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von Pieter Kuijpers




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Gwangis Rache

Gwangis Rache

Ein Film von Jim O'Connolly

Mit stolzen 92 Jahren starb Ray Harryhausen. Der Meister der Stop-Motion hatte zwar 30 Jahre lang keinen Film mehr gemacht, aber trotzdem: ein ganz, ganz Großer hat die Bühne verlassen und uns ein Lebenswerk hinterlassen, das wohl seinesgleichen sucht. Bei MannbeisstFilm haben wir bereits einige Filme besprochen, an denen Harryhausen beteiligt war: Panik in New York, Die Bestie aus dem Weltraum, Kampf der Titanen, Fliegende Untertassen greifen an oder Das Grauen aus der Tiefe zeigen uns, dass Filme mit Harryhausens Effekten zwar nicht immer Meisterwerke waren, aber zumindest seine Kreaturen und Monster hinterließen bleibende Eindrücke, hatten Seele, und führen auch heute noch zu Staunen und Verwunderung, wie all diese brillante Arbeit von einem einzelnen Mann vollbracht werden konnte. Movie Magic at its best!

Doch nun zu „Gwangis Rache“.

Anfang des 20. Jahrhunderts in Mexiko: die abgehalfterte Western-Abenteuer-Show von Champ und der hübschen T.J. pfeift aus dem letzten Loch. Der smarte Tuck, Geschäftsmann und ehemaliger Lover von T.J. will die Gunst der Stunde nutzen und die Schöne sowie ih
r talentiertes Pferd günstig engagieren. Doch durch die neu aufgeflammte Liebe macht Tuck eine Entdeckung: die Western-Show ist in Besitz eines Pferdes in Miniaturformat gelangt, was für volle Kassen sorgen soll. Durch Zufall trifft Tuck den Paläontologen Professor Blomley und gemeinsam finden sie etwas unglaubliches heraus! Das Pferd ist ein prähistorisches Ur-Pferd, das im Verbotenen Tal gefunden wurde. Flugs stellt man eine Expedition zusammen um weitere ausgestorbene Tiere zu finden. Und wirklich: man kann einen fleischfressenden Saurier fangen, und in die Arena der Wild-West-Show bringen...doch Gwangi, der Saurier, ist damit gar nicht einverstanden!

„Gwangis Rache“ fiel 1969 bei seiner Veröffentlichung bei Kritiken und Publikum ziemlich durch. Dabei ist der Film von Jim O'Connolly ein unterhaltsamer Mix aus verschiedenen Genres, der zwar etwas braucht, um in die Gänge zu kommen, aber einige großartige Tricksequenzen präsentiert, die zu Harryhausens besten Arbeiten gehören, und auch Jahre später noch zitiert wurden – etwa in Jurassic Park. Was zuerst als Westernstreifen beginnt, wandelt sich zum Verfolgungsjagd-Film, wird zum Expeditions-Abenteuer und endet letztlich als Monster-on-the-Loose-Spektakel, das nochmal einiges an Tricks auffährt. Diese Abwechslung (man könnte es auch Ziellosigkeit nennen...) führt vielleicht auch dazu, dass sich gerade zu Beginn einige Längen einschleichen. Sobald die Cowboys aber im Verbotenen Tal ankommen, gönnt sich der Film keine Pause mehr, und Gwangi darf sich in seiner vollen Stop-Motion-Pracht präsentieren. „Gwangis Rache“ wurde schon in den 40er Jahren konzipiert, damals noch unter Federführung von Willis O'Brien, der eine ähnliche Cowboy-Szene dann in „Mighty Joe Young“ umsetzte. Aber auch ohne seinen Lehrmeister leistet Harryhausen wieder ganze Arbeit.
Gwangis RacheGwangis RacheGwangis Rache
Neben dem titelgebenden Allosaurus bevölkern natürlich weitere Geschöpfe diese fantastische Welt: da gibt es einen Flugsaurier, das Ur-Pferd „El Diablo) (die Enthüllung ist amüsant), einen nicht ganz so friedlichen Pflanzenfresser (ähnlich einem Triceratops) sowie ein Stop-Motion-Elefant und noch einiges mehr! Und wie bei jedem seiner Filme zeigt sich hier das besondere Talent Harryhausens, was ihn von anderen Stop-Motion-Künstlern unterscheidet: die Kreaturen haben Seele und Charakter! Sei es, dass Gwangi sich an der Nase kratzt oder El Diablo verunsichert wirkt: immer wieder baut er kleine Details ein, die die Figuren vom reinen Monster-Dasein abheben. Und was für fantastische Szenen er einbaut! Da versuchen mehrere Cowboys auf Pferden Gwangi mit Lassos um den Hals zu fesseln; eine Szene von etwa 5 Minuten Dauer, für die Harryhausen Monate brauchte, da er die realen Lassos der Cowboys auf die Lassos um die Puppe abstimmen musste, sowie Gwangi auf das Ziehen und Zerren reagiseren ließ! Ein Albtraum! Oder aber der fantastische Stop-Motion-Kampf zwischen Gwangi und dem Elefanten: wo hat man sowas schonmal gesehen!

Die Effekt-Szenen sind natürlich dann auch die besten Minuten des Films. Während Tuck aus damaliger Sicht wahrscheinlich ein smartes Schlitzohr, ein kerniger Kerl und ein cleverer Frauenschwarm war, ist er heute mehr oder minder ein ziemlicher Chauvi – ja, man könnte fast sagen, ein fieser Arsch. Auch so manche Handlungsmotivation ist nicht immer nachvollziehbar: warum die alte Zigeunerin den Saurier auf die Menschen loslässt und ihren Tod in Kauf nimmt, nachdem sie doch vorher eindringlich warnte, ist eher nebulös und ziemlich spekulativ. Und letztlich: natürlich ist „Gwangis Rache“ im Finale eine Version von „King Kong“. Da Gwangi allerdings bis auf die detaillierten Animationen von Harryhausen wenig Charakterisierung erfährt, bleibt die emotionale Betroffenheit in der breit ausgewälzten Todesszene des Sauriers doch ziemlich auf der Strecke – und warum der Bub Carlos dann so um Gwangi weint, nachdem dieser mehrere Menschen auf dem Gewissen hat und eben als reines Monster gezeichnet wurde, ist doch recht unsinnig. Man sieht, wohin O'Connolly wollte; doch gelungen ist es ihm strenggenommen keineswegs.

Trotzdem: „Gwangis Rache“ ist ein unterhaltsamer Genremix und kleiner Klassiker, der einige der beeindruckensten Szenen von Harryhausen zeigt. Ich frage mich noch heute: wie konnten diese Szenen von einem Einzelnen erstellt werden, der sich monatelang in sein einsames Studio einschloss, und trotzdem in Interviews und Audiokommentaren als wahrer Gentleman und Menschenfreund zu erkennen ist.

Ruhe in Frieden, Ray Harryhausen. Und Danke, für die wunderbaren Erinnerungen und Filme.

"I brought in the stories many times. I don't just do animation." – Ray Harryhausen (1920 - 2013)

Eine Rezension von David Kugler
(09. Mai 2013)
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Daten zum Film
Gwangis Rache USA 1969
(The Valley of Gwangi)
Regie Jim O'Connolly Drehbuch William Bast
Produktion Warner Bros. Kamera Erwin Hillier
Darsteller James Franciscus, Gila Golan, Richard Carlson, Laurence Naismith
Länge 91:32 FSK 12
Filmmusik Jerome Moross
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