âMondscheintarifâ ist die schwungvolle und originelle Verfilmung des gleichnamigen Romans von IldikĂł von KĂŒrthy. FĂŒr MĂ€nner ein LehrstĂŒck ĂŒber Frauen, fĂŒr Frauen ein Spiegel ihrer selbst. Weibliche Nöte beim UnglĂŒcklich-Verliebtsein werden herrlich selbstironisch und witzig dargestellt, die Besetzung ist ausgezeichnet gewĂ€hlt. Dieser Film kann zweifellos trotz mittelmĂ€Ăigem Kinoerfolg zu den besten nationalen Werken der letzten Jahre gezĂ€hlt werden und steht der Buchvorlage in nichts nach. Chapeau!
Cora HĂŒbsch (entzĂŒckend gespielt und hervorragend gesprochen von Gruschenka Stevens), Mitte dreiĂig, holt sich eine BlasenentzĂŒndung und muss zum Arzt. Dort trifft sie auf die Vertretung Dr. Daniel Hoffmann (von Tim Bergmann hinreiĂend umgesetzt) und verliebt sich auf den ersten Blick. Das zweite Wiedersehen erfolgt unverhofft, doch leider so peinlich, dass Cora ihre Achtung nur wahren kann, indem sie ihm mit einem selbstbewussten Auftritt die Telefonnummer zusteckt. Das Warten auf seinen Anruf schmerzt, aber er kommt. Das erste Date ist ein Volltreffer, das zweite selbstverschuldet misslungen, das dritte eine Landung im Bett. Das Warten auf seinen Anruf nach dem Sex ist am schlimmsten. Coras beste Freundin Jo (absolut cool und lĂ€ssig gespielt von Jasmin Tabatabai) und zuverlĂ€ssige Retterin in Notlagen besteht auf einen bestimmten Verhaltenskodex, der in solchen FĂ€llen einzuhalten ist, um sich als modern, emanzipiert und unabhĂ€ngig zu prĂ
€sentieren (hier sei an âThe Rulesâ von Ellen Fein und Sherrie Schneider erinnert). Die selbst gesetzte Frist lĂ€uft aus, der Anruf kommt nicht. Cora trifft Daniel hingegen zufĂ€llig nachts im Park â mit der bildhĂŒbschen Schauspielerin Carmen (Bettina Zimmermann)! Das sitzt. Cora ahnt nicht, dass es Daniels Schwester ist. In ihrer Verzweiflung und Wut fĂ€hrt sie zu ihm und stellt ihn zur Rede. Versöhnung, Szenen einer glĂŒcklichen Zeit zu Zweit: Happy End!
Witzige, ehrliche und vor allem wahre Gedanken einer Frau mit extrem hohem Identifikationspotential (das Markenzeichen von IldikĂł von KĂŒrthy) stellen die unspektakulĂ€re Handlung in den Hintergrund. Buch und Script, bei dem die KĂŒrthy auch mitgewirkt hat, heben sich wohltuend vom MittelmaĂ der meisten sogenannten FrauenbĂŒcher ab. Typisch weibliche und lebensbedrohliche Sorgen (Was zieh ich an? Wie nehm ich ab? Wer ist die Andere? Wann ruf ich an und wann hĂŒpf ich mit ihm in die Kiste?) werden treffsicher und erfrischend formuliert (Achtung: es wird gelĂ€stert). Danke!
Der Film zeichnet sich nicht nur durch Substanz und rhetorischen Schwung aus, sondern benutzt filmische Elemente, die in ihrer Gesamtheit als originell angesehen werden können. So erzĂ€hlt uns Cora ihre Geschichte mit Blick in die Kamera, der Zuschauer wird wie eine gute Freundin in ihre PrivatsphĂ€re mitgenommen und darf an ihren innersten Gedanken teilnehmen. Diese werden uns in Bildern prĂ€sentiert, erst einen Moment spĂ€ter erfahren wir, dass sie nicht der wahren Handlung entsprechen. Auch werden hin und wieder graphische Mittel eingesetzt, die aus dem Bild heraustreten. Ein kurze Anmerkung zur Musik: Cora ist ein Fan von âReamonnâ. Diese Band wird in einer Szene in die Story integriert, treibt den Plot jedoch nicht voran. Das echte Musikvideo des Lieds âWeepâ zeigt entsprechend Ausschnitte des Films. Wer`s mag!
Der mit 350.000 Kinobesuchern in Deutschland nur mittelmĂ€Ăig erfolgreiche Film wurde mit insgesamt rund 1 Mio. Euro vom FFF Bayern, der FFA und dem Filmboard Berlin-Brandenburg gefördert. Erstaunlicherweise wurde dieser ĂŒberaus weibliche Stoff von einem Mann verfilmt. Ralf Huettner meistert seine Aufgabe als Regisseur jedoch mit so groĂer SouverĂ€nitĂ€t und so tiefem VerstĂ€ndnis fĂŒr die Story, dass der Zuschauer der Produktionsfirma Hager Moss dankbar ist, diese Entscheidung getroffen zu haben. Gut gemacht!
Die DVD hat einiges Zusatzmaterial zu bieten, u.a. den Trailer, Interviews, entfallene Szenen, einige Mitschnitte vom Filmset und den Soundtrack von Reamonn (Lied: âWeepâ) als Musikclip. Zugreifen!