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A Single Man

A Single Man

Ein Film von Tom Ford

von Asokan Nirmalarajah

Mit A Single Man (2009), einer atmosphärisch dichten, wenn auch zuweilen arg prätentiösen Charakterstudie nach dem gleichnamigen Roman von Christopher Isherwood, gab der amerikanische Modedesigner Tom Ford letztes Jahr sein Aufsehen erregendes Debüt als Filmemacher. Dabei war es weniger die Verwunderung darüber, dass der Mann, der den meisten wohl von dem inzwischen legendär gewordenen Vanity Fair-Cover bekannt sein sollte, auf dem er sich als Einziger angezogen zwischen den zwei nackten Schönheiten Keira Knightley und Scarlett Johansson räkelt, mit dem Festivalhit bemerkenswert souverän ins Regiefach gewechselt ist, als die schauspielerische Glanzleistung des Briten Colin Firth in der Hauptrolle, die für Furore sorgte. Für seine ausgesprochen intensive und sensible Verkörperung eines melancholischen Schwulen mittleren Alters konnte Firth nicht nur eine Vielzahl an internationalen Festival- und Kritikerpreisen einheimsen, er wird derzeit auch als ein aussichtsreicher Oscar-Kandidat gehandelt. Der Film, der komplett um seine kraftvolle Vorstellung gebaut ist, entpuppt sich allerdings als eher durchwachsen. Visuell betörend, handwerklich makellos und gut besetzt, verliert sich A Single Man aufgrund eines recht affektierten Drehbuchs und einer nicht minder selbstgefälligen Inszenierung lei
der zu oft in ausgedehnten Szenen angestrengter Sinnsuche. Dabei hat es A Single Man mit seinen interessanten Figuren und seiner tragisch-komischen Geschichte über Leben und Tod eines Intellektuellen wirklich nicht nötig, durch bemüht tiefgründige Passagen und unbeholfener Symbolik wiederholt auf seine Nähe zum anspruchsvollen Arthouse-Kino zu verweisen.
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Mit viel Gefühl und nicht zuwenig Witz schildert A Single Man einen ereignisreichen Tag im Leben des britischen Universitätsprofessors George Falconer (Colin Firth), der am Morgen des 30. November 1962 in Los Angeles beschließt, sich am Ende des Tages sein Leben zu nehmen. George, der acht Monate nach dem Unfalltod seines langjährigen Lebenspartners Jim (Matthew Goode) immer noch seiner großen Liebe nachtrauert, sieht in seinem tristen Alltag und in seiner Einsamkeit keinen Lebenssinn mehr. Er legt sich seine Pistole auf dem heimischen Schreibtisch zurecht und bricht ein letztes Mal auf, sein Seminar zu halten. In Gedanken verloren und verfolgt von seinen Erinnerungen an die schöne Zeit mit Jim, bewegt sich George durch seinen letzten Tag auf Erden, um wider Erwarten frische Lebensimpulse von seinen Mitmenschen zu erhalten, unter anderem von einem spanischen Stricherjungen (Jon Kortajarena), von seiner besten Freundin, der genusssüchtigen Alkoholikerin Charley (Julianne Moore) und von seinem jungen Studenten Kenny (Nicholas Hoult), der sich sogar so geschickt in sein Haus flirtet, dass George drauf und dran ist, es sich mit seinem penibel geplanten Selbstmord noch einmal zu überlegen…
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Wirklich bemerkenswert an dem gefühlvoll gefilmten, aber mittelmäßigen A Single Man ist die Zeit, die sich Ford nimmt, um die sehr intensiven sinnlichen Eindrücke seiner Hauptfigur einzufangen. Der suizidgefährdete, selbstironische George wird in der Regel in einer trostlosen Farbpalette gefilmt, außer in den Momenten sinnlichen Erlebens, in denen er immer wieder innerlich und äußerlich aufblühen darf. So lässt er sich mal von dem Make-up und Parfüm seiner Sekretärin verzaubern, schaut verträumt auf die nackten Oberkörper Tennis-spielender Studenten, begutachtet das perfekte Kostüm der kleinen Nachbarstochter oder streichelt einem fremden Hund impulsiv durchs Fell. Dass diese Szenen nur selten in unfreiwillige Komik abdriften, dafür sorgt Firth mit seinem intelligenten Spiel, das zwischen tiefer Trauer, defensivem Sarkasmus und großer Liebes- und Lebenssehnsucht pendelt und vielleicht seinen Höhepunkt erreicht in einer morbid-komischen Sequenz, in der er vergeblich nach der besten Sitzposition für seinen Selbstmord sucht. Neben dem überragenden Firth kann die recht solide Nebendarstellerriege keinen besonderen Eindruck hinterlassen, egal ob es sich um den charismatischen Matthew Goode als attraktiven Toten, um den coolen Jon Kortajarena als schüchterne James-Dean-Kopie oder um die immer gern gesehene Julianne Moore als hier eher anstrengende Alibi-Frau in einem sehr homoerotisch aufgeladenen Film handelt. Nicholas Hoult, der mit seinen 20 Jahren optisch bereits Welten entfernt ist von seiner bislang berühmtesten Rolle aus About a Boy (2002), beeindruckt noch am meisten, allerdings weniger durch sein Spiel als durch sein sehr erotisch gefilmtes Aussehen.
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Denn als müsste Tom Ford, der als unerfahrener Regiedebütant den Film selbst finanzieren musste, dem Klischee des homosexuellen Filmemachers gerecht werden (siehe etwa auch mit Ausnahmen: Gregg Araki, Gus Van Sant, Joel Schumacher), sind alle, vor allem die männlichen Schauspieler in A Single Man bildschön. Das ist nicht unbedingt ein Problem, sehen wir doch den ganzen Film durch die Augen des liebeshungrigen George. Aber dieser Hang zum Ästhetischen verleiht dem bereits sehr affektierten Film nicht unbedingt viel Gehalt, sondern trägt eher zu seiner narzisstischen Selbstgefälligkeit bei. Was nicht bedeutet, dass man sich als Zuschauer nicht gerne der stilvollen Optik des Films hingibt. Die eleganten Kostüme und die edle Ausstattung von A Single Man erinnern dabei nicht zufällig an das hochgelobte Production Design der amerikanischen Erfolgsserie Mad Men (2007––), die in derselben Ära amerikanischer Geschichte angesiedelt ist, zeichnete doch das kreative Team der Serie auch für den Film verantwortlich. Darüber hinaus gibt auch Jon Hamm, Hauptdarsteller der Serie, einen nicht angeführten Cameo-Auftritt am Telefon als ein Verwandter von Jim, der George die Nachricht von dessen Tod überbringt.

A Single Man mag also filmisch ein solides Regiedebüt sein, das zuweilen mit tiefgründigen Kommentaren über die populärkulturelle Ikonografie, über die Gender-Verhältnisse und über die sozialen Dynamiken der 1960er kokettiert, aber letztlich wenig mehr als schöne Bilder und einige gut gespielte Momente zu bieten hat. Wer mehr über das Lebensgefühl im Amerika der 60er erfahren möchte, wäre also mit Mad Men weit besser bedient.

Eine Rezension von Asokan Nirmalarajah
(23. Januar 2010)
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Daten zum Film
A Single Man USA 2009
Regie Tom Ford Drehbuch Tom Ford, David Scearce, nach dem Roman von Christopher Isherwood
Produktion Fade to Black u.a. Kamera Eduard Grau
Darsteller Colin Firth, Julianne Moore, Nicholas Hoult, Matthew Goode
Länge 101 FSK 16
http://www.asingleman-movie.com/
Filmmusik Abel Korzeniowski
Kinostart: 08.04.2010
Kommentare zu dieser Kritik
the flower tao sagte am 27.03.2010 um 20:50 Uhr

Berechtigte Kritik. Die Firth-Figur kam mir aber so interessant vor, dass mich die prätentiösen Parts kaum gestört haben. Hat weh getan, Firth nebenher im DORIAN GRAY-Schund von Parker zu sehen, wo er sich zu Tode langweilt. Dann doch lieber Fords Pfauengehabe! ;)
Asokan TEAM sagte am 27.03.2010 um 23:31 Uhr

Die Firth-Figur hätte einen besseren Film verdient - die Szene auf dem Bett hat gezeigt, wie gut der Film hätte sein können: witzig, tragisch, charmant. Hübsch anzusehen isser ja, nur nicht genug Substanz. Und DORIAN GRAY musste ich in der Sneak aushalten. Wie konnte man ein so tolles Buch nur so miserabel verfilmen? Selbst Firth konnte da nichts dran ändern.

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