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Departed - Unter Feinden |
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Departed - Unter Feinden
Ein Film von Martin Scorsese
DEPARTED - UNTER FEINDEN (2006)
Zum dritten Mal beackert Leonardo DiCaprio die Leinwand für den Großmeister des Breitwandgeschichtenkinos Martin Scorsese, und zum dritten Mal ist der Mann mit dem Jungengesicht umwerfend. DiCaprio hat nur leider das Problem, dass seine Glanzleistung kaum auffällt, weil der gesamte Film umwerfend ist.
DiCaprio spielt den von Anfang an um seine Identität kämpfenden Undercover-Cop Billy Costigan, der Frank Costellos (grandios: Jack Nicholson) Mafiaorganisation infiltrieren soll, um der State Police - Bindeglied zwischen Polizei und FBI - Beweise für dessen endgültige Festnahme zu liefern. Das ist die eine Seite.
Frank Costello hat als Pate des Stadtviertels den aufstrebenden Cop Colin Sullivan (ebenfalls bestechend: Matt Damon) von dessen Kindheit an protegiert. Dieser wird nun in die Spezialeinheit der State Police aufgenommen und wegen seiner Effizienz rasant nach oben befördert. Dass diese Effizienz von seiner direkten Verbindung zu seinem vaterhaften Protegé Costello her rührt, das ist die andere Seite.
Dann bemerken beide Seiten, Polizei und Gangster, dass sich jemand in ihre Reihen eingeschlichen hat, der ein doppeltes Spiel betreibt. Und beide Seiten beginnen mit ihrer gnadenlosen Jagd auf die "Ratte" in ihrer Mitte.
Der anscheinend von Tollwut getriebene Psychopath Frank Costello schlägt unter anderem persönlich diverse Körperteile von Mitarbeitern zu Brei, um die undichte St elle aufzuspüren. Costigan selbst wird nur verbal ins Kreuzverhör genommen. Doch direkte Konfrontation zwischen Nicholson und DiCaprio gleicht dem Ausstoß eines Hochspannungskraftwerks an Energie, zum Zerreißen spannend wie selten eine Filmszene. Brillianter Dialog, brilliant gespielt.
Auf der Gegenseite geht es nach der Beförderung Sullivans zum Leiter der Internen Ermittlungsabteilung nicht weniger ruppig zu. Oliver Queenan (Martin Sheen) und Dignam (Mark Wahlberg) sind die einzigen, die von DiCaprios wahrer Identität als Cop wissen, und sie lassen Sullivan ums Verrecken nicht an dessen Akte kommen. Schließlich sogar im wahren Wortsinn.
Dass die Geschichte bei 151 Minuten Laufzeit wirklich durchgehend spannend bleibt, liegt aber nicht nur an der atemlosen Verfolgungsjagd, in der die beiden "Ratten" einander ständig dicht auf den Fersen sind, sondern vor allem auch den bis ins Kleinste durchkomponierten Nebenlinien, welche die Handlung zusätzlich anreichern.
Am wichtigsten ist hier sicherlich die Geschichte um Madolyn, der Polizeipsychologin (hart und zerbrechlich: Vera Farmiga), die sich von Sullivans Charme einwickeln lässt und dessen Freundin wird, die aber auch Costigan therapiert und durch dessen Verwundbarkeit sieht, wie wahre Liebe laufen könnte. Diese Drehscheiben-Figur ist der offensichtlichste dramaturgische Kunstgriff des Films, aber deshalb nicht minder bezaubernd.
Und auch Mark Wahlberg soll als DiCaprios direkter Vorgesetzter und schließlich einziger Draht zur Realität außerhalb der Kriminalität nicht unerwähnt bleiben, sorgen doch seine vollkommen respektlosen Auftritte für ein bisschen comic-relief, ohne den der Film wohl vor Spannung nicht auszuhalten wäre.
Das Ende kommt schließlich so unerwartet, wie der Tod nur kommen kann. Kaum einer bleibt übrig, Unterkiefer im Kino auf Fußhöhe! Über zwei Stunden in echte Charaktere investiert, und dann das! Wäre nicht das Schlussbild ein so offensichtliches Augenzwinkern des Regisseurs, man müsste glatt heulen vor Frustration und Schmerz!
Nach dem letzten Toten läuft eine Ratte über den Balkon, dahinter ein blutroter Sonnenuntergang...
Aus einem facettenreichen Drehbuch (William Monahan - Kingdom of Heaven) hat Regisseur Scorsese wieder einmal einen Meilenstein des Films gemeißelt. Michael Ballhaus´ Kamera ist dabei immer ein bewusst eingesetztes Werkzeug, das sich selbst aber nie in den Vordergrund drängt. The Departed schwimmt auch nicht auf der aktuellen Realismus-Welle mit. Bei aller Härte besticht er vielmehr durch eine Natürlichkeit, die keine Effekte braucht um zu wirken.
Den Oskar hätten Scorsese und DiCaprio schon lange verdient. Dieses Jahr besteht zumindest für Scorsese einmal mehr berechtigt Hoffnung.
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Kommentare zu dieser Kritik
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Genzel TEAM sagte am 12.12.2006 um 11:41 Uhr
Haslecker schreibt! Jubel! Böllerschüsse!
DiCaprios Leistung geht aber nicht so unter, wie du tust. Im Vergleich wird Matt Damons Spiel wohl als viel selbstverständlicher gesehen - weil er den aalglatten Karrieristen spielt, nicht den zermarterten, gebrochenen Menschen - ebenso wie der Testosteron schwitzende Mark Wahlberg fantastisch ist, aber gegen das Vieh Nicholson halt nicht so auffällt.
So augenzwinkernd ist das Schlußbild eigentlich nicht, und das Wesentliche darin hast du übersehen: Nicht der Sonnenaufgang ist das Wesentliche, sondern die goldene Kirchenkuppel. Wir haben den Ausblick auf etwas Erhabenes, Wertvolles, aber eigentlich sind wir nur Ratten, die auf einem Geländer balancieren. THE DEPARTED sind ja nicht nur die, die von uns gegangen sind - sondern hier auch die, die von ihren Werten abweichen. |
sagte am 12.12.2006 um 16:51 Uhr
Wollte gerade ebne auch eine Rezension zu dem Film online stellen. Tja, war dann wohl ein bisschen zu spät.
Ich finde ihn ebenfalls klasse und hat er mich auch durchaus überrascht. Bei den vielen schlechten Remakes welche man mittlerweile schon zu Gesicht bekommen hat, wird man vom guten Scorsese eines besseren belehrt.
Wie gesagt unbedingt anschauen und sich mitreißen lassen
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sagte am 30.01.2007 um 18:12 Uhr
Im Vergleich zum Film "Der Pate" fehlt es hier meines Erachtens an Tiefgang! Trotz Nickolsons überragendem Darstellungsvermögens wirken die aneinandergereihten Tötungsszenen vorallem gegen Ende des Films langweilig. Schade!
Nolli.
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legolars sagte am 09.02.2007 um 15:10 Uhr
Bevor ich den Film geschaut habe, habe ich natürlich viele andere Rezensionen gelesen und hatte dadurch schon sehr hohe Erwartungen. Aber vom Ergebnis war ich doch schwer enttäuscht. Was andere als Stärken des Filmes empfinden, sehe ich als Schwächen an. Und das wären Jack Nicholson und Leonardo DiCaprio, die mich mit ihren Darstellungen gar nicht überzeugt haben. Nicholson spielt eher den Clown in einem großen Schmierentheater und DiCaprio der mit seinem schmächtigen Auftreten und weinerlichen Getue niemals als Undercover-Cop in einem Gansterkartell auch nur eine Sekunde überlebt hätte.
Auch ist der Film zu lange geraten was meist an den sinnlosen und überflüssigem Gequatsche der Akteure liegt. Passend zum ganzen Film ist das Ende so spannungsarm inszeniert, wie ich es selten gesehen habe.
Ganz im Gegenteil zum Origanl 'Infernal Affairs', wo die Spannung bis zum Ende hochgehalten wird zum einen durch die gute Story, die hier exzellent umgesetzt wird und zum anderen durch die Bilder und Schnitte, die dem Ganzen eine rasante Dynamik verleiht und wo einem nie langweilig wird.
Departed ist jetzt kein schlechter Film, aber dem Original doch klar unterlegen. Und wenn Scorsese Regie führt und es dazu noch ein Gangsterfilm ist, erwarte ich dort einfach mehr. Wirklich schade! |
Stefan R. TEAM sagte am 26.02.2007 um 13:31 Uhr
Wohl keiner hat damit gerechnet, dass Departed letztlich den Oscar für den Besten Film 2006 abstaubt. Hat es beim achten (!) Anlauf doch noch für Scorsese geklappt... |
Bastian TEAM sagte am 26.02.2007 um 16:08 Uhr
Also ich persönlich fand das Ergebnis der Oscarnacht gestern ein wenig enttäuschend. Irgendwie ist es schade dass ein Top-Regisseur wie Scorsese erst mit einem fast 1:1 übernommenen Remake zu seiner längst verdienten Ehre kommt. Sicherlich ist "Departed" hervorragend inszeniert und die Schauspieler wirklich auf der Höhe, trotzdem bleibt der Film eine "Infernal Affairs-Verbeugung" mit kantigeren Sprüchen und mehr Gewalt.
Nicht falsch verstehen: Der Film taugt, aber er ist im direkten Vergleich nichts gegen Konkurenten wie "Babel" oder "Little Miss Sunshine"... |
Zombie-mower TEAM sagte am 07.03.2007 um 20:19 Uhr
war gestern in der Kinovorstellung.
Mensch, der Scorsese hats noch voll drauf. Großartiges visuelles Perlchen zaubert er auf die Leinwand. Auch der DiCabrio ist nach der meiner Meinung nach enttäuschenden Leistung in Scorseses Vorgängner The Aviator in Bestform.
Matt Damon ist Matt Damon: spielt wiedermal schmierig und verkrampft - doch diesmal passts voll zur Rolle.
Andy Garcia und Martin Sheen sind phänomenal und sehr glaubwürdig als polizeiliche Ermittlungsleiter.
Das Kuriose am Film fand ich den Part wo Jack Nickolson auftrat. Irgendwie hatte ich das Gefühl, die Szenen waren separat gedreht, total auf Nickolson zugeschnitten. Eine Art "About Schmidt 2". Ein alternder Gangster-Boss und seine Alltagsprobleme. Irgendwie waren diese total losgelöst von der Handlung. Sehr eigenartig.
Sonst hat mich der Film im ganzen voll beeindruckt und ist selbst mit Vorkenntnis des koreanischen Originals "Internal Affairs" sehr spannend und unterhaltsam.
Mark Wahlberg hatte kleine, großartige Auftritte den Film durchweg - bis ihm zum Schluss der große Schlussauftritt gegönnt wurde.
Spitzen Film und um Längen Besser als Babel. |
Bernd sagte am 09.03.2007 um 13:02 Uhr
Scorsese hat mit Departed einen klassischen Scorsesefilm gedreht. Das soll keine negative Kritik sein, sondern eine Verbeugung vor dem knallharten Realismus seiner Filme. Die Gangstermilieus in Filmen wie Taxidriver, Goodfellas, Meanstreets und auch Departed wirken immer überzeugend. Auch in Departed haben die Gangster einen eigenen Slang und Umgangsformen. Gerade der irische Akzent der in der deutschen Syncro leider überhaupt nicht rüberkommt lässt die Illusion aufkommen Ballhaus hätte sich mit seiner Kamera in den realen Bostoner Underground verirrt. Diesen Realismus erwirkt Scorcese ganz ohne der zur Zeit so beliebten dokumentarischen, verwackelten Kamera die leider zu häufig durch ihre beliebigen d.h. hässlichen Bildkompositionen auffällt. Absolut empfehlenswert. |
Asokan TEAM sagte am 18.04.2007 um 13:45 Uhr
War das elegische, atmosphärisch dichte südkoreanische Original "Infernal Affairs" (2002) noch eine melancholische, wenn auch ereignisarme Krimiballade über zwei Männer, die mit ihren konfusen Identitäten haderten und dabei im männlichen Pathos des Gangstergenres versanken, so ist Martin Scorseses fulminantes US-Remake eher eine epochale, vor zuvielen Charakteren schier überbordernde Milieustudie der Bostoner Unterwelt mit fabelhaften Dialogen und tollem Lokalkolorit.
Dynamisch geschnitten, intelligent inszeniert und durch die Bank weg kraftvoll gespielt, verwundert allerdings, daß das weit handlungsreichere, vielschichtigere Remake nicht die emotionale Tiefe des einfachen, aber stilsicheren Originals erreicht, da es sich weniger mit der Identitätsstörung von Polizist und Verbrecher beschäftigt als einen zuweilen allzu plakativen Diskurs über soziale Klasse, amerikanische Machtverhältnisse und männliche Potenz führt. Das ist zwar nicht weniger interessant, hält aber die Figuren auf Distanz, vor allem in Bezug auf das zentrale Liebesdreieck.
Der wirkliche Schauwert des Films liegt allerdings bei der virtuos aufspielenden Besetzung. Der überschätzte DiCaprio und der unterschätzte Damon beweisen Durchhaltevermögen neben einem gewohnt elektrisierenden Nicholson, während Charaktermimen wie Alec Baldwin und Mark Wahlberg in ihren kurzen Auftritten mit aberwitziger Attitude den Film für sich einnehmen. Ein kompetenter Gangsterfilm, der dem Genre wenig Neues hinzuzufügen hat, aber es überzeugend weiterführt. |
Stefan TEAM sagte am 18.04.2007 um 21:03 Uhr
Sorry, muss ein bisschen klugscheißen, aber das Original kommt aus China :-)
Du bist aber nicht der einzige, der Infernal Affairs einem falschen Land zugeordnet hat, denn bei der Oscarverleihung hat man erwähnt, dass Departed eine japanische Produktion sei.
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Asokan TEAM sagte am 18.04.2007 um 22:17 Uhr
@stefan... stimmt, hab ihn unbedacht und voreilig der south korean new wave zugeordnet... aber ich setz noch einen drauf: der film kommt nicht wirklich aus china, sondern aus hongkong, was vielleicht seit der englischen rückgabe an die republik china politisch keinen unterschied mehr machen mag, filmhistorisch aber schon... ;-) |
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