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Starship Troopers

Starship Troopers

Ein Film von Paul Verhoeven

Vor inzwischen 50 Jahren veröffentlichte der amerikanische Autor Robert Anson Heinlein den Science-Fiction Roman Starship Troopers. Diesen als kontrovers zu bezeichnen, wäre ein grober Euphemismus: Bis heute wird darüber diskutiert, ob er nun militaristisch, faschistisch oder ganz allgemein menschenverachtend sei. Aber was auch immer Heinleins tatsächliche Intention war, bei einem können wir uns sicher sein: Ob Paul Verhoevens Verfilmung von 1997 hat er sich bestimmt mehr als einmal im Grabe umgedreht – und ich meine das jetzt bei weitem nicht so negativ, wie es vielleicht klingt. Aber dazu kommen wir später...

Die Handlung dürfte hinlänglich bekannt sein: Die als Terranische Föderation vereinigte Menschheit befindet sich im Krieg gegen außerirdische Rieseninsekten, die sinnigerweise „Bugs“ genannt werden. Grund dafür ist, dass die beiden Gattungen einfach nicht friedlich koexistieren können, es heißt wir oder die Bugs – solch eine simple Rechtfertigung wird den gesamten Film über kaum in Frage gestellt.

Aber folgen wir erst einmal dem Ablauf des Films und werfen einen Blick in die Vergangenheit: Hier lernen wir unseren Protagonisten kennen: Johnny Rico. Dieser entschließt sich dem Militär beizutreten, um seine Flamme Carmen zu beeindrucken. Das ist auch dringend notwendig, hat sich in Form von Zander doch gerade ein attraktiver Nebenbuhler gefunden. Um das Soap-taugliche High-School-Drama noch zu vervollständigen,
gibt es da noch Dizzy, die in Rico verliebt ist und dessen Kumpel Carl, der wiederum ein Auge auf Dizzy geworfen hat: Ich weiß schon, wieso ich Beverly Hills und Co. nie richtig folgen konnte.

Johnny bleibt trotz der Einwände seiner Eltern beim Beschluss, seinen Militärdienst zu leisten und landet ob seiner bescheidenen Noten prompt bei einer der miesesten Einheiten überhaupt: der Mobile Infantery, dem Kanonenfutter für sämtliche intergalaktische Konflikte. Die harte Ausbildung verläuft anfangs recht positiv für Rico, er wird sogar befördert. Dann häufen sich allerdings die Schicksalsschläge: Zuerst macht Carmen mit ihm Schluss, da sie sich auf ihre Karriere konzentrieren will, dann stirbt einer seiner Kameraden ob Ricos Unachtsamkeit. Er nimmt die Strafe, 10 Peitschenhiebe, in Kauf, will dann aber seinen Dienst quittieren.

Doch just als er dabei ist, das Lager zu verlassen, erschüttert eine Sondermeldung des Federal Network, des Informationsnetzwerks der Zukunft, das ganze Camp: Ein von den Bugs gesandter Meteor hat Ricos Heimat, Buenos Aires, dem Erdboden gleich gemacht, seine Eltern und tausende andere sind tot. Für Johnny, wie für den Rest der Menschheit, gibt es nur eine Antwort: Krieg. Und so beginnt der vor Special-Effects nur so strotzende Kreuzzug gegen die außerirdischen Aggressoren.

Starship TroopersStarship TroopersStarship Troopers

Bei diesen handelt es sich um die eigentlichen Stars des Films. Seien es die klauenbewehrten Warrior-Bugs, die gewaltigen Tanker oder der schleimtriefende Brain-Bug: Allesamt können sie mit ihrem Design bestechen. Es war einfach die richtige Entscheidung, sich an echten Insekten zu orientieren, statt an den seltsamen Laser-schwingenden Wesen der Vorlage. Die Animationen wirken noch heute, 12 Jahre später, taufrisch; die Bugs sind beeindruckend, furchteinflößend und eklig wie eh und je.

Allerdings gibt es auch einen anderen Grund, wieso uns bei Starship Troopers sofort die Bugs, aber erst nach einigem Überlegen die SchauspielerInnen einfallen: Mehr als solide ist kaum eine ihrer Leistungen, was bei einer solchen Produktion schon ein wenig enttäuschend wirkt. Eine lobenswerte Ausnahme stellt lediglich Michael Ironside dar, der bereits in Total Recall mit Verhoeven zusammen gearbeitet hat: Die Rolle des bärbeißigen Lieutenant Rasczak kauft man ihm sofort ab.

Damit haben wir also einen Haufen toll animierter Krabbelviecher im Kampf gegen höchst mittelmäßige SchauspielerInnen, jede Menge Blut, dutzende toller Explosionen: Eigentlich klingt das nach Trash-Kino auf höchstem Niveau. Als solches ist Starship Troopers auch dem Großteil meines Bekanntenkreises in Erinnerung geblieben – und man muss zugeben, er funktioniert auf dieser Ebene auch so gut, dass man eigentlich keine weiteren Fragen stellen will. Film rein, Bier auf, Hirn aus. Oder?

Starship TroopersStarship TroopersStarship Troopers

Eines sollte uns zu denken geben: der Film stammt von Paul Verhoeven. Etwa der Verhoeven, der unmittelbar zuvor Showgirls verbrochen hat? Ahm... Ja... aber denken wir noch ein paar Jahre zurück: immerhin hat er uns auch Türkische Früchte und Der Vierte Mann beschert. Gibt dieser Mann sich jetzt also damit zufrieden, anspruchslose Unterhaltung zu produzieren? Mitnichten, wie ein genauerer Blick verrät.

Selbst bei einer oberflächlichen Betrachtung, gibt uns der Film schon ein paar Hinweise, was wirklich in ihm steckt: Die Ironie der Federal Network Sequenzen, die inhaltslosen Propagandareden der Politiker, Carls Uniform, die jener der Gestapo verdächtig ähnelt – irgendwas kann da doch nicht ganz stimmen. Nach gründlicher Recherche bemerkt man dann auch die Anspielungen auf Propaganda-Filme: Die ersten Szenen des Films sind Sequenzen aus Riefenstahls Triumph des Willens nachempfunden, die markante Phrase „Know Your Foe“ spielt auf die Know Your Enemy Streifen von Frank Capra an.

So fügt sich das Puzzle Stück für Stück zusammen, und schließlich fühlt man sich geneigt, dem Filmkritiker J.P. Telotte zuzustimmen: Bei Verhoeven geht es nicht um die Gesellschaft, die Heinlein beschrieben hat, sondern darum, wie diese funktioniert. Der Unterricht in „Geschichte und Moralphilosophie“, das nur von Veteranen gelehrt werden darf, der brutale Sport, das scheinbar allgegenwärtige Federal Network: so wird der Mensch in der Welt von Starship Troopers geformt. Ob man unter solchen Bedingungen überhaupt noch freie Entscheidungen treffen kann, wie Johnny glaubt es zu tun, ist fraglich.

Nach diesen Überlegungen macht Starship Troopers auf einmal erschreckend Sinn: Es geht nicht mehr um irgendwelche lustigen Insekten, sondern um ein System, das seine BewohnerInnen fest im Griff hat. Schule und Medien sind nur zwei Faktoren der Kontrollausübung, und wenn die Obrigkeit sagt, dass die Bugs die Feinde sind, dann wird das schon stimmen. Kritische Fragen hat sich die Jugend längst abgewöhnt. Die schönen Soap-Charaktere sind kein Ideal mehr, sondern ein Alptraum, haben vielleicht nicht viel mehr Hirn oder freien Willen als der nächstbeste Bug. Und genau das ist der Grund, wieso Heinlein im Grabe rotiert: Auf was immer er auch hinaus wollte, so hat er sich das bestimmt nicht vorgestellt.



Literatur: (nach dem Motto: Ehre, wem Ehre gebührt)
J.P. Telotte, Heinlein, Verhoeven, and the Problem of the Real: Starship Troopers, in: Literature Film Quarterly 29 (2001), H.3, 196-202.
J. P. Telotte, Verhoeven, Verilio, and „Cinematic Derealization“, in: Film Quarterly 53 (Winter 1999-2000), H. 2, 30-38.

Eine Rezension von Peter L.
(23. August 2009)
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Daten zum Film
Starship Troopers USA 1997
(Starship Troopers)
Regie Paul Verhoeven Drehbuch Edward Neumeier
Produktion John Davison u. Alan Marshall
Darsteller Casper Van Dien, Dina Meyer, Denise Richards, Neil Patrick Harris, Michael Ironside, Jake Busey, Patrick Muldoon
Länge 124:14 Min. FSK Indiziert (Geschnittene Version ab 18)
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