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Don't torture a Duckling

Don't torture a Duckling

Ein Film von Lucio Fulci

In einem kleinen italienischen Dorf geht die Angst um: immer mehr junge Buben sterben eines grausamen Todes durch einen mysteriösen Killer. Die Bevölkerung sucht einen Schuldigen, und schon bald geraten die ersten Verdächtigen ins Visier der örtlichen Polizei. Der Dorftrottel und die örtliche "Hexe" hätten ein Motiv, wäre da nicht der Reporter Andrea Martelli, der der ganzen Sache auf den Grund gehen will. Doch selbst seine Partnerin, die Dorfschönheit Patrizia wirkt verdächtig, aber Martelli macht eine unfassbare Entdeckung, die sich als absolut verstörend heraus stellt...

Bei diesem - soviel sei schon gesagt - sehr feinen Giallo führte niemand anderes Regie als der sogenannte Godfather of Gore: Lucio Fulci! Fulci erlangte Ende der 70er bis Ende der 80er großen Ruhm als einer der italienischen Splatterregisseure, die sich immer wieder zu neuen "Höchstleistungen" im Bereich der on-Screen-Mutilation des menschlichen Körpers genötigt sahen. Fulci erlangte hierbei einen Sonderstatus, da er als erfahrener Regisseur viele Filme vorlegte, die heute noch Kultstatus haben und für schlackernde Ohren (ob positiv oder negativ sei nun dahingestellt) bei Nennung ihres Titels sorgen. Ob man diese Filme mag oder nicht ist natürlich Geschmackssache, jedoch muss man natürlich anerkennen, dass Fulci vor allem für diese Filme in Erinnerung geblieben ist. Ich persönlich finde diese ganzen Klassiker ja eher langweilig, jedoch hat Fulci auch manchmal seine
ungeahnten Qualitäten. Um jedoch mal so langsam zum vorliegenden Film zu kommen sei gesagt, dass Fulci schon vor seinem kometenhaften Aufstieg zum Godfather of Gore reichlich Filme drehte, und die, die ich aus dieser Zeit bisher gesehen habe, haben mir überraschend gut gefallen. 1982 drehte er den Hardgore-Giallo The New York Ripper, der aber nicht sein erster Ausflug ins Genre war. Denn 1972 drehte er "Don't torture a Duckling" als Giallo vor seiner Blut-und-Eingeweide-Phase, auch wenn der Film manchmal ganz gut hinlangt.
DonDonDon
Fulci lässt es ja immer gerne und ausführlich suppen, so unter anderem in seinem Poliziesco Das Syndikat des Grauens. Und obwohl er sich in Don't torture a Duckling noch (überwiegend) zurückhält, bekommt man hier schon einen relativ extremen Film zu sehen. Extrem nicht im Hinblick auf die Ausarbeitung der Gewaltszenen - viele Gialli sind hier nicht gerade zurückhaltend - sondern eher in Hinblick auf das Thema des Films. Das ausgesuchte Thema von Fulcis Drehbuch sind nämlich nichts anderes als Morde an den Buben des Dorfes. Eine Mordserie unter Kindern ist selbst für italienische Filmverhältnisse doch eine eher delikate Angelegenheit die man sicherlich nicht alle Tage zu sehen bekommt. Daher wirkt der Film alleine durch seine Thematik schon recht verstörend auf den Zuschauer auch wenn Fulci gnädigerweise die Tötungsszenen deutlich weniger auswalzt und ästhetisiert als in vergleichbaren Filmen. Ohne jetzt zuviel zu spoilern sei auch noch gesagt, dass die Auflösung des Geschehens, die Präsentation des Täters/der Täterin und sein/ihr Motiv doch noch einmal für Verwunderung sorgen - nicht Verwunderung im Sinne von "Was soll das?", sondern eher, dass das Drehbuch hier doch ziemlich weit geht, und die Taten so nochmal erschreckender wirken. Dem Leser, der den Film nicht kennt, sei übrigens an dieser Stelle auch von einem Klick auf die Trivia-Sektion bei der imdb abgeraten.

Für einen Giallo ist der Film dann auch relativ unkonventionell, kann aber gerade auch dadurch für Begeisterung sorgen. Wie bereits gesagt wieden genreuntypisch die Tötungsszenen nur relativ kurz angeschnitten, was gerade im Hinblick auf den Regisseur sehr unausschlachtend wirkt. Auch bleibt der Bodycount in sehr gemäßigten Höhen, und die Polizei ermittelt diesmal auch tatsächlich. Natürlich steht die Arbeit von Martelli und Patrizia im Vordergrund, aber die Polizei handelt zumindest einigermaßen nachvollziehbar und steht nicht nur im Weg rum. Fulci gelingen auch ein paar wunderbare Rote Heringe, so dass die Auflösung doch nicht ganz einfach zu erraten ist (wobei ich persönlich den Täter recht früh identifiziert hatte, aber ich habe auch schon viel aus diesem Genre gesehen). Auch wirken die meisten Roten Heringe nicht überkonstruiert, sondern werden größtenteils sinnvoll in die Geschichte eingebunden. Ein paar Drehbuchholprer und fehlende Zusammenhänge bleiben zwar, aber das ist alles im Rahmen und verzeihbar. Positiv muss man aber sicherlich - und ich glaube selbst nicht dass ich das tatsächlich schreibe - die Inszenierungskunst von Lucio Fulci. Durch geschickte Inszenierung und guten Schnitt gelingt ihm unter anderem die Illusion, dass die nackte Barbara Bouchet und einer der Buben miteinander interagieren, und auch bei ganz speziellen Szenen spielt er seine Stärken aus.

Nämlich genau bei dem nächsten Motiv des Filmes gelingen Lucio Fulci ungewohnt starke Szenen. Selten sieht man in Gialli die Angehörigen der Opfer, doch Fulci sieht das als wichtigen Teil seines Films. Die etwas verschrobene Bevölkerung des Dorfes sucht sogleich einen Schuldigen für den Tod ihrer Kinder, und natürlich interessiert sie sich wenig für die Ermittlungsarbeit der Polizei. Doch auch diese ist machtlos gegen den wütenden Mob, und so kommt es zu einem sehr harten Lynchmord, ohne zuviel zu verraten (hoffe ich doch). Und gerade diese Szene zeigt Fulci in Hochform, nämlich nicht als zelebrierenden Gorebauern, sondern mit einer extrem intensiven und verstörenden Szene, inklusive knallharter Effekte, die in eine nachdenklich stimmende Auflösung mündet und noch länger in Erinnerung bleibt. Neben dieser sehr brutalen Szene markiert der Film noch eine weitere wichtige Station im Schaffen Fulcis: eigentlich erstmals bedient er sich in der "Gorekiste", und präsentiert dann auch im Finale einen eigentlich recht harten Effekt, der aber wesentlich plakativer und durchschaubarer wirkt, als der eben erwähnte Lynchmord. An dieser Stelle sei auch noch angemerkt, dass die Spannungsszenen ordentlich sitzen, der Film aber szenenweise etwas zu lang wirkt. Ein Problem hierbei ist, dass die Polizei und Martelli lange Zeit gleichberechtigte Partner sind; Fulci hätte sich hier wohl eher festlegen müssen.
DonDonDon
Reporter Andrea Martelli wird von niemand anderes gespielt als von dem immer wieder großartigen Tomas Milian! Zu dem Herren hab ich ja schon an anderer Stelle genug geschrieben, aber auch hier bringt er wieder eine tolle Leistung. Seine Partnerin Patrizia wird von der schönen Barbara Bouchet gespielt, die auch in einer Szene ausführlich zeigen darf, was sie zu bieten hat. Die gute hat ja schon reichlich Gialloerfahrung gesammelt und kann auch hier wieder als undurchsichtige Tochter aus reichem Hause überzeugen. Florinda Bolkan, die hier die örtliche Hexe spielt, kann ebenfalls sehr überzeugen und war unter anderem in La settima Donna als Nonne zu sehen (der kommt hier auch irgendwann mal noch). Irene Papas ist eine gestandene Schauspielerin und war unter anderem in Alexis Zorbas zu sehen. Von ihr hätte ich mir aber mehr Screentime gewünscht. Marc Porel, der unter anderem in Fulcis Seven Notes in Black spielte, verstarb 1983 viel zu früh an Meningitis. Fotografiert hat den Film Sergio D'Offizi, den man natürlich noch durch seine Genialität in Ruggero Deodatos Cannibal Holocaust (Nackt und zerfleischt) auf ewig in Erinnerung haben wird. Und der Soundtrack stammt von Riz Ortolani, der natürlich auch eben jenen Film vertont hat.

Auf deutsch gibts den Film gar nicht, dafür unter anderem in Amerika von Anchor Bay bzw. Blue Underground. Die Scheibe ist RC0, lässt sich also überall abspielen. Das Cover finde ich eher langweilig, und auch Extras gibt es bis auf einen Text über Lucio Fulci nicht. Leider lässt sich der Film auch nur auf Englisch sehen, eine italienische Tonspur ist gar nicht vorhanden. Ansonsten ist das Bild aber sehr gut, und auch der Ton erfüllt seinen Zweck. Wer den Film also sehen möchte, kann eigentlich ruhigen Gewissens zuschlagen.

Fazit: Nicht umsonst hat Lucio Fulci diesen Film häufig als seinen persönlichen Liebling bezeichnet. Don't torture a Duckling ist tatsächlich ein hervorragender Giallo jenseits ausgetretener Pfade, der jedoch stellenweise sehr hart ist und insgesamt ein düsteres Thema hat. Zwar kein Giallo für den reinen Spaß, aber sicherlich eine Empfehlung für eher schwermütige Abende. Und sowas auch noch von Fulci, ich glaub es selbst kaum!

Eine Rezension von David Kugler
(28. April 2008)
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Daten zum Film
Don't torture a Duckling Italien 1972
(Non si sevizia un paperino)
Regie Lucio Fulci Drehbuch Lucio Fulci, Roberto Gianviti
Produktion Medusa Produzione Kamera Sergio D'Offizi
Darsteller Tomas Milian, Barbara Bouchet, Florinda Bolkan, Irene Papas, Marc Porel
Länge ca. 102min FSK
Filmmusik Riz Ortolani
Kommentare zu dieser Kritik
Bastian TEAM sagte am 28.04.2008 um 19:00 Uhr

Nene, ein Schlechter ist der Lucio fürwahr nicht gewesen - allerdings kann ich auch seinen Metzelorgien etwas abgewinnen, obwohl das rein objektiv schon echter "Liebhaber-Trash" ist. Und über "Duckling" kann man wirklich kaum meckern...ein schöner, old-schooliger Gruselkrimi aka Giallo mit der Betonung auf die Spannung.

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