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Burn After Reading

Burn After Reading

Ein Film von Joel Coen, Ethan Coen

von Asokan Nirmalarajah

Als vorläufig letzter Teil von Joel und Ethan Coens inoffizieller „Idioten-Trilogie“, in der George Clooney als äußerst charmanter, aber hypernervöser Trottel stets die tragende Rolle spielt, wimmelt auch Burn After Reading (2008) nur so vor schrägen Figuren, deren skurrilen Macken und abstrusen Interaktionen die Handlung des Films bestimmen. Wie schon O Brother, Where Art Thou? (2000) und Intolerable Cruelty (2003) beginnt auch dieser Film mit einem recht altbackenen Grundplot, der ihn leicht zu einem bestimmen Genre zuordnen lässt. Doch wie bei seinen Vorläufern nehmen schnell kuriose Episoden und unerwartete Wendungen Überhand und heben Genre-Konventionen völlig auf. Während also O Brother, Where Art Thou? das Musical und Homers "Odyssee" zu einer märchenhaften Südstaatenodyssee mit singenden Knastvögeln und tanzenden Rassisten während der Depressionszeit umdichtete und Intolerable Cruelty die lockerleichte Screwball Comedy mit zynischem Materialismus und böser Mediensatire überfrachtete, funktioniert Burn After Reading auf dem ersten Blick wie ein traditioneller Verschwörungsthriller mit einer mysteriösen MacGuffin-CD und paranoiden Agenten, dekonstruiert aber im Laufe der Handlung die eigene Genreformel derart, dass am Ende wieder mal ein prototy
pischer Film der Coen-Brüder zurück bleibt: amüsant, unberechenbar, eigenwillig und irgendwie zugleich hochphilosophisch und doch dabei so nichtssagend.
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Die Alibi-Handlung des Films beginnt damit, dass der arrogante Osbourne Cox (John Malkovich) seinen Job als Analytiker aufgibt, als er innerhalb der CIA wegen seines Alkoholproblems heruntergestuft wird. Während er sich daran macht, zwischen häuslicher Langeweile und Trunkenheit seine Memoiren zu verfassen, vertreibt sich seine genervte Ehefrau Katie (Tilda Swinton) die Zeit, indem sie eine Affäre mit dem hedonistischen Harry Pfarrer (George Clooney) vom Finanzministerium führt. Währenddessen wird eine CD mit Osbournes ersten Aufzeichnungen in den Umkleidekabinen des Fitnesszentrums „Hardbodies“ gefunden, wo der trottelige Trainer Chad (Brad Pitt) und die energische Beraterin Linda (Frances McDormand) arbeiten. Beide beschließen, aus der Situation finanziellen Vorteil zu ziehen – vor allem Linda möchte sich endlich eine Reihe von Schönheitsoperationen leisten – und beginnen, Cox mit dem Inhalt der CD zu erpressen. Der darüber verwirrte Cox kann sich nicht nur nicht erklären, wie seine noch nicht fertigen Memoiren in die Hände von Fremden kommen konnten, er ist sich auch noch nicht bewusst darüber, dass seine Frau eine Scheidung vorbereitet. Die Komplikationen, die sich aus dieser Ausgangssituation ergeben, sind bald so weitreichend, dass nicht nur der heimlich in Linda verliebte Betreiber von „Hardbodies“, Ted (Richard Jenkins), sowie die russische Botschaft und die CIA in diese damit internationale Affäre gezogen werden, sie haben auch zur Folge, dass einige der Beteiligten ein äußerst brutales Ende finden...
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Die plötzlichen und wie bei den Coen-Filmen gewohnt einfallsreichen, aber expliziten Gewaltentladungen werfen die Frage auf, wie die hiesige FSK den Film ab 12 Jahren freigeben konnte. Davon abgesehen haben wir es mit einem Coen-Film zu tun, der sich nahtlos in die Tradition ihrer "Idiotenfilme" einreihen lässt, die nicht erst mit ihren eher moderaten George Clooney-Kollaborationen begannen. Während in ihrem ersten Film Blood Simple (1984) noch relativ ahnungslose Figuren bereits durch eine Handlung stolperten, in der Zufälle und Missverständnisse blutige Konsequenzen hatten (wie jüngst auch in ihrem allerorts zu Recht gefeierten Oscar-Erfolg No Country for Old Men, 2007), haben die Coen-Brüder bereits in ihrem zweiten Film Raising Arizona (1987) die morbide Komik einfältiger ProtagonistInnnen, die den Gefahren einer chaotischen Welt nicht gewachsen sind und oft an ihrer irrationalen Geldgier zugrunde gehen, für sich erkannt. Vorwürfen der ungezügelten Stilt und misantrophen Kälte gegenüber allen ihren Figuren zum Trotz fuhren die Brüder fort, sich über die idiotischen Charaktere zu belustigen, die durch die originellen Filmwelten von Fargo (1996), The Big Lebowski (1998) und The Ladykillers (2004) stolpern. Während Anhänger der Coen-Brüder gerade diesen stets detailverliebt und filmisch aufregend präsentierten Zynismus begrüßen, meinen andere hinter der inszenierten Kälte und dem respektlosen Spiel mit Genre-Konventionen eine grundlegend realistische Sicht von einer gleichgültigen, chaotischen Welt zu sehen.

Wie dem auch sei, gemein ist allen Coen-Filmen, dass sie sich selten leicht konsumieren lassen und entsprechend selten ein breites Mainstream-Publikum finden. Dank seinem respektablen Star-Aufgebot ist Burn After Reading allerdings schon auf dem sicheren Weg, No Country for Old Men als ihren bislang kommerziell erfolgreichsten Film einzuholen. Dennoch bleibt die etwas mißglückte romantische Komödie Intolerable Cruelty der zugänglichste Film der Coen-Brüder: Burn After Reading ist zwar eine kurzweilige Agentenfilmparodie gekreuzt mit einer kindischen Sexfarce, die durch ihren schrulligen Humor ansprechen mag, aber die Gleichgültigkeit, mit der Sympathieträger aus dem Film befördert werden und die Handlung ins Leere geführt wird, mag die meisten Kinogänger eher verwirren. Doch selbst als gewohnt selbstverliebte, dekonstruktivistische Genre-Spielerei ist Burn After Reading selten mehr als ein gefälliger, relativ harmloser Coen-Film, der von seinen cleveren Wendungen und der Einzigartigkeit ihrer Figuren selbst mehr beeindruckt scheint als unsereins. Zu den Stärken des Films gehöhrt aber definitiv die Besetzung, die ihre irritierenden Figuren mit genug (im Fall von Brad Pitt vielleich zuviel) albern-kindischer Spielfreude begegnen, dass man über ihren skrupellosen Egoismus hinwegsieht und über ihre oft schwachsinnigen Ideen nur hämisch lachen kann wie es die Coen-Brüder gerne so oft tun.

Eine Rezension von Asokan Nirmalarajah
(05. Oktober 2008)
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Daten zum Film
Burn After Reading USA 2008
Regie Joel Coen, Ethan Coen Drehbuch Joel und Ethan Coen
Produktion Focus Features Kamera Emmanuel Lubezki
Darsteller George Clooney, Frances McDormand, John Malkovich, Tilda Swinton, J.K. Simmons, Brad Pitt
Länge 96 FSK 12
http://www.burnafterreading.com--live.com/#/home
Filmmusik Carter Burwell
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