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Onkel Addi

Onkel Addi

Ein Film von Franco Castellano, Giuseppe Moccia

"Onkel Addi" erzählt das Leben von Adolf Hitler, dem späteren Diktator Deutschlands, in Episodenform nach. Von der Kindheit, über die frühen Jahre in Wien und München, der Aufstieg seiner Partei NSDAP sowie dem Beginn des Krieges, bis hin zum Untergang und seinem Tod werden die wichtigsten Lebensstationen des Führers filmisch dargestellt sowie durch Interviews mit Zeitzeugen untermauert. Außerdem begleiten wir den jungen Hans Bauer an die Front, der seine Verlobte dafür zurücklassen musste, und wir erhalten einen Einblick in den schwierigen Konflikt zwischen den beiden Brüdern Gustav und Hermann, einer ein Anarchist und Nazi-Gegner, der andere ein Bühnenzauberer, Nazi und SS-Offizier...

Die Italiener sind schon ein nettes Volk. Sie bauen schöne und schnelle Autos, sie können verdammt gut kochen und sie wählen manchmal sehr zweifelhafte Leute an die Spitze ihres Landes. Das alles taten sie früher und tun sie noch heute leidenschaftlich gerne, aber etwas machen sie inzwischen nicht mehr: sie drehen nur noch sehr selten solche Filme wie damals in den glorreichen 70ern. Damals durfte wohl jeder der eine Kamera halten konnte und nicht mehr als 20 Dioptrin hatte einen Film drehen. Natürlich kannte ein so wildes und expansives Kino, bei dem man vor allem hinter dem schnellen Geld her war, keine Grenzen. Was erfolgreich war, wurde gnadenlos bis zum eigenen Untergang kopiert. Unzählige "Djangos" wurden nach dem Kassenschlageroriginal auf die Leinwände
losgelassen, zahlreiche Gialli wurden nach Argentos Erfolgen gedreht, und natürlich die wahnwitzigen Zombie- und andere Horrorfilme, die damals die Bahnhofskinos füllten. All diese Filme prägten einen wichtigen Begriff: Exploitation! Sleaze! Man versucht also, durch schmierige Ausbeutung einen möglichst großen kommerziellen Erfolg zu erzielen. Sei es durch die obligatorischen nackten Frauen in allen Genres, durch die kruden deutschen Titel- und Dialogübersetzungen seitens der deutschen Produzenten, durch Tiertötungen auf Zelluloid oder auch durch recht unverhohlenen Rassismus sowie durch Folterfilme in Nazilagern. Und mittendrin entsteht ein Film wie "Onkel Addi", ein Film den es heute wohl nur schwerlich geben könnte.
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"Onkel Addi" erzählt mit Hilfe von historischen Originalaufnahmen sowie gefälschten Interviews und normalen Spielfilmszenen das Leben von Adolf Hitler nach. Natürlich wird auf historische Korrektheit geschissen und man tut alles für die Pointe. Mit Erfolg? Nun ja, das ist genau das Problem des Films. Komödienstar Adriano Celentano verkörpert die beiden Zwillingsbrüder Gustav und Hermann, und gerade diese Szenen sind manchmal recht schwer zu ertragen. Diese Art des Witzes ist überhaupt nicht gut gealtert, das ist eher nervig und lächerlich. Celentano grimassiert vor allem als Gustav als ob es keinen Morgen gäbe, und wenn er sich dann pfeifend mit seiner Amsel unterhält, dann ist endgültig die Schmerzgrenze überschritten. Der restliche Humor des Films erinnert eher an die Filme der Gebrüder Zucker. Pointe jagt Pointe, flacher gehts nimmer, aber doch trifft so mancher Witz tatsächlich ins Schwarze. Natürlich gehen viele Witze ins Leere, aber man erkennt die Intention der Macher. Das größte Problem dürfte wohl die Inszenierung sein, und dafür ist das Regie-Duo verantwortlich, also müssen diese den schwarzen Peter nehmen: der Szenenaufbau ist einfach unglaublich lang. So manche Szene, die mit einer einzigen gelungen Pointe abschließen will, wird erstmal ca. 3 Minuten lang aufgebaut, bei denen im Endeffekt pure Langeweile vorherrscht. Auch eine Szene die ich kurz beschreiben will, hat ein ähnliches Problem: eine deutsche Familie beobachtet in den letzten Kriegstagen das Schlachtgeschehen aus der Wohnung. Als die Amerikaner gewinnen wird das Bild von Hitler abgehängt und Truman hervorgeholt, nur um kurz danach von Churchill, wieder Hitler und dann Stalin abgelöst zu werden. Soweit ganz lustig, wenn auch kein Brüller vor dem Herrn. Doch dann wird diese Aktion noch minutenlang wiederholt, was schlicht und ergreifend nicht mehr lustig ist. Hier wäre weniger mehr gewesen.

Jedoch muss man zugestehen, dass es unter den etlichen Witzen auch tatsächlich ein paar hervorragende gibt. Interessanterweise sind dies meistens die leiseren Töne, die zumindest mich am meisten zum Lachen bringen. Beste Zeile des Kommentators dürfte wohl nach dem Tod Hitlers sein: "Seine Tagebücher wurden 40 Jahre später gefunden und veröffentlicht, doch dadurch fiel ein Stern vom Himmel." Großartig! Auch der Volkssturm, mit Rollstuhlfahrern, Blinden und Kindern, die sich gegenseitig umbringen ist tatsächlich lustig und fast schon kritisch. Oder auch die Szene, in der Hans Bauer im Matsch der Ostfront liegt, endet mit einer grandios lustigen Auflösung. Überwiegend herrscht jedoch Klamauk der niedrigsten Sorte vor, das ist immer dämlich, manchmal absurd, aber recht selten lustig. Das mag jetzt alles schlechter klingen als es tatsächlich ist, gerade Humor ist eine absolute Geschmacksfrage. Weiter unten gibt es einen Link zu youtube. Dort ist ein kurzer Clip aus dem Film, der einen Eindruck des Humors vermittelt. Wobei man sagen muss, dass gerade die Celentano-Szenen fast am unlustigsten sind.

(Natürlich) ist der Film politisch derbe inkorrekt. Hier wird überhaupt keine Rücksicht genommen, es gibt Witze über alles und jeden, ohne Rücksicht auf Verluste oder Gefühle. Hitler, der schon als Junge Wunder vollbringt und das verebbte Bier auf einem Fest wieder zum Fließen bringt, indem er ein Hakenkreuz in die Luft malt. Oder auch Hitler als Toter, der russischen Soldaten als Geist erscheint und damit seine Übernatürlichkeit beweist. Darüberhinaus erfahren wir, dass viele Deutsche endlich ihren Jagdschein machen durften und in Niederbayern auf Judenjagd im Wald gehen (diese Szene wurde in alten deutschen Fassungen geschnitten und nicht synchronisiert), wir erfahren, dass Hitlers Hund Blondie wegen Arbeitsverweigerung im KZ geendet ist, und auch woher der berühmte Gruß kommt. Darüberhinaus werden historische Aufnahmen von Reden verschiedener Persönlichkeiten nachsynchronisiert. Und wenn dann die Mächte gegeneinander Schiffe versenken spielen, und Deutschland führt "wie es sich gehört", na dann kann man ahnen was da noch so kommen wird. Wer bei Hitlerwitzen also rot sieht, sollte sich den Film auf keine Fall anschauen.
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Ansonsten gibts reichlich Klamauk mit ein paar gelungenen Einfällen (wie die Beseitigung der amerikanischen Jugendkultur: da werden Superhelden von Spezialkommandos erschossen!) und natürlich die obligatorischen nackte Brüste, die genau zweimal auftauchen und jedesmal absolut selbstzweckhaft sind. Nun gut, das zweite Paar dient einer Pointe, aber nun ja.... Die Synchronisation des Films ist eine recht witzige Angelegenheit, verantwortlich dafür war wohl eine Berliner Kabarett-Truppe, "Die Stachelschweine". Da werden recht miese Wortwitze gerissen, dämliche Dialekte benutzt und auf Lippensynchronität vollkommen geschissen. Dem Film tut dies in all seiner Absurdität jedoch nicht unbedingt schlecht, man gleicht sich also dem Niveau an. Es gibt aber durchaus bekannte Stimmen zu hören, vor allem Hitlers Sprecher ist sehr bekannt (auch wenn ich jetzt nicht sagen könnte, woher ich den kenn).

Der bekannteste der Darsteller ist natürlich Adriano Celentano, Comedystar aus Italien und auch hier schon bei "Ein total versautes Wochenende" zu begutachten. Der Rest sind eher No-Names, Anna Cardini könnte der geneigte Horrorfan noch aus "Sado - Stoß das Tor zur Hölle auf" kennen. Regie führten Celentanos Lieblings-Regisseure Pipolo und Castellano, die öfters mit ihm zusammen arbeiteten. Auf DVD ist der Film nun ungeschnitten im Hause MIG erschienen. Das Bild ist für solch einen Film diesen Alters wirklich hervorragend. Leider kackt der Ton dagegen ziemlich ab, auch wenn der Zuschauer vor dem Film gewarnt wird, dass der deutsche Ton aus verschiedenen Quellen zusammengefügt wurde. Man versteht ihn zwar immer, aber er schwankt zwischen total dumpf, normal und leicht blechern. Extras gibts bis auf ein paar Trailer keine. Herzlichen Dank an MIG für das Rezensions-Exemplar!

Fazit: "Onkel Addi", ein Film wie er heute sicherlich nicht mehr gedreht werden würde. Er hat ein paar gelungene Witze, ein paar wirklich gute Pointen, aber auch zu viel Klamauk und Quatsch mit Soße. Man kann wohl sagen, dass man nicht unbedingt mit dem Film lacht, sondern eher über ihn. Nichtsdestotrotz "überzeugt" der Film einfach durch seine Skurrilität, durch seinen völligen Verzicht auf politische Korrektheit und die völlige Absurdität dieser Produktion. Wer mit sowas skurrilem etwas anfangen kann, kann getrost zugreifen und vielleicht mit Bier, Freunden und mehr Bier einen wunderbar abgedrehten Filmabend haben.

Eine Rezension von David Kugler
(07. Oktober 2007)
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Daten zum Film
Onkel Addi Italien 1978
(Zio Adolfo, in arte Führer)
Regie Franco Castellano, Giuseppe Moccia Drehbuch Franco Castellano, Guiseppa Moccia
Produktion Medusa Distribuzione
Darsteller Adriano Celentano, Amanda Lear, Anna Cardini
Länge 89:10 FSK 16
Filmmusik Carlo Rustichelli
Kurzer Ausschnitt: http://www.youtube.com/watch?v=z2i-ZEzBBKE
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