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von Je-gyu Kang




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Drachenläufer

Drachenläufer

Ein Film von Marc Forster

Marc Forster gehört wohl eindeutig zu den wandelbarsten Regisseuren, die es momentan in Hollywood gibt. Bisher haben sich alle Werke des gebürtigen Deutschen in ihrem Genre voneinander unterschieden: Sein Durchbruchs-Film „Monster´s Ball“ (2001) ist ein stilles Drama über zwei Menschen geworden, die ihr jeweiliger Verlust zusammengeführt hat, in „Wenn Träume fliegen lernen“ (2004) erzählt er sehr fantasievoll die Geschichte des „Peter Pan“-Erfinders J.M. Barrie, „Stay“ (2005) stellt als raffinierter Mystery-Thriller sein bis dato düsterstes Projekt dar und bei „Schräger als Fiktion“ (2006) mit Will Ferrell in der Hauptrolle zeigt der Regisseur, dass er auch eine Komödie erzählen kann – aber natürlich völlig anders als dies viele seiner Kollegen tun würden.
Eine Eigenschaft haben allerdings alle seine Filme gemeinsam, nämlich dass sie ein ungeheures Gespür für die kleinen großen Momente besitzen und den Zuschauer stets mit einer gewaltigen emotionalen Stärke packen.

Nun hat sich Forster also mit „Drachenläufer“ vorgenommen, den weltbekannten Bestseller des afghanischen
Autoren Khaled Hosseini auf die große Leinwand zu bringen. Obwohl man sich eigentlich in Anbetracht der Thematik der Geschichte ungläubig an den Kopf fassen müsste, wenn man erfährt, dass ein Hollywood-Studio nun den betreffenden Film dazu produzieren will, kann man sich trotzdem wohl für die Umsetzung keinen besseren Regisseur in der Traumfabrik vorstellen als den großartigen Bilderstürmer.
DrachenläuferDrachenläuferDrachenläufer
Der Film beginnt 1975 in der afghanischen Hauptstadt Kabul, in welcher sich die beiden zwölfjährigen Freunde Hassan (Ahmad Khan Mahmidzada) und Amir (Zekeria Ebrahimi) ihre Freizeit beim Trainieren für den großen Wettbewerb im Drachensteigen vertreiben.
Obwohl die Kinder aus unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen stammen und Hassans Vater der Diener von Amirs wohlhabenden Vater (Homayoun Ershadi) ist, sind die Beiden unzertrennlich. Während Amir als Einziger von ihnen lesen und schreiben kann, ist der großherzige Hassan bei Konflikten mit den älteren Kindern stets derjenige, der für seinen Freund eintritt und auch ein großes Talent dafür besitzt, den in Turnieren „geschnittenen“ Drachen hinterherzurennen und sie Amir zu bringen.

Als Hassan für Amir eines Tages erneut losläuft, um ihm die „eroberte“ Trophäe zu bringen, wird er in einer Gasse von einer Bande Jugendlicher aufgehalten und schlimm verprügelt. Er weiss allerdings nicht, dass Amir die Tat mit angesehen und aus Feigheit nicht gehandelt hat. Daraufhin schiebt Amir, der mit seiner Schande nicht umgehen kann, Hassan einen Gegenstand unter, um ihn als Dieb dastehen zu lassen. Hassans Vater verlässt schließlich mit seinem Sohn das Haus und kurze Zeit später marschieren die Sowjets in Kabul ein.
Amir kann sich gerade noch mit seinem Vater nach Pakistan retten, und zieht mit ihm dann nach Kalifornien. Dort schließt er das College ab, heiratet die Afghanin Soraya (Atossa Leoni) und wird schließlich Schriftsteller. Die Schuld von damals lastet allerdings immer noch schwer auf seinen Schultern, und einige Jahre später erhält er überraschend einen Anruf von Ramir Khan (Shaun Toub, „L.A. Crash“), einem alten Freund seines inzwischen verstorbenen Vaters. Dieser bittet Amir (Khalid Abdalla, „Flug 93“) dringend nach Pakistan zu kommen, und dort erfährt dieser, dass Hassan von den Taliban getötet und dessen kleiner Sohn von ihnen verschleppt worden ist.
Um Vergebung für seine Tat von damals zu finden, reist der Schriftsteller in das inzwischen völlig verwüstete Kabul zurück, welches er seit seiner Kindheit nicht mehr gesehen hat…
DrachenläuferDrachenläuferDrachenläufer
Es ist ja bekanntermaßen nicht gerade selten der Fall, dass sich filmische Umsetzungen von Romanen als echte Katastrophen erweisen. Dabei sind große Veränderungen gegenüber der Vorlage oder ein zu starkes Zusammenstutzen der Geschichte die häufigsten Faktoren für eine missglückte Adaption. Wirklich positive Beispiele sind da z.B. Jonathan Demmes „Das Schweigen der Lämmer“ (1991) oder Mary Harrons „American Psycho“ (2000), die sich gegenüber dem jeweiligen Roman nicht verstecken zu brauchen.
Auch Marc Forster ist mit „Drachenläufer“ eine in sich stimmige Umsetzung geglückt, die es in gut zwei Stunden schafft, dem Zuschauer wirklich glaubwürdige Charaktere zu präsentieren und auch der Geschichte genug Luft lässt, um sich zu entfalten. Lediglich gegen Ende ist ihm eine Szene weniger gelungen, die man als leisen Ansatz von „Action“ bezeichnen könnte, und nicht so sehr in den ansonsten ruhigen Fluss des Films passen will.

Ansonsten kann man Forsters aktuelle Regiearbeit aber wirklich als geradezu perfekt bezeichnen. Hollywoods neues Riesentalent hat hier bewiesen, dass er auch mit einer nicht gerade amerikanischen Geschichte einen, das muss man einfach sagen, absolut wundervollen Film schaffen kann, der einerseits der Vorlage gerecht wird, und ihm andererseits die Möglichkeit gibt, schon allein durch die Bilder und Musik große Emotionen zu erzeugen.
So kann sich auch der gröbste Zuschauer winden solange er will - der Regisseur schafft es spätestens in der letzten Szene, auch diesem Pipi in die Augen zu zaubern.

Natürlich kann man bei „Drachenläufer“ die Geschichte der Figuren nicht von der politischen Geschichte des Landes trennen, aber letztlich bleibt er auch ein Film mit einer universellen Aussage über Freundschaft und Vergebung, der wohl jeder Mensch etwas abgewinnen kann.

Was man neben Forsters erneuter Glanzleistung als Regisseur und der Oscar-nominierten Musik von Alberto Iglesias an diesem Gefühlsvulkan noch hervorheben sollte, sind die für den typischen Kinogänger fast ausschließlich unbekannten Gesichter: Zum Glück hat das produzierende Studio nicht darauf bestanden, einen echten Hollywood-Star in dem Film unterzubringen. Es wäre schon befremdlich gewesen, wenn einem auf einmal z.B. Brad Pitt geschminkt als Afghane verkauft worden wäre…
Manche Darsteller kennt man schon aus so manchem Streifen, aber dann meist in der Rolle eines fundamentalistischen Terroristen. Das auch diese Schauspieler größere und vor allem anspruchsvollere Rollen spielen können, beweist dieser aufwühlende Film.
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Der Zuschauer darf nun gespannt sein, was Marc Forster als Regisseur aus der nächsten 007-Geschichte macht – wenn man sich seine bisherige Karriere anschaut, kommt etwas Großes auf die Fans zu…

Das hier ist schonmal ganz großes Kino!

Eine Rezension von Bastian G.
(08. März 2008)
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Daten zum Film
Drachenläufer USA 2007
(The Kite Runner)
Regie Marc Forster Drehbuch David Benioff, basierend auf dem Roman von Khaled Hosseini
Produktion DreamWorks SKG, Participant Productions, Sidney Kimmel Entertainment, Wonderland Films Kamera Roberto Schaefer
Darsteller Khalid Abdalla, Homayoun Ershadi, Atossa Leoni, Shaun Toub, Zekeria Ebrahimi, Ahmad Khan Mahmidzada, Abdul Salam Yusoufzai, Elham Ehsas, Sayed Jafar Masihullah Gharibzada
Länge 122 min. FSK ab 12 Jahren
http://movies.uip.de/drachenlaeufer/
Filmmusik Alberto Iglesias
Deutscher Kinostart: 17.01.2008 - Der Film ist 2008 für einen Oscar nominiert gewesen: Beste Filmmusik - Alberto Iglesias
Kommentare zu dieser Kritik
Jeannette TEAM sagte am 04.01.2010 um 00:00 Uhr

Ich fand den Film auch gut. Soweit ich das verstanden hab, wurde Hassan damals vergewaltigt und sein Peiniger wiederholt das mit seinem Sohn, weil er Hassan hasst.
Anfangs ist Amir ja wirklich zum Reinschlagen, aber er bekommt eine zweite Chance und nimmt sie auch wahr. Dramaturgisch einwandfrei und befriedigend für den Zuschauer.

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