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Sakuran - Wilde Kirschblüte

Sakuran - Wilde Kirschblüte

Ein Film von Mika Ninagawa

Ein kleines Bauernmädchen von 7 Jahren, im Schlepptau von ihrer Mutter, wird über einen prächtig erblühten Weg geführt. Es ist gerade Frühling im alten Japan des 18. Jahrhunderts und sämtliche Kirschbäume in der Umgebung tauchen den Tag in eine feierliche, paradisisch-bunte Farbenvielfalt. Der Weg der Beiden endet in Yoshiwara, einem Außenbezirk von Edo, in welchem sich die Prostitution unter Duldung des Shogunats entfalten darf. Das unwissende Mädchen ist gerade im Begriff an ein Bordell verkauft zu werden. Geldknappheit und Armut veranlassen die Mutter zu diesem Zug und das Mädchen steht schon bald vor der echten Oiran Shohi (Kanno Miho), der bekanntesten und begehrtesten Konkubine von Yoshiwara, und wird ob ihrer Tauglichkeit bemustert. Die ranghöchste Kurtisanenjury ist zufrieden, tauft den Ankömmling als Kiyoha und ihre erste Verordnung ist, dass das Bauernmädchen, das sich offenbar nichts aus Sauberkeit macht, gebadet wird.
Kiyhoa lässt sich aber nicht so leicht konformieren und beschwert sich gleich einmal über den übergestülpten Namen: „Kiyoha? Das hört sich an wie eine Planze. Ich mag den Namen nicht.“ Ihr bleibt aber nichts anderes übrig, schließlich ist sie bereits der Besitz der Bordellhalter und wird in einen riesigen Badetrog gesteckt, in welchem sie missmutig die Baderituale der Prostituierten mitverfolgen muss. „Frauen, Frauen, Frauen – ich halte es hier nicht aus“, Kiyoha unternimmt ihren ersten Fluchtversuch, zu rebellis
ch und rastlos ist der Charakter des Kindes. Doch Sojiro (Hiroki Narimiya), ein junger Aufseher, hält sie davon ab. Nachdem Gewalt und Drohungen beim verzogenen Balg keine Wirkung hinterlassen, verspricht ihr Sojiro, dass sobald der Kirschbaum im Garten die ersten Blüten trägt, er sie persönlich befreien wird.
Sakuran - Wilde KirschblüteSakuran - Wilde KirschblüteSakuran - Wilde Kirschblüte
Diesen utopischen Gedanken im Kopf beschließt Kiyoha aus der Zeit, die sie bis zu ihrer Befreiung schon im Bordell ausharren muss, das Beste zu machen: sie nimmt sich die amtierende Oiran Shohi zum Vorbild und setzt alles daran, sich von dem konkurrierenden Kurtisanen-Nachwuchs abzuheben – ihre Weigerung, sich konformieren zu lassen, und der ungestillte Wunsch sich gegen die Vorschriften aufzulehnen versetzt die Bordellbetreiber in Verzweiflung und Ausspruch harter Strafanordnungen, die Konkurrenz in Neid und Hass und die Oiran in Bewunderung und Respekt. Die angesehene Edel-Konkubine offeriert ihr sogar ein Geschenk, einen kostbaren Haarschmuck, den sie sich nach ihrem „ersten Mal“ anstecken darf – ein besonderes Privileg, das insofern zweischneidig ist, da die Eifersucht von Kiyohas Kolleginnen durch diese Bevorzugung ins Unermessliche wächst und sie später teuer zu stehen kommt.
Die Jahre vergehen und Kiyoha wird erwachsen und erfahren. Der Charakter, gespielt nun von Japans Superstar Anna Tsuchiya, bleibt jedoch derselbe. Rebellisch, von den Anderen mit Skepsis und Ehrfurcht behandelt und von den scharenweise anströmenden Kunden für ihre Keckheit bewundert. Ein bisschen etwas von Scarlett aus „Vom Winde verweht“ haftet der lasziven, ungestümen Diva schon an.

Kiyoha hat sich mit ihrer Situation abgefunden und den Gedanken und Sojiros Versprechen von einer Flucht aus dem Bordell bereits als Illusion akzeptiert. Doch ihre Schönheit, der Hang zu Direktheit und Unverblümtheit hat tragische Konsequenzen: sie beginnt sich in einen schwärmenden Kunden zu verlieben und gewinnt unbewusst gleichzeitig auch die Gunst des Lieblingsfreiers der Oiran Shohi. Die eifersüchtige Shohi hofft nämlich insgeheim, dass ihr Freier sich in sie verliebt und sie aus dem Bordell freikauft. Das ist schließlich der Wunsch jeder Konkubine. Als Kiyoha auch noch wagt, einen reichen Stammgast zugunsten ihres Schwarms abzuweisen, spitzt sich die Lage zu und nimmt einen tragischen Lauf.

„Sakuran“, eine japanische Produktion und gleichzeitig das Filmdebüt der bekanntesten Fotografin Japans Mika Ninagawa, entpuppt sich als eine wahre Perle des ästhetischen Films.
Der Film basiert auf einem Manga des Mangaka Moyoco Anno und hat auch kosequent dank des Kameramanns Takuro Ishizaka und der talentierten Regisseurin Ninagawa die Optik des schillernden japanischen Comics übernommen. Besonders die Farben rot sind hier durchgehend vertreten, sei es in den kunterbunten Kimonos der Konkubinen, dem traditionellen Oiran-Einweihungsfest oder den im Bild stets in verschiedenen Abwandlungen auftauchenden Goldfischen und Kirschblüten.
Sakuran - Wilde KirschblüteSakuran - Wilde KirschblüteSakuran - Wilde Kirschblüte
Ein Vergleich zu dem ein Jahr zuvor hoch gefeierten „Memoirs of a Geisha“ von Rob Marshall lässt sich in der Rezension nicht umgehen. Und eine Gegenüberstellung zu diesem 85-Millionen teuren, aufgebauschten Hollywood Blockbuster braucht die japanische Produktion, deren Budget auf lediglich 3 Millionen datiert ist, nicht zu scheuen.
Nicht nur zeigt „Sakuran“ das Leben und Treiben (insbesondere letztere Aktivität in aller Ausführlichkeit) der Kurtisanen, deren sexuellen Praktiken die damaligen Geishas in Wahrheit sehr wohl ausübten, mit einem viel nüchternen Blick und höherem Realismusgrad. Der Film bietet dazu noch einen viel höheren Unterhaltungsfaktor und eine größere Portion an Sex und Erotik.
Jegliche versteifte Prüdheit wird hier entkräftet zum einen durch ein humorvolles und kreatives Drehbuch, welches größtenteils durch die selbstironische und lockere Darstellung der Schauspieler im Film stimmig aufgeht, zum anderen durch die dramaturgischen Tiefen und Ungezwungenheit des Filmplots (während die „Geisha“ mit ihrem rosa-roten Blick dramaturgisch lediglich an der Oberfläche kratzte).
Ähnlich wie Scarlett im „Vom Winde verweht“ handelt Kiyoha alles andere als moralisch und selbstlos, gewinnt aber mit ihrem Charme und ihrer Direktheit von Anhieb an die Sympathie des Zuschauers, die bis zum Schluss anhält.
Ein weiterer gewichtiger Punkt ist die außergewöhnliche Musik, komponiert von Ringo Shiina. Sie ist stark dominiert von Rockklängen, rangiert aber auch desöfteren im Jazz und Pop. Sogar Kabarett-Klänge sind hier und da heraus zu hören – das Ergebnis ist ein sehr stimmiger Soundtrack, der die Stimmung und Atmosphäre des Films erheblich beeinflusst.

„Sakuran – Die Kirschblüte“ hatte im Februar 2007 ihre Deutschlandpremiere auf der Berlinale und ist nun seit dem 30. August in den Kinos zu sehen.
Wärmstens von mir empfohlen.

Eine Rezension von Eduard Beitinger
(08. September 2007)
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Daten zum Film
Sakuran - Wilde Kirschblüte Japan 2006
(Sakuran)
Regie Mika Ninagawa Drehbuch Moyoco Anno, Yuki Tanada
Produktion Fellah Pictures Kamera Takuro Ishizaka
Darsteller Anna Tsuchiya, Hiroki Narimiya, Miho Kanno, Kippei Shiina, Yoshino Kimura, Miho Ninagawa
Länge 111 min. FSK ab 12
Filmmusik Ringo Shiina
die fesselnden Bilder und höchste cinematographische Ästhetik sind Kameramann Takuro Ishizaka zu verdanken
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