltung auf der anderen Seite zwei recht extreme Pole, ergänzen sich dabei aber so wunderbar, dass ihre Verbindung vollkommen natürlich erscheint. Beide haben sich ein Stück kindlichen Gemüts bewahrt und führen den Zuschauer auf verträumte Art und Weise durch die Geschichte, die nie erzwungen wirkt. Ein Film, den jeder Liebhaber romantischer Erzählungen einmal gesehen haben sollte.

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