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ParaNorman

ParaNorman

Ein Film von Sam Fell, Chris Butler

Vor drei Jahren tauchte Henry Selick mit seinem Stop-Motion-Animations-Horrorfilm Coraline in die adoleszente Alice-in-Wonderland-Welt eines kleinen Mädchens ab – und verlieh dem Subgenre damit eine Doppelbödigkeit und erwachsen-ernsthafte Tiefe, die man ihm bis dahin nicht unbedingt zugetraut hätte, auch wenn dem Stoff in seiner Umsetzung eine kindlich-märchenhafte Note anhaftete. Diese ließ Regie-Querkopf Wes Anderson im selben Jahr mit seiner kauzigen Familien-Parabel „Der fantastische Mr. Fox“ – ebenfalls im Stop-Motion-Verfahren gedreht – gar nicht erst aufkommen. Der neue Film aus den Laika-Studios, auf dessen Konto auch „Coraline“ ging, sucht nun wieder den gesunden Mittelweg, auch wenn die von dem Duo Chris Butler und Sam Fell inszenierte, mit pechschwarzem Humor angereicherte Schauergeschichte „ParaNorman“ in ihrer Kreuzung aus 3D-Animationsfilm, Zombie-Horror und Coming-of-Age-Drama ganz und gar originell daherkommt.

Der 11-jährige Norman (Stimme: Kodi Smit-McPhee) ist ein Sonderling. Er liebt Gruselfilme und hat sein ganzes Zimmer mit den Postern ebensolcher Streifen tapeziert. Aber, was ihn noch viel sonderlicher macht: Er kann Geister sehen und mit diesen auch kommunizieren. In seinem Heimatstädtchen Blithe Hollow in Neuengland verweigert man ihm daher konsequent die Aufmerksamkeit. Eines schönen Vormittags erscheint ihm auf dem Stillen Örtchen in der Schule sein eben
verstorbener Onkel Prenderghast (John Goodman), teilt ihm mit, dass die Stadt vom Fluch einer Hexe heimgesucht würde, und trägt ihm auf, diesen zu bannen, da er der Einzige sei, der dazu befähigt ist – ansonsten würde Blithe Hollow noch in der kommenden Nacht zerstört. Planlos hält Norman Rücksprache mit seinem moppeligen besten Freund Neil (Tucker Albrizzi), dessen tumbem Bruder Mitch (Casey Affleck) und seiner Schwester Courtney (Anna Kendrick), die eigentlich viel lieber ihre Nägel lackieren und mit ihren Freundinnen den neusten Klatsch ausdiskutieren würde, anstatt in die Mission Impossible zur Rettung ihres Städtchens einzusteigen. Doch zu spät: Die Stadtväter sind als Zombies wiedergekehrt und blasen zur Attacke – so scheint es zumindest…

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Gleich zu Beginn schickt „ParaNorman“ eine Kampfansage voraus. Es ist schon ambitioniert, als Stop-Motion-Abenteuer, das sich im Kern um Themen wie Solidarität, Freundschaft und das Ringen um Verständnis und Anerkennung in einem Pulk aus Mitläufern dreht, zunächst einmal seine Visitenkarte mit einer Monsterfilmreferenz im 4:3-Format abzugeben, über die selbst Ed Wood lachen würde (man denke an das ins Bild ragende Mikrofon; ein Markenzeichen der Trash-Orgien Woods). Norman schaut sich das Spektakel begeistert mit seiner verstädnislosen Oma an, die, wie sich alsbald herausstellt, gar nicht mehr unter den Lebenden weilt. Norman hat „The Sixth Sense“. Mit dieser Prämisse treibt „ParaNorman“ mehr als genug seinen Schabernack. Einmal schlendert die übersinnlich begabte, kindliche Hauptfigur durch die von Toten „bevölkerte“ Straße, wird hier vom Wildwest-Cowboy zu Pferde begrüßt, dort vom gefallenen Vietnamveteran, und anschließend mit „Peace“-Ausspruch von einem entrückten Hippie. Eine Wanderung durch die Epochen der Zeitgeschichte. Der sechste Sinn macht`s möglich. Nur hat Norman diese Begabung eben exklusiv. So trägt es sich dann auch zu, dass Kumpel Neil dem Geist eines Hundes, deren „Existenz“ nur Norman bezeugen kann, das Stöckchen hinterherwerfen muss, ohne zu wissen, ob das gute Tier es auch wirklich zurückbringt.

Auch in puncto Setdesign bleibt „ParaNorman“ seinem Hang zum versponnenen Gruselzirkus treu. Die hügelige Stadt zeigt in ihren abstrakten Verwinkelungen Züge von Robert Wienes Expressionismus-Klassiker „Das Cabinet des Dr. Caligari“, und in den Details geriert sich der Film ganz wie ein Kind der Laika-Studios. Ein Grabstein als Wecker entlockt jedem Fan von Tim Burton oder seiner inoffiziellen Eleven wie Selick, oder neuerdings Fell oder Butler, ein Jauchzen. Und dass Norman als Klingelton keine radiotaugliche Popmusik, sondern die Titelmelodie aus „Halloween“ hat, verwundert nicht. Nicht nur aufgrund dieser Gimmicks ist „ParaNorman“ für die Jüngsten eher ungeeignet. Dass der Film den 12er-Stempel von der Prüfstelle erhalten hat, liegt auch oder vor allem an den Untoten-Scharen, die ihren Gräbern entsteigen und in George A. Romero-Manier auf die Stadt zu schlurfen, und an vereinzelt sich verselbstständigenden Gliedmaßen jener Untoten. Kontrastiert werden solche Effekte von herrlich überdrehtem Slapstick, etwa wenn Normans Begegnung mit dem erstarrten Leichnam seines Onkels, der schon im lebendigen Zustand mit seiner Arbeiterweste und dem Vollbart ein rustikales Bild abgibt, in eine unappetitliche Tanzeinlage mündet.

Der gestalterische Gestus des Films steht seiner erzählerischen Verspieltheit in nichts nach. Wenn Normans Barbie-Schwester sich von Mitchs Sixpack so sehr beeindrucken lässt, dass ihr auch sein debiles Auftreten, das die Macher durch das unkontrolliert spitze Kinn noch optisch akzentuieren, nichts ausmacht, dann ist das einfach köstlich, und es wird abermals deutlich, wie schwer es das Absonderliche doch gegen das Oberflächendenken hat. Was die klug durchdachte, morbide Story betrifft, sind sich die Stop-Motion-Perlen „ParaNorman“ und „Coraline“ ziemlich ähnlich. Letztgenannter ist in seiner visionären Ästhetik und seinem künstlerischen Drive noch etwas höher einzuschätzen, doch vorliegendes Werk gehört trotzdem zu jenen Filmen des vergangenen Kinojahrgangs, die völlig zu Unrecht unter der Hunderttausend-Besucher-Marke geblieben sind.

Eine Rezension von Christopher Michels
(18. Januar 2013)
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Daten zum Film
ParaNorman USA 2012
(ParaNorman)
Regie Sam Fell, Chris Butler Drehbuch Chris Butler
Produktion Laika Inc. Kamera Tristan Oliver
Länge 92 Minuten FSK ab 12
Filmmusik Jon Brion
Sprecher: Kodi Smit McPhee (Norman), Tucker Albrizzi (Neil), Anna Kendrick (Courtney), Casey Affleck (Mitch), John Goodman (Mr. Prenderghast), Christopher Mintz-Plasse (Alvin)...
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