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Eine auswärtige Affäre

Eine auswärtige Affäre

Ein Film von Billy Wilder

Eine auswärtige Affäre ist eine der umstrittensten und zynischsten Komödien Billy Wilders, denn der Film behandelt die meist sehr körperbetonte Fraternisierung amerikanischer Soldaten mit deutschen Frauen. Dies lässt Wilder in der Trümmerlandschaft des zerstörten Berlins stattfinden und vereint so, auf absurde, Weise Sex und Zerstörung.
Schon die ersten Bilder des Films sind ebenso schockierend wie faszinierend. Ein Flugzeug mit amerikanischen Kongreßabgeordneten fliegt über das, nach dem zweiten Weltkrieg fast vollkommen zerstörte, Berlin. Die Abgeordneten kommentieren das Panorama teils zynisch - "Sieht aus wie ein Roquefort Käse!" -, teils betroffen, nur die Protagonistin Phoebe Frost (Jean Arthur) ist zu sehr damit beschäftigt sich Notizen zu, um den schockierenden Ausblick wahrzunehmen. Miss Frost interessiert sich kaum für das in Trümmern liegende Land, sondern mehr für das ebenso ruinierte Moralverhalten der amerikanischen Armee. Daher ist sie es auch, die die anderen Abgeordneten, die damit beschäftigt sind außenpolitische Positionen zu dikutieren, darauf aufmerksam macht, warum sie eigentlich nach Berlin fliegen – um die angeblich katastrophale Moral der amerikanischen Truppen zu untersuchen.

Nach ihrer Ankunft wird natürlich gerade jener amerikanische Offizier zum offiziellen Gastgeber von Miss Frost benannt, der am schlimmsten von jener 'moralischen Malaria' befallen ist. Captain John Pringle (John Lund), hat eine Affä
re mit der Nachtclubsängerin Erika von Schlütow (Marlene Dietrich), die verdächtigt wird einen hohen Nazi-Schergen zu decken. Also erweckt Captain Pringle absichtlich den Eindruck sich für die kühle Miss Frost zu interessieren, um so seine Beziehung mit Erika geheim zu halten.
Selbstverständlich erliegt Miss Frost seinen Verführungskünsten und verliebt sich in ihn. Besonders witzig ist dabei jene Szene, in der John Pringel ihr seine Liebe gesteht und sie völlig hin- und hergerissen reagiert - einerseits ihrem aufkeimenden Verlagen nachgeben möchte und andererseits verzweifelt versucht seinem Charme zu widerstehen.
Doch auch Erika, die in Miss Frost sehr schnell eine Rivalin erkennt, ist nicht dazu bereit ihren Geliebten aufzugeben.

Das Resultat ist eine ungewöhnliche Dreiecksbeziehung, wie man sie so häufig in Wilders Filmen vorfindet. Der Held steht zwischen zwei vollkommen unterschiedlichen Frauen - einer verdorbenen, aber glamourösen (Dietrich) und einer anständigen, aber völlig frigiden (Arthur).
Des weiteren verkörpert Phoebe Frost die Selbstgefälligkeit des amerikanischen Systems, das die politische und soziale Realität im besetzten Deutschland einfach nicht wahrhaben will. Aus eben diesem Grund kann Miss Frost's Verwandlung, von einer empört, verklemmten Anstandsdame zur einer hingebungsvollen Geliebten, aber auch als Wilders Rache am amerikanischen Puritanismus verstanden werden.
Erika dagegen ist desillusioniert und wird bestimmt durch ihren Überlebenswillen und Kampfgeist. Ihre Verschlagenheit, sich den politischen Systemen nach Belieben anzupassen, kann damit als Kritik Wilders am deutschen Opportunismus verstanden werden.

Letztendlich muss Erika daher in die Gefangenschaft und John Pringle, den Gesetzen des klassischen Hollywood Kinos entsprechend, in die Ehe mit Miss Forst überführt werden.
Dazwischen spielen sich jedoch, den Ruinen Berlins entsprechend, Szenen schmutzig, sinnlicher Sexualität ab (natürlich alles im Rahmen eines Films der 1940er Jahre!). Berlin ist ein Ort in einem Übergangszustand, in dem auch das Leben, das sich in eigentlich unbewohnbaren Räumen abspielt, in ungeordneten Bahnen verläuft. Damit sind nicht nur diese Räume gezeichnet von Vermischungen und Grenzüberschreitungen, sondern auch die Sexualität die in ihnen stattfindet.
Eine für die damalige Zeit besonders schockierende Szene ist z.B. jene, in der die Beziehung von John Pringle und Erika eingeführt wird. Captain Pringle schlendert pfeifend, eine Matratze unterm Arm tragend durch die Ruinen, zu Erikas Wohnung, die sich in eben einer solchen Häuserruine befindet. Erika öffnet ihm die Tür im Morgenmantel und spuckt ihm wütend ihr Zahnputzwasser ins Gesicht. Während sie weiterhin tobend John beschimpft wischt sich dieser sein nasses Gesicht mit ihren Haaren ab. Auch kann er Erika sehr schnell friedlich stimmen, als er ihr die Geschenke zeigt, die er ihr mitgebracht hat.
Insbesondere diese Szene, die sehr deutlich darstellt, dass die Beziehung zwischen den Beiden rein physischer Natur ist, war eine enorme Verletzung der damaligen ästhetischen Normen. Es ist daher durchaus möglich, dass der Film ohne Marlene Dietrich als Star niemals von der Zensur freigegeben worden wäre.

Tatsächlich fand die Uraufführung von Eine auswärtige Affäre in Deutschland auch erst mit 29 Jahren Verspätung im Fernsehen statt und erst 1991 kam die Originalfassung mit deutschen Untertiteln in die Kinos. Aber auch in den USA lief der Film nur sehr kurz in den Kinos, obwohl war ein finanzieller Erfolg. Dies lag daran, dass Paramount den Film zurückziehen musste, da er beim amerikanischen Kongress und beim Verteidigungsministerium auf vehementen Widerstand gestoßen war. Sie bemängelten, dass die Amerikaner nicht als moralisch, überlegene Befreier und die Deutschen nicht als böse dargestellt wurden. Außerdem warf man Wilder vor unpatriotisch zu sein und schlechten Geschmack zu verbreiten.

Auch steht der Film der historischen Zeit, in der er spielt, sehr nahe und bildet damit, insbesondere bezüglich des Fraternisierungsverhaltens der amerikanischen Soldaten mit den deutschen 'Fräuleins', tatsächlich einen Teil der historischen Realität ab. Doch auch aufgrund der visuellen Ausdruckskraft der zerbombten Trümmerlandschaft Berlins ist Eine auswärtige Affäre wiederholt als der neorealistische Film Wilders bezeichnet worden.

Eine Rezension von Christina Heiser
(23. April 2007)
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Daten zum Film
Eine auswärtige Affäre USA 1948
(A Foreign Affair)
Regie Billy Wilder Drehbuch Billy Wilder & Charles Brackett
Produktion Paramount Pictures
Darsteller Marlene Dietrich, Jean Arthur, John Lund
Länge 116 min. FSK 12 Jahre
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