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The Christmas Cottage

The Christmas Cottage

Ein Film von Michael Campus


Kunst oder Kitsch? Das ist die große Frage, die sich unweigerlich stellt, wenn man sich mit den Werken des Malers Thomas Kinkade beschäftigt. In überschwenglich eingesetzten Pastelltönen schafft der U.S.-Amerikaner harmonische Szenerien, vorzugsweise verträumte Landhäuschen, Gärten oder Kleinstadt-Idyllen, nicht wenige dabei als Hommage an seine Heimatstadt. Ebenso sind nach eigener Aussage viele der Bilder Ausdruck seines Christlichen Glaubens, weshalb nicht wenige Gemälde auch biblisch inspiriert sind. Was Kinkade hier von unzähligen anderen Malern ähnlicher Sujets abhebt, ist das ihnen innewohnende Leuchten, ein allgegenwärtiges warmes Licht, welches er stets zum eigentlichen Gegenstand jeder Szene macht. Nicht umsonst nennt er sich „Painter of Light“. Und hier liegt auch der Stein des Anstoßes, denn zum Einen ist es dieser romantisierende Stil, der für viele Kritiker den Absturz von Kunst zu Krempel bedeutet. Zum Anderen ist es die Selbstvermarktung, die mit dem selbst verliehenen Titel beginnt und über den Vertrieb von Gemälde-Reproduktionen via Home-Shopping-TV bis hin zur Lizenzierung der Motive für Puzzles, Kaffeetassen und Wandkalender reicht, die oftmals mit Verachtung gestraft wird. So wurde schon früh Kritik an der Kommerzialisierung der Bilder und an Kinkades Geschäftspraktiken laut, und seine neueste Werbetaktik, der vorliegende, selbstproduzierte Film, dürfte ebenfalls nicht nur Begeisterungsstürme ausgelöst haben. In
"THE CHRISTMAS COTTAGE" will Kinkade der Welt nun erzählen, wie er zu seinem ganz eigenen Stil fand, wie er zum „Maler des Lichts“ wurde. Von Selbstbeweihräucherung kann hier indessen glücklicherweise nicht die Rede sein, aber dazu später mehr. Man mag von Kinkade als Geschäftsmann halten, was man will, die hier vorliegende Geschichte soll jedoch für sich selbst sprechen:

1977: Thomas Kinkade (Jared Padalecki) kehrt in den Semesterferien vom College in seine Heimatstadt zurück, um das Weihnachtsfest im Kreise seiner Familie zu begehen. Wie jedes Jahr rüstet sich das malerische Städtchen Placerville für die Feiertage mit dem obligatorischen Krippenspiel, dessen Vorbereitung wie immer für reichlich Trubel und Chaos sorgt. Und auch Big Jim (Richard Moll) ist wieder einmal schwer damit beschäftigt, sich für den Dekorations-Wettstreit mit seinen Nachbarn zu rüsten. Doch nicht alles ist in diesem Jahr wie gehabt: Thomas’ Mutter (Marcia Gay Harden) steckt in finanziellen Schwierigkeiten, dem Elternhaus droht der Zwangsverkauf. Und auch um Thomas’ langjährigen Freund und Mentor Glen (Peter O’Toole) steht es alles Andere als gut. Der einst erfolgreiche Künstler sieht sich mit den Tücken des Alterns konfrontiert, als ihm fortschreitende geistige und physische Gebrechlichkeiten das Malen zusehends erschweren. Als Thomas den Auftrag annimmt, für die Gemeinde ein Wandgemälde zu schaffen, muss er sich daher vor allem auf seine eigene künstlerische Eingebung verlassen. Und trotzdem schimmert der Einfluss Glens unter der bemalten Oberfläche, ebenso wie die Mitglieder der kleinen Stadt unbewusst ihren Teil zur Vollendung des Werkes beitragen. Denn trotz aller Widrigkeiten hat sich der Geist der Weihnacht auch dieses Jahr etwas ganz Besonderes ausgedacht...


Wem es noch nicht aufgefallen ist, dem sei noch einmal mit Ausdruck versichert, dass es sich bei "THE CHRISTMAS COTTAGE" keineswegs um eine reine Künstlerbiographie handelt. Im Gegenteil wird Thomas selbst kaum mehr Raum im Geschehen zugestanden als den übrigen Bewohnern Placervilles. Statt die Geschichte des jungen Malers in den Vordergrund zu stellen, nimmt der Film diese vielmehr als Ausgangspunkt für eine Reihe an Erzählungen und formt letztere zu einem harmonischen Portrait einer leicht schrulligen, nichtsdestotrotz äußerst liebenswerten Gemeinschaft. Jeder hier – ob alt, ob jung – ist ein Teil des großen Ganzen, was sinnbildlich Niederschlag findet in dem Wandgemälde, welches Thomas im Laufe des Films immer mehr der Perfektion zuführt.

So wie die individuellen Geschichten geschickt miteinander verflochten werden, so fügen sich auch die Leistungen der bestens aufgelegten Schauspieler stimmig zusammen. Mama Kinkade gibt sich als Mutter Theresa der Gemeinde zwar fast etwas zu wohltätig, um wahr zu sein, Marcia Hay Harden ("Der Nebel") verkörpert die Rolle aber mit so viel Charme und Herz, dass man ihr die gute Seele ohne Weiteres abnimmt. Demgegenüber hält sich Jared Padalecki ("Supernatural") als Thomas Kinkade angenehm zurück, ohne jedoch zur bloßen Randfigur zu werden. Ganz den Gegebenheiten der Rolle geschuldet, welche rein technisch keine schauspielerischen Höchstleistungen fordert, verleiht er dem kontrovers diskutierten Maler ein sehr menschliches Gesicht und bildet so den unaufdringlichen Mittelpunkt des Geschehens, der schließlich die einzelnen Geschichten der Bewohner Placervilles auf ganz eigene Weise miteinander verbindet. Den exzentrischen Gegenpol zu diesen und anderen Bilderbuch-Bürgern bilden unter anderem Richard Moll ("Dumb Luck") als siegeswütiger Nachbar im Deko-Wahn und Richard Burgi ("Harper`s Island") in der Rolle des entfremdeten Vaters, der durch den Hilferuf seines Sohnes Thomas aus der Rolle des unsteten Lebemanns herausgerissen wird. Beide sind auf ihre Art eigentümlich und schrullig, aber gerade deswegen sympathisch und äußerst unterhaltsam.
Weit entfernt von zuckrig oder überdreht sticht jedoch vor allem Peter O’Toole ("Die Nacht der Generäle") aus dem mit glücklichem Händchen zusammengestellten Ensemble heraus. Der großartige Mime portraitiert seinen Charakter Glen erschütternd realistisch als vormals großen Künstler, der durch die Lasten des Alters seine Gabe immer weniger ausleben kann und daran zu zerbrechen droht. Doch Entschlossenheit, ein fester Wille und nicht zuletzt die Überredenskunst eines Freundes lassen das Licht der Freude am Malen noch einmal aufflackern. Der Zuschauer wird hierbei zum Begleiter auf diesem beschwerlichen Weg und nimmt tief berührt Anteil am Leben eines bei aller Begabung auf dem Boden der Tatsachen gebliebenen Menschen. O’Toole seinerseits gibt sich keine Blöße, spielt sein Talent voll aus und lässt „seinen“ Glen so zum vielleicht menschlichsten Charakter im ganzen Film werden.


Obwohl so bewegend und mit der einen oder anderen Exzentrizität erheiternd, geht von dem Film überwiegend eine fast friedfertige Ruhe aus. Manch einer mag die Wärme und Zuversicht ausstrahlende Atmosphäre, die hoffnungsvolle Geschichte als zu kitschig bezeichnen. Doch während dieser Vorwurf bei Kinkades Gemälden noch nachvollziehbar erscheint, kann man hier die Art der Inszenierung nur gutheißen. Denn wo sonst sind Sentimentalitäten erlaubt, wenn nicht in einer Weihnachtsgeschichte?! Sicherlich sollte man es hierbei nicht übertreiben, denn allzu zuckersüße Filmgarnierung ist noch Keinem bekommen. Doch Michael Campus’ eindrucksvolles Drama begeht diesen Fehler erst gar nicht, sondern folgt strikt der Intention Kinkades. Es sind nämlich zu keinem Zeitpunkt monumentale Panoramen, die der Maler in seinen Bildern einfängt. Vielmehr sucht er die Schönheit in intimen Szenerien. So auch "THE CHRISTMAS COTTAGE": Das Hauptaugenmerk liegt überdeutlich auf den persönlichen Geschichten, welche gerade durch ihre Suche nach Menschlichkeit in der kleinsten Geste berühren.

Viel Wahrheit steckt in dieser Entscheidung, gerade zur besinnlichen Weihnachtszeit. Denn wer sucht, kann letztlich auch im Kleinen ein helles Licht ausfindig machen.



~ Weihnachtsskala ~

Besinnlichkeits-Faktor: 7 (hier erlebt die ganze Stadt ein kleines Weihnachtswunder)
Sing-along-Faktor: 2 (wenn Chor und Orgelbegleitung nicht zusammenspielen, wird das Mitsingen schwierig)
Weihnachtsdeko-Anteil: 7 (es kommt nicht immer auf die Größe an)
Peter O’Toole-Bonus: 8

Eine Rezension von Nicole Goldstein und Stefan Rackow
(09. Dezember 2009)
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Daten zum Film
The Christmas Cottage USA / Kanada 2008
(The Christmas Cottage / Thomas Kinkade's Home for Christmas)
Regie Michael Campus Drehbuch Ken LaZebnik
Produktion Michael & Arla Dietz Campus, Julie Yorn, Thomas & Nanette Kinkade u.a. (Birch Grove Films u.a.) Kamera Robert Brinkmann
Darsteller Jared Padalecki, Marcia Gay Harden, Peter O'Toole, Richard Burgi, Kiersten Warren, Richard Moll, Chris Elliott, Geoffrey Lewis, Aaron Ashmore, Jay Brazeau, Charlotte Rae, Edward Asner, Gabrielle Rose, Tegan Moss, Gina Holden
Länge ca. 99 Min. FSK noch nicht bekannt
http://www.thechristmascottagemovie.com/
Filmmusik Aaron Zigman
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