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Morning Glory

Morning Glory

Ein Film von Roger Michell

„I`m not saying the word fluffy!“

Dass Morgenstund` nicht nur Gold im Mund haben muss, weiß jeder Frühaufsteher. Da meint der Magen plötzlich, gefüttert werden zu müssen, während der Appetit mindestens in ebenso unerreichbarer Ferne liegt wie der bereits jetzt herbeigesehnte Feierabend. Das Moderatorenteam des Frühstücksfernsehens verbreitet derweil im Hintergrund ausgelassene Heiterkeit, redet mit Filmkritikern, die gefühlte 20 Tassen Kaffee zuviel getrunken haben, und schafft es, auch die noch so knapp kalkulierteste Sendezeit mit einem Übermaß an Reklame zu füllen. Keine Frage, irgendwie fühlt man schon zu diesem Zeitpunkt, dass der heutige Tag nur großartig werden kann...


Aber wir sind ja durchaus tolerant und können unsere Sichtweise auch mal verlagern. Denn wer glaubt, dass sich Frühstücksfernsehen und das echte, harte Leben im Vorfeld gegenseitig ausschließen, sollte nur einen Tag mit Becky Fuller (Rachel McAdams), einer quirligen aufstrebenden Jungproduzentin, tauschen. Der 28jährigen wurde soeben frisch von ihrem Boss, der dies sehr bedauere, gekündigt, sodass sie sich unversehens im existensbedrohenden Abseits wiederfindet. Gefühlte 1000 Bewerbungsschreiben und umso mehr nachhakende Anrufe nebst Mails später meldet sich der Produzent Jerry Barnes (Jeff Goldblum) bei ihr und bietet ihr unter Vorbehalt an, die quotentechnisch mehr als angeschlagene Frühstückssendung Daybreak wieder
auf Vordermann zu bringen. Zwar ist IBS nicht gleich NBC, doch in der Not frisst der Teufel eben auch Fliegen. Oder wechselt zum Spartenkanal. Dass das Erretten aus dem Quotensumpf kein einfaches Unterfangen werden wird, ahnt Becky bereits an ihrem ersten Arbeitstag, der von exzentrischen Charakteren und kruden Themenvorschlägen bestimmt wird. Richtig haarig wird es aber erst, als der grantelige Star-Moderator Mike Pomeroy (Harrison Ford) als Ersatz für den gefeuerten Co-Moderator von Colleen Peck (Diane Keaton) an Land gezogen wird. Denn die beiden Streithähne erklären sich kurzerhand vor laufenden Kameras den Privatkrieg...


Zote bringt Quote. Was bei vielen Privatsendern vermutlich in goldgemeißelten Lettern über jedem Redakteursbüro hängt, ist in der kleinen heilen Welt des Senders IBS noch nicht so recht angekommen. Während sich im Wettlauf um die beste Story allerorts einschlägige TV-Konkurrenzformate sensationslüstern aus menschlichen Tragödien und Einzelschicksalen bedienen, ist hier etwa des Wettermanns größte Sorge, ob er jemals seinen Bericht über die Wetterfahnen wird senden können. In Zeiten dreistester Effektheischerei, in denen jeder der Erste sein möchte, ist dies auf liebenswert-naive Art und Weise erfrischend und charmant zugleich. Roger Michell („Notting Hill“ [1999]) spielt somit geschickt mit dem gegensätzlichen Verständnis von Entertainment, versäumt es durch seine beschwingte Inszenierung aber leider, die so unterschiedlichen Extreme bewusst einer zynisch-boshaften Abhandlung zuzuführen. Dabei bietet gerade die illustre Fernsehlandschaft im Land der (fast) unbegrenzten Möglichkeiten ein ausreichend großes Sammelbecken auszuschöpfenden Potentials, um einen subtilen, gleichwohl ätzenden Kommentar auf die allmähliche mediale Abstumpfung zu verfassen. Dies alles klingt, wenn überhaupt, aber nur am Rande des fortschreitenden TV-Wahnsinns an, der seinen Wirkungskreis zuvörderst im Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen verortet. „The TV Set“ [2006] wusste damals beides deutlich besser zu verkaufen. Roger Michell ist nun einmal kein Mann für`s allzu Grobe.

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Dieser Umstand lässt „MORNING GLORY“ aber noch längst nicht zum Film der ungenutzen Möglichkeiten werden. Denn die Diskrepanz zwischen ernsthaftem Journalismus und bloßer Unterhaltung findet in Harrison Fords („Ausnahmesituation“ [2010]) grandioser Interpretation des grummeligen Star-Moderators Pomeroy einen mehr als eindrücklichen Niederschlag, getreu dem Motto: Was die Nachrichten nicht hergeben, muss das sie präsentierende Gesicht richten. Nur irgendwie konträr. Seine Schlagabtausche mit Co-Moderatorin Diane Keaton („Manhattan“ [1979]) verleihen dem ansonsten etwas seicht dahindümpelnden Film eine gesunde Portion Biss, die ihn letztlich deutlich über bloßes Mittelmaß hievt. Über die obligatorische, in der vorliegenden Form jedoch in bloßer Belanglosigkeit verhaftete Liebesbeziehung, die sich zwischen der äußerst hibbeligen, nichtsdestotrotz liebenswerten Rachel McAdams („Girls Club“ [2004]) und Patrick Wilson („Insidious“ [2010]) anbahnt, sei somit gnädigerweise der altbekannte Mantel des Schweigens ausgebreitet. Einige Dinge sind wohl unvermeidlich. Eine bittere Pille, die am Ende des Films sogar ein gestandener Zyniker schlucken muss, da in der Welt des Fernsehens die Uhren eben anders ticken. Faktum. Mehr will und kann „MORNING GLORY“ scheinbar nicht vermitteln. Und das muss er auch nicht. Denn unsereins wird auch nach seiner Begutachtung seufzend in die Fernsehzeitung schauen. Und erfolglos den spannenden Bericht über Wetterfahnen suchen.

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Fazit: Roger Michell inszenierte mit „MORNING GLORY“ eine locker-leichte Komödie, die den alltäglichen Wahnsinn hinter den Kulissen einer TV-Produktion am Beispiel des bekannten Frühstücksfernsehens in all seinen Facetten präsentiert. Auf linearen Pfaden kreuzt er dabei kurzzeitig gar den Weg des Liebesfilms, nur um ihn in der nächsten Sekunde wieder aus den Augen zu verlieren. Denn der Film folgt vordergründig nur allzu deutlich einer zynischen Betrachtungsweise, die gerne als Satire durchgehen würde, hierfür aber schlichtweg zu zahm an die Sache herangeht. Also muss ein wunderbar grimmiger Harrison Ford einspringen, dessen amüsante Wortgefechte mit der gewohnt souverän agierenden Diane Keaton wohlwollend über einige Unzulänglichkeiten in der äußerst vorhersehbaren Geschichte hinwegblicken lassen. Mit einem Wort: Fluffig.


Zusatzbemerkung: Der Film erscheint über Paramount Home Entertainment und ist ab dem 7. Juli 2011 auf DVD und Blu-ray im Handel erhältlich. Die Single-Disc bietet den Hauptfilm in Deutsch, Englisch und Türkisch (DD 5.1 mit zuschaltbaren optionalen Untertiteln), daneben als Extraausstattung einen Audiokommentar von Regisseur Roger Michell und der Autorin Aline Brosh McKenna, sowie eine entfernte Szene.


Bilder: © Paramount Pictures.



Eine Rezension von Stefan Rackow
(30. Juni 2011)
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Daten zum Film
Morning Glory USA 2010
(Morning Glory)
Regie Roger Michell Drehbuch Aline Brosh McKenna
Produktion Bad Robot / Goldcrest Pictures Kamera Alwin H. Kuchler
Darsteller Rachel McAdams, Harrison Ford, Diane Keaton, Patrick Wilson, Jeff Goldblum, John Pankow, Matt Malloy, Ty Burrell, Patti D'Arbanville
Länge 103 Minuten FSK ab 6 Jahren
http://www.morningglorymovie.com/
Filmmusik David Arnold

Rezensionsexemplar freundlicherweise zur Verfügung gestellt von © Paramount Home Ent.
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