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BORAT: Cultural Learnings of America for Make Benefit Glorious Nation of Kazakhstan RSS 1.0


BORAT: Cultural Learnings of America for Make Benefit Glorious Nation of Kazakhstan

BORAT: Cultural Learnings of America for Make Benefit Glorious Nation of Kazakhstan

Ein Film von Larry Charles

„Jakschemasch“ – ein hochgewachsener, hagerer Mann in grau-blauem Anzug begrüßt sein Publikum. Er ist auffallend groß, um die 30 Jahre, hat schwarzes welliges Haar und trägt im Gesicht einen Schnurrbart.
Umringt von einer zusammengelaufenen Horde von Menschen lächelt er sein Publikum an und stellt sich als „Borat“ vor. Sein Publikum sind wir, die Zuschauer.
Wir sind mitten in dem kasachischen Dorf Kuzekh gelandet, in Borats Heimat Kasachstan. Und erleben eine Führung durch eine uns so fremde Welt. Nicht-asphaltierte Landstraßen, einbruchgefährdete Hütten, stellenweise Berge von Steinen und Schutt. Und irgendwo dazwischen, ohne klare Anordnung eingestreut Karren und Vieh. Nicht weniger skurril sind die Bewohner von Borats Welt. Ein neidischer Nachbar, der sich von seinem Gegenüber alles kopiert, vom Glasfenster bis zur Treppe. Jedoch reicht ihm das Geld nicht, um mit einem Uhrwecker gleich zu ziehen. Borats weitere Nachbarn sind der allseits bekannte Dorfvergewaltiger und der bolschewistische Mechaniker und Abtreiber. Dadurch dass die Menschen in Kuzekh nicht viel besitzen und offenbar nicht viel Arbeit haben, vergnügen sie sich mit Pingpong-Spielen, Disko-Tänzen auf der Straße und regelmäßig veranstalteten Juden-Rallyes. Hierbei versuchen die mutigsten Männer zwei tobenden „Juden“ mit überdimensionalen Köpfen zu entkommen, wobei sie ihre Verfolger mit Geldscheinen lockend provozieren.
BORAT: Cultural Learnings of America for Make Benefit Glorious Nation of KazakhstanBORAT: Cultural Learnings of America for Make Benefit Glorious Nation of KazakhstanBORAT: Cultural Learnings of America for Make Benefit Glorious Nation of Kazakhstan
Alles hier ist grotesk, vulgär und politisch unkorrekt. Und genau das ist Borats Profession. Er ist Moderator und Journalist beim kasachischen Fernsehen. Voller Stolz eröffnet er seinem Publikum, also uns, dass sein nächstes Ziel eine Art kulturelle Bildungsreise nach Amerika ist. Aus diesem „besten Land der Welt“ soll Borat wertvolle Ideen mittels einer Dokumentation nach Hause zurück bringen, um damit die größten Probleme Kasachstans – „Wirtschaft, Sozialsystem und die Juden“ – zu lösen.

Der britische Komödiant Sacha Baron Cohen hat seinen Protagonisten Borat mit so vielen widersprüchlichen und grotesken Charakterzügen versehen, dass diese nur noch überzeichnet-absurd wirken. Borat ist egozentrisch und eitel, pathetisch, chauvinistisch, sexistisch, antisemitisch, vulgär und scheinbar völlig verblödet. Er hält einzig und allein an einem Ziel fest: Amerika kennen zu lernen und den „American Way of Life“ zu leben, denn je perfekter die Adaptation ist, desto näher bringt es den Kasachen zum beruflichen und privaten Erfolg.
Cohen persifliert hier einfach alles, was Amerika ausmacht! Von Benimm und Etiquette-Kursen, über Patriotismus, politische Korrektheit, Konservativismus bis zur angeblich grenzenlosen Toleranz.

Wenn dieser Chaot mit dem skeptischen Amerikaner konfrontiert wird, also z.B. mittels eines Interviews für den nicht existierenden kasachischen Dokumentarfilm, und Borat erst mal alles falsch versteht, was es falsch zu verstehen gibt und sein Gegenüber sich alle Mühen macht, auf das gleiche, scheinbar niedrige Niveau des Ausländers herab zu steigen, so ist man als Zuschauer zweierlei: Entweder triefend nass von den Lachfontänen oder geschockt darüber wie Borats „Opfer“ die Unterbelichtung und die deutlichen chauvinistischen und antisemitistischen Tendenzen des ausländischen Journalisten verständnisvoll hinnehmen, ja manchmal sogar bestärken.
Genau das ist Sacha Baron Cohens Ziel: die Menschen glauben zu lassen, Borat sei ein vulgärer Primitivling. Die Interviewten gehen dann aus der eigenen Reserve und geben schon eher etwas von den eigenen Einstellungen preis. Schließlich ist es nur ein kasachischer Dokumentarfilm, den die restliche Welt nie zu sehen bekommt. Genau diese gedankliche Entwicklung scheint Cohens Ziel zu sein und nun lässt er die Bärenfalle zuschnappen, so dass der Interviewte zum Schluss nicht ohne Selbstblamage aus der Sache raus kommt.
So will Borat bei einem Autoverkäufer ein Auto kaufen, das unbedingt einen „Pussymagneten“ in der Ausstattung enthalten muss – da können die Frauen ja bekanntlich nicht widerstehen. Im Notfall wär’s genehm, wenn man mit dem neuen Vehikel mit 50 Sachen eine Horde Zigeuner niedermähen könnte, ohne dass das Auto großen Schaden davon trägt. Stolz darauf, sämtliche Wünsche des Kunden erfüllen zu können, präsentiert ihm der entsprechende Autoverkäufer einen schwarzen Hammer.
BORAT: Cultural Learnings of America for Make Benefit Glorious Nation of KazakhstanBORAT: Cultural Learnings of America for Make Benefit Glorious Nation of KazakhstanBORAT: Cultural Learnings of America for Make Benefit Glorious Nation of Kazakhstan

Mit jedem Tag fühlt sich Borat immer wohler in Amerika, eignet sich die Gewohnheiten der Amerikaner an und praktiziert die Missverständnisse bis zur Perfektion. So lobt und unterstützt er Amerikas „Terrorkrieg“, eröffnet einer Gruppe von Feministinnen neue medizinische „Erkenntnisse“ bezüglich der zwischen-geschlechtlichen Unterschiede und macht die ersten Erfahrungen mit amerikanischen Tischmanieren.

Sehr viele Menschen, ob Kritiker, Politiker oder Kinogänger, haben mit diesem Film große Probleme. Denn der Hauptdarsteller nimmt kein Blatt vor dem Mund, ignoriert sämtliche sittlichen Maßstäbe und tritt den guten Sinn für Humor mit Füßen.
Das ist die eine Betrachtungsweise. Auf der anderen Seite stellt Baron mit Borat eine Leistung auf die Beine, die sich schwer mit anderen Comedy-Größen von heute und ihren Sketches vergleichen lässt. Man bekommt Method-Acting von höchster Güte geboten. Jedes Wort, jede Geste und jeder einzelne Blick von Borat wirkt so authentisch und glaubwürdig. Der Humor wird auf breiter Palette präsentiert. Von grotesk über pompös, von skurril bis subtil und von improvisiert (in Live-Aufnahmen) bis gestellt-inszeniert.
Egal wie kritisch man gegenüber dem Brachial-Humor von Borat ist, dieser Charakter ist so durch und durch echt, so zum Greifen nahe und unmittelbar, dass ein amüsiertes Schmunzeln auf dem eigenen Gesicht den Film durchweg bleibt.
Auf den Punkt gebracht, schafft Cohen mit „Borat: Cultural Learnings...“ ein brillantes Mockumentary. Wenn Monty Python heute einen Dokumentarfilm drehen würden, hätte dieser im Resultat wahrscheinlich so ausgesehen.

Eine Rezension von Eduard Beitinger
(11. März 2007)
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Daten zum Film
BORAT: Cultural Learnings of America for Make Benefit Glorious Nation of Kazakhstan USA 2006
Regie Larry Charles Drehbuch Sacha Baron Cohen, Anthony Hines
Produktion Dune Entertainment, Everyman Pictures, One America Kamera Luke Geissbuhler, Anthony Hardwick
Darsteller Sacha Baron Cohen, Ken Davitian, Pamela Anderson
Länge 84 min. FSK 12
Kommentare zu dieser Kritik
Bastian TEAM sagte am 11.03.2007 um 20:03 Uhr

Hammer!!!
RemyMartin sagte am 11.03.2007 um 22:10 Uhr

schöne kritik zu einem wirklich guten film!!!

aber das auto heisst HUMMER!!!

Christina TEAM sagte am 16.03.2007 um 13:18 Uhr

Der Film ist subversion Pur! Und dabei irgendwie wiederlich, komisch, abartig und absurd - mit das wahnsinnigste, was ich in den letzten Jahren im Kino gesehen habe!!!!
Zombie-mower TEAM sagte am 16.03.2007 um 13:43 Uhr

wie lautet dann deine Wertung, christel?

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