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von Siggi Götz




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Er steht einfach nicht auf Dich

Er steht einfach nicht auf Dich

Ein Film von Ken Kwapis

Gefühle behindern die Klarsicht, aber das wußten wir ja schon: Wenn man jemanden attraktiv findet, mißversteht man gerne mal Blicke, Gesten, Worte. Der Mensch orientiert sich eben habituell lieber am Wunsch – "es könnte ja sein …" – als an der ernüchternden Realität. Glücklicherweise kam 2005 ein entsprechender Ratgeber auf den Markt, verfaßt von Greg Behrendt und Liz Tuccillo, die beide der Meinung sind, daß es hauptsächlich die Frauen sind, die dringend hilfebedürftig sind, und ihnen daher auf immerhin 240 Seiten Länge den Tip geben, der schon vorne auf dem Cover steht: HE'S JUST NOT THAT INTO YOU – er steht halt nicht auf dich (die Tatsache, daß beide Autoren als "consultant" bzw. "story editor" bei SEX AND THE CITY mitwirkten, läßt freilich keinerlei Zweifel über den psychologischen Gehalt der Schwarte aufkommen). Oh ja, sehr viele Menschen müssen sich offenbar durch ein solches Werk durchackern, bevor der Groschen fällt: Wenn er mich nicht zurückruft, vielleicht will er dann gar nicht mit mit ausgehen? Hand aufs Herz: Auch ich war schon einmal schwerst entflammt für eine Frau, die gar nichts von mir wissen wollte. Aber kurze Zeit später war die Schulzeit aus.

Weil sich das Ratgeberchen (das auch mit hilfreichen Kapiteln darüber aufwarten kann, daß man sich nicht mit verheirateten Männern oder Alkoholikern einlassen soll) in d
en Staaten flugs in der Bestsellerliste einnisten konnte, dürfen wir nun die Filmversion genießen. Herausgekommen ist leider nicht Woody Allens WAS SIE SCHON IMMER ÜBER SEX WISSEN WOLLTEN, sondern eine mittelamüsante Romantic Comedy um ein gefühlsmäßig verwirrtes Ensemble an Figuren, denen auch das Studium des Buches nicht viel helfen würde.

Er steht einfach nicht auf DichEr steht einfach nicht auf DichEr steht einfach nicht auf Dich
Da gibt es also mal Gigi (Ginnifer Goodwin), die stets vor dem Telefon hockt, aber die nie zurückgerufen wird. Dann lernt sie Alex (Justin Long) kennen, der ihr die Augen öffnet und den titelgebenden Hinweis mehrfach erläutert. Alex' Kumpel Conor (Kevin Connolly) derweil – der auch zu den Männern gehört, die kein zweites Date mit Gigi wollten – ist frustriert, weil er eigentlich eine Beziehung mit Anna (Scarlett Johansson) will, die aber nach kurzer Annäherung wieder auf Distanz geht. Das liegt wohl daran, daß sie Ben (Bradley Cooper) kennengelernt hat, für den sie sehr schwärmt, der aber auch sehr verheiratet ist, und zwar mit Janine (Jennifer Connelly). Die wiederum ist nicht nur mit Gigi befreundet, sondern auch mit Beth (Jennifer Aniston), die gleichermaßen frustriert ist, weil Neil (Ben Affleck), mit dem sie seit sieben Jahren zusammenlebt, sie einfach nicht heiraten will. Haben wir jemanden vergessen? Ah ja: Mary (Drew Barrymore), die ihr Glück über verschiedene Online-Dating-Seiten versucht (und offenbar noch nicht dahintergekommen ist, daß MySpace eher zur Musikpromotion als zur Partnersuche geeignet ist).

Man sieht schon an der Zusammenfassung: Da wird Komplexität nur durch die verschiedenen Verwebungen der Erzählstränge vorgetäuscht – die eigentlichen Geschichten und Probleme sind eher simpel gehalten. Nun wäre das gar nicht so tragisch, wenn nicht jede einzelne Frauenfigur im Film keinerlei Lebensinhalt außer Männern und Beziehungen hätte. Die komplette Damenriege definiert sich nur dadurch, wer gerade auf wen steht oder nicht steht, warum sich kein Partner findet, wo man wen kennenlernen könnte, und daß ohne Beziehungsglück das Leben ja eigentlich inhaltslos ist (und freilich geht es immer nur um das Bestehen einer Beziehung, nicht um deren Gründe oder Inhalte). Keine der Frauen hat Hobbies oder sonstige Interessen, und wenn sie bei der Arbeit gezeigt werden, dann auch nur, damit sie einen Ort haben, wo sie wegen ihrer Beziehungen verzweifeln können und das nicht im Vakuum machen müssen. Die Männerfiguren haben es da vergleichsweise besser: Die dürfen sich wenigstens um ihre Berufe kümmern (Alex führt eine Bar, Conor arbeitet als Immobilienmakler) oder einer Freizeitbeschäftigung nachgehen (Neil und Ben segeln gerne). Dafür sind sie halt durch die Bank Schufte: gefühllos, unehrlich, unsensibel, betrügen ihre Frauen oder weigern sich standhaft, sie endlich vor den Altar zu zerren. Die armen Mädels.

Er steht einfach nicht auf DichEr steht einfach nicht auf DichEr steht einfach nicht auf Dich
Eigentlich schade, da der Film sich durchaus anstrengt, ein paar Stufen über den gewöhnlichen Ein-Mann-muß-her-Lustspielen zu stehen. Vergessen wir mal die angesammelte Legebatterie an Stars, die hier natürlich alle völlig unterfordert sind, aber das Unterfangen zumindest ständig mit einem großen Schub an mühelosem Charme und einer Prise Klasse versehen: Im oberflächlichen Beziehungsreigen blitzen durchaus immer wieder witzige oder erzählerisch ambitioniertere Momente auf. Lustig beobachtet zum Beispiel, wie Drew Barrymore erläutert, daß sie heutzutage nicht mehr zum Friseur geht, um sich attraktiver zu machen, sondern ihr MySpace-Profil updatet. Gar nicht doof der Erzählstrang, in dem Janine herausfindet, daß Ben sie betrogen hat, aber viel wütender darüber ist, daß er sie angelogen hat bei der Frage, ob er wieder mit dem Rauchen angefangen hat. Fein geschliffen ein Dialog zwischen Janine und einem mexikanischen Bauarbeiter: Sie hat ein Päckchen Zigaretten gefunden und sich aber von Ben erklären lassen, daß es den Bauarbeitern gehören muß, die gerade das Haus renovieren; als sie den Vorarbeiter zur Rede stellt, übt sie eigentlich die Konfrontation mit ihrem Mann, während er mit schwerstem Akzent ganz nüchtern sprachliche Spitzfindigkeiten äußert ("Sind Sie sicher, daß es eine Frage war und keine Aussage – ich habe das nämlich so an der Wortmelodie gehört"). Und reizvoll auch, wie Scarlett Johansson nach und nach Bradley Cooper, der sich immerhin anstrengt, treu zu bleiben, um den Finger wickelt.

Über einige Strecken wartet der Film also mit Dialogen und Szenen auf, die anderswo viel sorgloser geschrieben worden wären – aber dann kriegt das Buch immer wieder kalte Füße und läßt zum Schluß doch fast jede Geschichte ins unmotivierte Happy End münden. Besonders ärgerlich (wer's gar nicht wissen will, hört hier auf zu lesen): Beth, die sich irgendwann von Neil getrennt hat, weil er nicht an das Heiraten glaubt, kommt wieder mit ihm zusammen und erklärt ihm, daß er in den sieben Jahren, die sie zusammen sind, ohnehin schon ein so viel besserer Ehemann war als die tatsächlichen Angetrauten ihrer diversen Schwestern. Beide ziehen wieder zusammen – und Neil macht Beth dann aus heiterem Himmel doch noch einen Heiratsantrag. Klar: Er hat sich ja doch nur geziert, und ohne Ring am Finger wird Frau doch nicht glücklich. Sogar Gigi und Alex kommen zusammen – das ist kein Spoiler, sondern sozusagen stundenlang absehbar – und das, obwohl der knabenhafte Justin Long und die treuherzige Welpin Ginnifer Goodwin ungefähr soviel Chemie haben wie ein Naturkostladen.

Meine Idee für eine erfolgreiche Sachbuchverfilmung lautet übrigens: Große Stars, große Gefühle, große Bilder. Und der zugrundeliegende Ratgeber heißt DAS GEHEIMNIS GUTER DREHBÜCHER.

Eine Rezension von Christian Genzel
(17. November 2009)
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Daten zum Film
Er steht einfach nicht auf Dich USA 2009
(He's Just Not That Into You)
Regie Ken Kwapis Drehbuch Abby Kohn, Marc Silverstein
Produktion New Line Cinema / Flower Films Kamera John Bailey
Darsteller Ben Affleck, Jennifer Aniston, Drew Barrymore, Jennifer Connelly, Kevin Connolly, Bradley Cooper, Ginnifer Goodwin, Scarlett Johansson, Justin Long, Kris Kristofferson, Luis Guzmán
Länge 129 FSK 0
Filmmusik Cliff Eidelman
Kommentare zu dieser Kritik
Conan der Bibliothekar TEAM sagte am 18.11.2009 um 00:24 Uhr

Ohne den Film bereits gesehen zu haben, aber: die Herren Behrendt und Tuccilucci (oder so ähnlich) sind also der Ansicht, dass in erster Linie Frauen an diesem Problem leiden??? Dann schreib ich demnächst ein Buch für Männer und rate denen, nicht immer so oft und extensiv über ihre Gefühle reden zu müssen...
Jeannette TEAM sagte am 20.09.2010 um 21:54 Uhr

Ich finde den Film SEHR gut. In jeder Szene findet man sich selbst oder eine Freundin wieder, die GENAU das durchgemacht hat und zwar nicht nur in der Teenie-Zeit - ob Männer das nun verstehen oder nicht. Und auch den männlichen Charakteren konnte ich nachfühlen, denn schließlich kennt man auch genug Jungs, die solche Erlebnisse hatten. Toll fand ich, dass die Charaktere nicht eindeutig arschig oder süß waren. Ich hatte am Schluss wirklich Lust, mir den Film gleich nochmal reinzuziehen.



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