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Außer Atem

Außer Atem

Ein Film von Jean-Luc Godard

Es ist sinnlos, scharfe Bilder zu produzieren, wenn man verschwommene Ideen im Kopf hat.
Jean- Luc Godard

1959 befand sich das europäische Kino an einem Punkt, wo es das stete Verarbeiten von Nachkriegsstoffen leid hatte. Man strebte nach etwas Neuem, Modernem, etwas, das sich aus den festgefahrenen Bestimmungen, die seinerzeit im Film galten, löste- und das betraf sowohl das Technische als auch das Inhaltliche. Eine Reihe von französischen Regisseuren, unter ihnen solch große Namen wie Francois Truffaut und Claude Chabrol, machte sich auf, um eine revolutionäre cineastische Stilbewegung zu gründen, die “Nouvelle Vague”. Der wohl radikalste von ihnen war Jean- Luc Godard, der mit seinem Debütwerk “A Bout De Souffle”, zu deutsch “Außer Atem”, einen Meilenstein dieser Bewegung schuf, der sich mit visionären filmischen Mitteln zum Klassiker der Popkultur entwickelte.

Die Geschichte dreht sich um den Kleinganoven Michel (Jean- Paul Belmondo), der nach einem Polizistenmord auf der Flucht vor dem Gesetz ist und in Paris Zwischenstation macht. Dort trifft er auf die Amerikanerin Patricia (Jean Seberg), in die er sich verliebt und mit der er einige Tage in der Stadt verbringt. Michel plant, sich mit ihr nach Italien abzusetzen, doch dann liefert Patricia ihn an die Polizei aus…

Godards “Außer Atem” mag heute für den einen oder anderen kaum mehr revolutionär wirken. Filmhistorisch gesehen ist das
Werk allerdings von großer Relevanz. Da der Regisseur nur wenig Geld vom Studio zur Verfügung hatte, wurde auf diverse unterstützende Stilmittel bewusst verzichtet. Die entfesselte Handkamera brachte einige innovative Montagetechniken hervor, zudem wurde statt im Studio ausschließlich an Originalschauplätzen gedreht, womit der Film insgesamt freier in der Inszenierung wirkte.

Die Geschichte selbst ist im Grunde genommen sehr simpel und orientiert sich an den alten Gangsterstreifen des amerikanischen film noir. So ist es dann auch kein Zufall, dass Belmondos Charakter Kinolegende Humphrey Bogart sein großes Vorbild nennt und diesen auch ständig imitiert. Der Fluss der Handlung entsteht dabei durch die ausgesprochene Originalität und Spritzigkeit des Drehbuchs. Kaum zu glauben, aber selbst heute, genau fünfzig Jahre nach der Produktion, wirkt “Außer Atem” noch frisch und modern. Godard präsentiert dem Zuschauer eine flotte, charmante Geschichte und stellt die Beziehung zwischen Belmondo und Seberg in den Vordergrund. Die beiden reflektieren über die Liebe und das Leben, pendeln durch Paris und geben sich spontanen Neigungen hin. Der Film ist hier ganz Kind seiner Zeit, und das nicht nur in bezug auf die damalige Mode oder die kulturellen Gebräuche, sondern auch was den “way of life”, den Lebensstil der damaligen Generation betrifft. Die Hauptfiguren sind unentschlossene, ständig umherziehende Personen, die nach konkreten Zielen und einem festen Platz in ihrem Leben suchen. Godard zeichnet das Verhalten der Protagonisten sehr ehrlich und offenherzig, manchmal auch bitter und mit zynischem Unterton, ohne `pessimistisch´ sagen zu wollen.

Gleichzeitig kommentiert das Drehbuch auf witzige Weise die kulturellen Unterschiede zwischen Franzosen und Amerikanern. Jean- Paul Belmondo gibt den lässigen Frauenhelden und Lebemann, dessen kauzige und nicht selten schnodderige, aber eben im Grunde doch charmante Art typisch französisch erscheint. Jean Seberg, deren Akzent auf der deutschen Tonspur etwas gewöhnungsbedürftig ist, spielt die zweiflerische Studentin, die ein Stück weit parodistisches Abbild der US- amerikanischen Prüderie ist. Die Charaktere sind wie immer bei Godard sehr ausgefallen gezeichnet, Belmondos Michel wurde durch seine markant heldenhafte Ausstrahlung zur Ikone.

Patricia: Wenn du dich entscheiden müsstest, entweder für das Leiden oder das Nichts- was würdest du wählen?

Michel: Natürlich das Nichts! Das Leiden wäre ein Kompromiss- für mich heißt es nur `Alles oder Nichts´!

Der Schluss von “Außer Atem” steht charakteristisch für die Ziellosigkeit des Films. Als Michel hinterrücks erschossen wird, sagt er zu der herbeieilenden Patricia: “Du bist wirklich zum Kotzen!”, woraufhin diese fragt, was das denn sei. Ein nüchternes Finale, wie es für Godard typisch ist. Der (Mit-) Begründer der Nouvelle Vague war ein cineastischer Radikalinski, vergleichbar etwa mit den Neorealisten der italienischen “Cinecitta” wie z. B. Pier Paolo Pasolini, wenngleich diese wiederum anderen Zielen folgten. “Außer Atem” räumte einige der bedeutenden Preise ab, u. a. den für die beste Regie bei der Berlinale 1960. Dennoch wurde der Film damals von den Kritikern zunächst einmal abgelehnt, wie es bei so vielen Werken, die heute als Klassiker gelten, der Fall war. In den 80er Jahren gab es übrigens ein Hollywood- Remake mit dem Titel “Atemlos”, welches aber selbstverständlich nicht den Popularitäts- Status von Godards wegweisendem Original erreichen konnte…

Eine Rezension von Christopher Michels
(20. Januar 2009)
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Daten zum Film
Außer Atem Frankreich 1959
(A Bout De Souffle)
Regie Jean-Luc Godard Drehbuch
Produktion Arthaus
Darsteller Jean-Paul Belmondo, Jean Seberg
Länge 86 Minuten FSK ab 16
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