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Krieg der Dämonen

Krieg der Dämonen

Ein Film von Takashi Miike

In den letzten paar Jahren war dem Fantasiegenre nach längerer Zeit endlich ein Wiederaufleben beschieden. J.K. Rowling bescherte uns 1997 ihren Harry Potter, der 4 Jahre später vom amerikanischen Regisseur Chris Columbus verfilmt wurde. Der Neuseeländer Peter Jackson hauchte im selbigen Jahr der Mittelerde aus „Herr der Ringe“ wieder neues, wenn auch nur fast komplett computer-animiertes, Leben ein. Und letztes Jahr entführte uns ein rätselhafter, sich heuchlerisch gebender Pan unter der Leitung des mexikanischen Regisseurs Guillermo del Toro in sein rätselhaftes Labyrinth. Da ist es doch fast selbstverständlich, dass die Japaner nicht lange auf sich warten lassen.
Es ergibt sich auch von selbst, dass die Vorlage zu dem neuen Fantasiefilm einem japanischen Manga zu Grunde liegen musste. Denn Manga-Verfilmungen sind nicht nur sehr erfolgversprechend, weil sie sich hoher Bekanntschaftsgrad erfreuen, sondern enthalten auch die nötige Innovativität und kontrastreiche Story. Für „Krieg der Dämonen“ stand in diesem Fall der Mangaka Shigeru Mizuki mit seinen Yokai-Geschichten wie unter anderem „Ge Ge Ge no Kitarō“ Pate. Miikes Inspirationen entstammen aber nicht nur Mizukis Werken, sondern auch – wie denn auch anders für einen Filmregisseur – klassischen Filmadaptationen wie der Yokai-Monsters Trilogie (1968-69). Genug Quellen für zahlreiche Zitate und ironische Hommagen, aus denen Miike auch in vollen Zügen schöpft.

Zu Begi
nn lernen wir aber erstmal den 12 jährigen Tadashi Ino, sehr einfühlsam gespielt von Ryunosuke Kamiki, aus Tokio kennen. Seine Eltern haben sich scheiden lassen und während Tadashis Vater und Schwester in der japanischen Hauptstadt geblieben sind, zog die Mutter mit dem Sohn aufs Land. Wegen seinen zarten Charakterzügen, einem schwächlichen und zierlichen Körper und seiner Bescheidenheit wird Tadashi von den Mitschülern gemein verspottet und gehänselt. Zu Hause geht es für den Zwölfjährigen aber auch nicht ausgesprochen harmonisch zu. Die Mutter ist dauernd in der Arbeit und der fast gänzlich demente Großvater verwechselt ihn durchgehend mit dessen verstorbenen Sohn Akira.
Die Trostlosigkeit und Eintönigkeit in Tadashis Leben hat aber ein abruptes Ende als er in einem traditionellen Volksfest zum „Kirin Rider“ auserkoren wird. Eine für alle Umstehenden unbegreifliche Ausrufung, da Tadashi, allseits als schwächlich und schüchtern bekannt, wohl kaum den verantwortungsvollen Erwartungen eines Anführers und Kriegers, der den Frieden und Schutz des Landes wahren muss, gerecht werden kann. Der neue Krieger bekommt eine Schachtel mit magischen Azuki-Bohnen in die Hände gedrückt und muss sich auf den Weg machen, sein Kirin Schwert in Empfang zu nehmen. Dafür muss er den höchsten Berg des Ortes besteigen.
Mehr aus Freude über die Abwechslung als aus Überzeugung betritt Tadashi den Wald, der zum Berg führt, und gelangt somit in die Welt der Yokais.

Von diesem Zeitpunkt an legt Miike richtig los und entfacht ein Feuerwerk des Einfallsreichtums, verglichen mit dem unsere gelobten westlichen Fantasiefilme wie Harry Potter und Herr der Ringe farblos und eintönig wirken. Wenn Tadashi in einen total leeren, gespenstigen Bus, der seine Route durch den Yokai-Wald zieht !!!, steigt, lässt einen das Setting und die Atmosphäre glauben, man befände sich in dem magischen Animationsfilm „Totoro“ von den Ghibli Studios.
Krieg der DämonenKrieg der DämonenKrieg der Dämonen

Die Yokai-Geisterwesen beschließen anfangs den Mut des Jungen zu erproben und behandeln ihn nicht grade mit Samthandschuhen: wie eine Horde Zombies fallen diese unheimlichen Kreaturen mit derartiger Bösartigkeit über den Bus her, Fratze an Fratze auf die Fenster quetschend, dass man meint, der erst frisch gekürte Held sterbe vor Angst. Nach dieser Horrorshow muss Tadashi durch ein Geisterhaus schreiten, dessen Bewohner ihm einen Todesschrecken einjagen wollen.
Von unheimlichen Lauten, grotesken Erscheinungen und Wänden gespickt mit lebenden Augen umgeben, macht sich ein weibliches Wesen mit einem meterlangen Hals, den sie unendlich lang ausfahren kann, über den Jungen her und droht ihn mit ihrem Schlangenhals wie eine Anaconda zu erdrosseln.
Wimmernd und schluchzend hält der junge Krieger allen Prüfungen stand und das Gepolter legt sich genauso schnell wie es ausgebrochen ist. Nun zeigen sich die Yokais, eine Art mythologische Geisterwesen, von ihrer wahren, gutmütigen und verspielten Seite. Besonders die Flussprinzessin Kawahime, der Wassergeist Kawataru und der Bote Shojo nehmen sich des Jungen an und weisen ihn bei allen seinen weiteren Aufgaben. Wenn Tadashi im weiteren Verlauf die Yokai-Horde kennen lernt, fühlt er sich gewiss wie Chihiro in ihrem Badehaus. Da finden sich Kreaturen in verschiedensten skurrilen Gestalten wieder: Katzenmenschen, Wesen aus Eiszapfen, ein geflügeltes Leinentuch, ein Wesen mit aufblasbarem blauem Kopf, ein Zyklop, ein Goblin, dessen Augen sich in seinen Händen befinden, ein Schirm mit Augen und stets ausgefahrener Zunge (in der deutschen Synchronisation ist unschwer Spongebobs quirlende Stimme herauszuhören) und viele mehr....
Von dem exotischen Wesentreffen erfährt Tadashi seine wahre Mission: er muss den teuflischen Kato und seine Gehilfin Agi bekämpfen. Diese planen nämlich, Tokio für ihre Respektlosigkeit und Vermüllung der Erde auszurotten. Dafür entführen sie gutgesinnte und friedliche Yokais und werfen diese zusammen mit dem von Menschen produzierten Müll in die infernalische Kraft-Substanz Yomotsumono, die beides zu Maschinen-Dämonen verschmelzen lässt. Diese Dämonen machen dann Jagd auf Menschen und weitere Yokais, um ihre eigene alles zerstörende Armee zu vergrößern.
Tadashi muss seinen ganzen Mut zusammen nehmen, denn Kato und Agi sind erbarmungslos und vernichten alles und jeden, der sich in ihren Weg stellt. Anfangs muss der junge Kirin jedoch eine Niederlage nach der anderen einstecken – zu groß ist seine Furcht. Obendrein wird das Kirin Schwert von der Peitsche schwingenden Agi (welch eine liebevolle Anspielung an die Mondstern schleudernde, ebenfalls von Chiaki Kuriyama verkörperte, Yoko aus Kill Bill!!!) in zwei Hälften zerschlagen und die Hoffnung ist dahin. Als aber Kato eine Godzilla-ähnliche, gigantische, schwebende Mechanik-Echse über Tokio mobilisiert, muss sich Tadashi in den aussichtslos erscheinenden letzten Kampf über den Wolken Tokios wagen....
Krieg der DämonenKrieg der DämonenKrieg der Dämonen

10 Millionen Dollar hat „Krieg der Dämonen“ (original „The Great Yokai War“) gekostet und hat von dem Filmteam 3 Monate Vorbereitung und 7 Monate Dreharbeit abverlangt.
Das Ergebnis ist sehr beeindruckend. Auf 2 Stunden wird eine Geschichte in epischem Ausmaß erzählt, die neben erzählerischer Dichte mit einem mannigfaltigen, riesigen Ensemble an Kostümen (alle Yokais tragen echte, kunterbunte und schrille Kostüme), augenverwöhnenden CGI-Effekten und dem typischen, grotesken Miike Humor aufwartet.
Miike liefert auch mit „Krieg der Dämonen“ einen Film mit all seinen typischen Markenzeichen: Tadashi ist ein feiger Antiheld und Außenseiter, der von zynischen und teilweise spotthaften Weggefährten begleitet wird. Die Geschichte enthält die klassischen Motive der Freundschaft, des Erwachsenwerdens und die Mahnung, die Hoffnung nicht allzu schnell fahren zu lassen. Dennoch schafft Miike hiermit seiner Tradition entsprechend eine Wiederaufbereitung und Parodie von klassischen japanischem Filmstoff, würzt diese wie gewohnt mit einer rasanten und gut getimten Inszenierung, aus dem Rahmen fallender und stellenweise exaggerierter Action voller grotesker Einfälle. Doch genau dieses Rezept tut dem Fantasiefilm aussprechend gut und macht ihn noch bunter und unterhaltsamer.
Nicht zu vergessen, die knisternde und subtil immer präsente Erotik. Die weiblichen Hauptdarstellerinnen tragen knappe Kleidung mit viel Einblick und bewegen sich äußerst lasziv, vor allem Agi, die auf die dunkle Seite hinüber gewechselte Ex-Yokai. Wasser-Prinzessin Kawahime beispielsweise drückt ihren Schützling gerne an die Brust und lässt ihn bei Erschöpfung auf ihren immer-nassen Oberschenkeln ausruhen, in einer anderen Szene legt sie einen verwundeten putzig-kleinen Yokai sogar in ihren Ausschnitt – die böse Agi auf der anderen Seite hat mit ihrem Outfit und beißender Peitsche sehr auffallende Ähnlichkeit mit einer Sex-Domina, da sind die Japaner ja bekanntlich ganz wild drauf.
Kein Miike Film ohne eine sozial-kritische Botschaft und in diesem Fall ruft der Film die Menschen zum Recycling und stärkerem Bewusstsein für ihre Umwelt auf, während er ihnen sehr anschaulich vor Augen führt, dass Krieg nur Leid und Tod mitbringt.
Dennoch ist „Krieg der Dämonen“ kindergerecht und obwohl er mit expliziten, stellenweise gewalthaltigen Szenen und vielen Horrorelementen nicht geizt, ist er gleichwohl empfehlenswert für alle Kinder ab 12.
Wenn die Helden in einer Szene auf der Tragefläche eines Jumbojets in den Kampf gegen die Bösen reisen, friert Miike das Bild für ein paar Sekunden ein und richtet sich an die Kids mit der Einblendung: „Kinder macht das zu Hause bitte nicht nach!“.
Welche Filme von heute können sich schon noch rühmen, derart pädagogisch auf das junge Publikum einzuwirken????

Eine Rezension von Eduard Beitinger
(21. April 2007)
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Daten zum Film
Krieg der Dämonen Japan 2005
(Yôkai daisensôn (The Great Yokai War))
Regie Takashi Miike Drehbuch Hiroshi Aramata, Takashi Miike
Produktion Kadokawa Eiga K.K., Nippon Television Network Corporation (NTV) Kamera Hideo Yamamoto
Darsteller Ryunosuke Kamiki, Hiroyuki Miyasako, Chiaki Kuriyama, Etsushi Toyokawa, Mai Takahashi, Masaomi Kondo, Sadao Abe
Länge 119 FSK ab 12
Filmmusik Kôji Endô
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