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Horror-Sex im Nachtexpress

Horror-Sex im Nachtexpress

Ein Film von Ferdinando Baldi

Greifen wir also doch mal ganz tief in unsere Sleaze-Kiste, rühren einmal gut darin herum und ziehen folgendes Machwerk aus den Untiefen der Exploitation-Soße: Horror-Sex im Nachtexpress! Welch schmetternder deutscher Titel! Der internationale Name „Terror Express“ ist da schon weit konventioneller, während der Originaltitel sich ganz in italienischer Tradition einer gewissen Sperrigkeit nicht erwehren kann: La Ragazza del vagone letto; zu deutsch in etwa „Das Mädchen im Schlafwagon“. Dieser Titel verweist auch schon ungefähr auf das, mit was man grob zu rechnen hat. Da ein unbenutzter Zugwagon spontan zur Verfügung stand, stöpselte man doch flott ein Script zusammen, dass sich natürlich an Wes Craven's The Last House on the Left sowie Aldo Lados Night Train Murders anlehnt, zumindest anhand einer ähnlichen Geschichte.

Zwei Handvoll verschiedenster Charaktere hat das gleiche Ziel: man will mit dem Nachtexpress von Italien nach Deutschland fahren. In dem titelgebenden Wagon finden sich diverse Ehepaare, aber auch Einzelgänger wie etwa Juliet. Diese ist das titelgebende Mädchen und Prostituierte, deren Zuhälter als Schaffner und Kellner (!) im Zug arbeitet. Pierre, der in Handschellen zu seiner Ausweisung nach Deutschland unterwegs ist, bringt immerhin etwas Recht
und Gesetz an Bord des Zuges in Form seines begleitenden Polizisten. Dies ist auch dringend nötig, denn die drei Schläger und allgemein-Irren David, Ernie und Phil haben sich eben jenen Wagon ausgesucht, um etwas „Spaß“ mit den anwesenden Fahrgästen zu haben, was natürlich jede Menge Sleaze, Terror und nackte Haut für uns Zuschauer bedeutet...

Ja, und wer denkt sich sowas überhaupt aus? Der muss doch bestimmt auch kleine Kinder fressen! Und das, liebe Leser, ist tatsächlich richtig. Niemand anderes als Luigi Montefiori hat sich diese Geschichte ersonnen und das Script geschrieben. Luigi wer? Das ist der bürgerliche Name von George „Man-Eater“ Eastman! Dabei ist dieses Drehbuch im einfachsten Sinne „basic“. Zu Beginn führt man uns die verschiedensten Passagiere vor, um sie dann ohne Umwege in den Wagon zu stecken und den Terror beginnen zu lassen. Der Cast ist dabei überraschend groß und überwiegend auch noch ziemlich sinnbefreit und überflüssig. So gibt es ein älteres Ehepaar, die Frau schwerkrank, der Mann verzweifelt – wirklich viel zur Handlung tragen die beiden aber nicht bei, ja sie interagieren größtenteils nicht einmal mit den restlichen Passagieren. Ansonsten ist das Script überraschungsarm, allzuviel kann in dem Film natürlich auch nicht passieren, schaut man sich das Szenario einmal etwas genauer an.
Horror-Sex im NachtexpressHorror-Sex im NachtexpressHorror-Sex im Nachtexpress
Denn „Horror-Sex im Nachtexpress“ beschränkt sich bis auf die Anfangssequenz am Bahnhof sowie ein kurzes Intermezzo auf den Gleisen tatsächlich nur auf einen bzw. zwei Schauplätze: der Wagon mit den Schlafabteilen, sowie der Speisewagen. Mehr gibt es nicht, und das ist auch eines der Probleme des Filmes. Schnell stellt sich eine gewisse Monotonie ein, Regisser Baldi und Kameramann Giuseppe Aquari können dem beschränkten Raum auch kaum etwas abgewinnen. Sicherlich, die Enge sorgt für Platzangst und Spannungen, aber irgendwann wird es optisch einfach sehr fad, gerade weil die Handlung praktisch nicht vorhanden ist bzw. nicht voran kommt. Somit schleichen sich trotz des schönen Sleazefaktors einige Längen ein, auch weil der Film in der Inszenierung weitgehend zurückhaltend ist; Blut fehlt quasi völlig. An Blut ist „Horror-Sex im Nachtexpress“ (welch grandioser Titel, ich kann es nur wiederholen) aber unüberraschenderweise auch weniger interessiert. Immerhin scheint das Ziel zu sein, möglichst viele der Damen unter 30 Jahren möglichst oft nackt zu zeigen.

Und bei einem Cast von Zora Kerova und Silvia Dionisio ist das natürlich erstens nicht allzu schwer, und zweitens auch verständlich. Beide Damen lassen ihre Klamotten eher selten an, gerade Frau Dionisio ist die meiste Zeit über höchstens halb verhüllt zu bewundern. Diese Fixierung auf nacktes Fleisch ist dann auch der Punkt, der den Film bei all der Blutarmut so schmierig macht. In einer wirklich derben Sequenz inszeniert Regisseur Baldi erst eine (einvernehmliche...) Sexszene, um diese dann mit Zwischenschnitten auf den Besuch eines Vaters bei der von Dionisio gespielten Prostituierten ins schlingern geraten zu lassen (da diese Szene explizit inzestiös dargestellt ist), und sie letztendlich in einer deutlich ausschweifenden Vergewaltigung durch zwei Männer gleichzeitig enden zu lassen. Brrrrr. Durch diese Verbindung von erotisch gemeintem Softcoresex und anschließender Vergewaltigung wirkt der Film derber, als er letztendlich ist. Nicht ungeschickt inszeniert, aber wohl kaum als „lobenswert“ zu bezeichnen. Dass die Sexszenen und Vergewaltigungen aber in völlig unmöglichen Stellungen stattfinden und die Darsteller dabei kaum mehr als aneinander rumhampeln, gibt diesen Szenen dann auch einen enorm lächerlichen Charakter, so dass das alles nicht wirklich zu überzeugen weiß.

Eine Tatsache, die auch Darstellerin Zora Kerova bewusst ist. In der exzellenten Featurette der DVD aus dem Hause Camera Obscura bezeichnet sie den Film dann auch völlgi frei als „voyeuristisches Z-Movie“ und hält auch nicht hinter dem Berg damit, dass sie den Film überhaupt nicht ausstehen kann. Eine Einschätzung, die man durchaus teilen kann. Selbst Autor Montefiori nennt Baldi als den falschen Regisseur für diese Art Kino. Denn zusammengefasst funktioniert „Terror Train“ weder als Trashheuler noch als derbe Exploitationkost. Zu langweilig die Inszenierung und die Szenerie, zu harmlos das eigentliche Geschehen. Erst am Ende, als der Sträfling Pierre die Sache in die Hand nimmt und einen nach dem anderen ausschalten kann, kommt so etwas wie Freude auf. Eine interessante Weise, den Film zu Ende zu bringen, auch wenn man die restlichen Untertöne getrost als unnötigen Balast von Bord schmeißen kann. Nur mag das den Film auch nicht mehr so richtig zu retten.

Allerdings muss man schon sagen, dass man dem Streifen durchaus eine Chance geben sollte: immerhin ist er der erste Film der von Camera Obscura wiederbelebten „Italian Genre Cinema Collection“. Diese lag ja vorher in der Hand von sazuma (Kenner erinnern sich an die Kritik des erste Films der Reihe), und die Veröffentlichung ist absolut liebevoll. Passendes Design, eine extra produzierte Interviewfeaturette mit verschiedenen Darstellern, und natürlich ein Booklet von Christian Kessler. Eine schöne und unterstützenswerte Veröffentlichung!

Eine Rezension von David Kugler
(08. November 2009)
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Daten zum Film
Horror-Sex im Nachtexpress Italien 1979
(La ragazza del vagone letto)
Regie Ferdinando Baldi Drehbuch Luigi Montefiori (aka George Eastman)
Produktion Rinascita Cinematografica Kamera Giuseppe Aquari
Darsteller Werner Pochath, Zora Kerova, Silvia Dionisio, Carlo De Mejo, Gianluigi Chirizzi
Länge ca. 82 Minuten FSK
Filmmusik Marcello Giombini
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