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Frauen ohne Unschuld

Frauen ohne Unschuld

Ein Film von Jess Franco

Das Lexikon des Internationalen Films tut sich da leicht: "Schundprodukt" steht da. Punkt. Nur ein Wort. Also, natürlich lungern da noch zwei vornanstehende neutrale Sätze auf den Seiten herum, die die Handlung zusammenfassen. Aber danach dann ganz einfach: "Schundprodukt". Nur wir müssen uns hier wieder wortreicher mit dem - wenn wir das Wort jetzt übernehmen, verraten wir dann schon, wie das Review ausgehen wird? - Schundprodukt auseinandersetzen. Dabei wär' es doch mal eine echte Herausforderung, Filmkritiken in ein einzelnes Wort zu packen. Man klickt FRAUEN OHNE UNSCHULD an, und dann steht da einfach "nein", oder vielleicht "huch!", oder ganz eloquent "nackter Blödsinn" - aber halt, da haben wir uns ja unter Verwendung von 200% der gefragten Reviewlänge selber disqualifiziert.

Aber gut, wie sagt der freundliche Therapeut immer mit angespitztem Füllfederhalter? Reden wir doch mal drüber. FRAUEN OHNE UNSCHULD spielt in diesem einen Sanatorium, in dem exklusiv weibliche Patientinnen größtenteils unbekleidet den lieben langen Tag damit verbringen, von anderen Insassinnen (Gendering so früh am Morgen!) und dem gemischtgeschlechtlichen Personal samt Oberarzt ausführlichst untersucht zu werden. Ein kurzes Rückgespräch mit unserem Experten, em. Prof. Dr. Dr. hon. causa Schwarz von Sauerbruch, dem Zweiten, bestätigt mich in der Annahme, daß es sich
hierbei um eine sehr progressive Form der Therapie handeln muß, die in konservativeren Anstalten durchaus kontrovers aufgefaßt wird.

Jetzt könnte man ja durchaus meinen, daß der Klappentext in seiner beinahe rührend besorgten Aufschrift "Warning! This film contains scenes of shocking horror" ein wenig am Inhalt des Films vorbeischießt - und, verehrte Vreunde vantastischer Vilmspektakel, der Gedanke mag nicht abwegig erscheinen, aber wahr ist er doch. Trotzdem gibt es eine Art Krimihandlung: In einer Villa werden zwei (nackte) Leichen aufgefunden, angeblich ein (nacktes) Diamantenschmugglerpärchen, und nun muß eine (nackte) Überlebende in eine Nervenheilanstalt eingeliefert werden, weil sie nackt und verstört ist. Die zuständige (öfter mal nackte) Ärzteschaft dort ist allerdings weniger daran interessiert, der guten (nackten) Frau zu helfen - stattdessen wollen sie aus ihr herausbekommen, wo sich irgendwelche Diamanten befinden, die die (nackten) Schmuggler vor ihrem Ableben noch irgendwo versteckt haben. Der (nackte) Wahnsinn macht sich breit.

Frauen ohne UnschuldFrauen ohne UnschuldFrauen ohne Unschuld
Ein zaghafter Blick auf die Credits verrät uns, daß der Film vom Vollzeit-Erotomanen Jess Franco inszeniert wurde, dessen hoher Anteil von indizierten Frauengefängnisfilmen in der Filmographie uns ahnen läßt, welchem Part der Handlung besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Nun haben wir ja prinzipiell einmal gar nichts gegen weich abgefilmtes Softsex-Gerangel, nur gegen fades weich abgefilmtes Softsex-Gerangel (die Frage, ob weich abgefilmtes Softsex-Gerangel eventuell immer fad ist, wird in einem gesonderten Essay unter dem Titel "Wie weich abgefilmtes Softsex-Gerangel die Umwelt retten kann" näher erörtert). Ehrlich, die räkeln sich da den Wolf, und dauernd wird ein bißchen gestöht und ganz wenig geschwitzt, und die Kamera steht immer davor herum wie bestellt und nicht abgeholt. Manchmal kommt ein maskierter Mann herein, der dann jemanden umbringt, aber das hält die fröhliche Partie natürlich nie allzulange auf.

Wenn wenigstens nur jede Szene so unterhaltsam wäre wie die, die an dieser Stelle nun zitiert werden soll! Da redet der Chefarzt nämlich auf die Oberschwester ein, wie er die Traumatisierte, die immer nur "unnnngh" sagt und geschreckt guckt, zu heilen gedenkt:

ARZT
Die Patientin befindet sich seit Tagen in einer akuten Phase ihrer Zwangsneurose. Wir wollen versuchen, sie ohne schädliche Medikamente über die Krise hinwegzubringen. Und Sie sollen uns dabei helfen. Sie mögen Gabi doch? Also wollen Sie ihr auch helfen.

SCHWESTER
Ja gern, aber sie hat eigentlich keinen Kontakt zu mir.

ARZT
Das ist ja eben ihre Krankheit. Sie hat ihre Ursache in einem ganz natürlichen Zärtlichkeitsbedürfnis, das nie durch andere erfüllt worden ist. Und wir wollen durch Ihre tätige Mithilfe ...

SCHWESTER
Ach so. Ja, so ist das gemeint.

ARZT
Ja, wir möchten erreichen, daß sie durch Partnerschaft zur Erfüllung ihrer erotischen Wünsche kommt. Ich hoffe, sie verstehen mich.

Der Rest des Films bietet leider weniger psychologische Substanz, und dann taucht auch noch ein Inspektor auf, aber weil der nicht von Horst Tappert gespielt wird, kann das den Unfug auch nicht mehr retten. Ja nun, was soll man sagen? Schundprodukt. Ätsch.

Eine Rezension von Christian Genzel
(30. Januar 2008)
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Daten zum Film
Frauen ohne Unschuld Schweiz 1977
Regie Jess Franco Drehbuch Manfred Gregor (= Erwin C. Dietrich)
Produktion Elite Film / Cinemec
Darsteller Lina Romay, Monica Swinn, Nanda Van Bergen, Michael Maien
Länge 77 FSK 18
Filmmusik Walter Baumgartner
Kommentare zu dieser Kritik
Damocles TEAM sagte am 30.01.2008 um 10:54 Uhr

Wow, anhand des zitierten Dialoges schließe ich erneut auf eine weiteres, hochpolitisches Meisterwerk des Herren Franco.

Homosexualität, die wahre Liebe unter Frauen, als Heilung psychischer Krankheiten, Zärtlichkeitsbedürfnis steht über Medikamentenvergabe.
Überhaupt sind Lesben notwendig für eine gesunde Gesellschaft, damit stellt sich Franco sicherlich ganz bewusst gegen den American Way of Life, gegen das erzkonservativ-christliche Verständnis von Fürsorge. Damit ist Franco sicherlich kein Exploitationfilmer, sondern er zeigt in zarten Bildern, mit unaufdringlicher Kameraführung erneut die zerbrechliche Liebe zwischen Patientin und Schwester, Nächstenliebe im wunderbarsten Sinne. Vor allem den männlichen Zuschauer könnte es freuen. Könnte...

Oder so...

Haha...

Übrigens ist "Schundprodukt" vom Lexikon d. Int. Films sehr undifferenziert und unökonomisch, man hätte auch "Jess Franco" einfach schreiben können. Das spart Tinte und sagt ungefähr genauso viel aus, nur das die "Fans" was damit anfangen können ;)
andi_warhol sagte am 30.01.2008 um 20:51 Uhr

Also meiner Meinung nach wäre die sinnvollste und aussagekräftigste Zusammenfassung wohl:
"Jess Franco ohne Horst Tappert"
und das Ganze am Besten auch gleich vorne aufs Cover, gleich nach "Warning! This film contains scenes of shocking horror."
Denn was ist schon ein Film ohne Horst...
schwarzygesetzlos sagte am 07.02.2008 um 08:56 Uhr

Also beim Durchlesen des Reviews kam mir die Idee, dass dieses Sanatorium doch das ideale Arbeitsumfeld für den bekannten VIP Mario Leiter wäre! Bloß schade dass er sich mehr der Kommunikationswisschenschaft denn der Psychologie, bzw. Psychiatrie verschrieben hat. Hihi

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