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Local Hero

Local Hero

Ein Film von Bill Forsyth

(GB, 1983)



"Keep watching the sky, MacIntyre!"



Kein Stress. Keine Hektik. Keine Termine. Mit dem Trenchcoat durch norddeutsche Dünen schlendern, sich in den Sand plumpsen und fünfe gerade sein lassen. Und darauf noch ein Bier! Es hat seine Gründe, warum sich Großstädter so gerne und immer öfter in die Landidylle träumen. Kommt einem erst in der Abgeschiedenheit der Natur eine Ahnung davon, dass modernes Leben Kraft und Nerven kosten kann?

Local Hero (1983), der dritte Film von Bill Forysth, spielt von der ersten bis zur letzten Szene die Fragen durch, die lebenswichtig werden können. Wo gehöre ich hin? Wie möchte ich leben? Wie finde ich mein Glück? Es geht um Heimat, es geht um Erfüllung, ja es geht sogar um die reichlich unoriginelle Frage nach dem Sinn des Lebens.

In der ersten Szene sehen wir ein großes, schickes Auto, das durch den Morgenverkehr über einen Highway in Housten/Texas rauscht. Es gehört „Mac“ MacIntyre (Paul Riegert), Manager in einer großen Ölgesellschaft. Chef ist der exzentrische Milliardär Felix Haper (Burt Lancester), der auf Konferenzen wegpennt und sich lieber für die Sterne als für den Kapitalismus interessiert. Er hat einen Psychologen engagiert der ihn beschimpfen soll, weil ein Big Boss wie er, unangefochten an der Spitze der Nahrungskette, von Ja-Sagern umzingelt ist.

MacIntyre wird beauftragt in ein
kleines schottisches Dorf zu fahren, um den Bewohnern ihr Land abzukaufen, damit dort eine große Raffinerie gebaut werden kann. Mac bekommt den Auftrag weil jeder in der Firma denkt er wäre Schotte. Macs Vorfahren sind aber Ungaren, seine Großeltern dachten MacIntyre klinge amerikanisch. Genau diese genealogische Beliebigkeit wird im Laufe des Films gerade gerückt.

Zusammen mit dem Außendienstmitarbeiter Danny Oldson (Peter Capaldi) macht er sich auf den Weg ins Dorf um dort den Geldkoffer aufzumachen, nicht ohne sich auf ein zähes Ringen mit den Eingeborenen eingestellt zu haben. Doch die sind dem Verkauf ihres Landguts alles andere als abgeneigt, aber das zeigen sie natürlich nicht. Strategie! Fast könnte sich Mac am Ende mit dem Rädelanführer, dem gewitzten Anwalt und Hotelbesitzer Gordon Urquhart (Dennis Lawson) einig sein, bis sich unerwartet doch noch Probleme ergeben. Und langsam aber merklich beginnt Mac zu begreifen, was für ein Glück man an einem solchen Ort finden kann.

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Forsyths Komödie, eine Mischung aus subtiler Satire und poetischer Milieustudie, war wohl deshalb bei Publikum und Kritik so erfolgreich (auch in den USA) weil sie eine Welt zeigte, die Anfang der achtziger Jahre mit Beginn der konservativen Revolution unter Thatcher und Reagan etwas in Vergessenheit zu geraten schien. Eine wohlgeordnete und idyllische Welt, in der nicht der Kampf sondern das Miteinander das Leben bestimmen. Vielleicht zählt aber auch dass der schottische Regisseur alles richtig machte und an den rechten Platz stellte. Der Plot, die Figuren, das Setting, die Musik – ein Film wie aus einem Guss.

Vor allem macht es Sinn sich einmal vorzustellen wie Local Hero ausgesehen hätte, wäre dieser Stoff von einem amerikanischen Regisseur verfilmt worden. Die Chancen hätten gut gestanden dass ein ähnlich guter Film daraus geworden wäre. Aber keinesfalls wäre es das gleiche gewesen. Irgend etwas würde fehlen.

Forsyth erzählt anders. Gelassen, lakonisch, unprätentiös. Was andere Filmemacher in überdeutliche Zeigehandlungen gepackt hätten, damit ja keiner die Botschaft übersieht, streift der Schotte in kurzen, manchmal sinnbildlichen Bildern. Wenn zum Beispiel Macs Uhr, eingestellt auf einen nervenden, piependen Weckruf, langsam im Meer versinkt und der Ton erstickt. Oder wenn er eines Nachts einen Kometenschauer sieht und überwältigt ist. Ein Mann, ein Himmel, ein Caspar David Friedrich-Motiv. Oder wenn er in der Telefonzelle hockt (dem einzigen Kommunikationsmittel zur Außenwelt im ganzen Dorf) und meint: "I need more change" und noch nicht begreift, dass es noch etwas anderes als das Wechselgeld sein könnte, oder sein Boss ihn immer wieder anmahnt den Himmel im Auge zu behalten.

Vor allem umkurvt Forsyth alle Klischeefallen, die im eigens geschriebenen Drehbuch lauern. Mac wirkt von Anfang an nicht wie ein seelenloser Geldhai im Anzug, sein trauriges Leben wartet geradezu auf einen Neuanfang. Die Dorfbewohner sind keine sabbernden Hillbillies, sondern stoische Lebenskünstler, die beim Fischen Vor- und Nachteile eines Rolls Royce gegenüber eines Maseratis erörtern. Und Harper - obgleich er den Gestus des herrschenden Herrschers nie ganz ablegt, am Ende entpuppt er sich als größter Träumer von allen.

Natürlich könnte man erwidern: Mein Gott, die Achtziger haben sich bis aufs Land durchgefressen. Was wäre für so eine These bezeichnender als geldgeile Einheimische, die lieber ihre schöne Küste verschachern und dem süßen Millionärsleben entgegenfiebern, anstatt den seelenlosen Bossen ‚aus USA’ die Stirn zu bieten. Doch Forsyth ist an David-gegen-Goliath-Schmonzetten nicht interessiert. Er stellt klischierte Konfigurationen auf den Kopf und lässt am Ende doch alles in Wohlgefallen auflösen. In eine Win-Win-Situation, wie der BWLer sagt.

Am Ende steht eine Komödie, in der bis zum Schluss alle lernen und reifen. Dass Forsyth so etwas derart unaufdringlich und charmant verpacken konnte ist vielleicht seine größte Leistung.

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Die Musik stammt übrigens von Mark Knopfler, der sich in dieser Dekade eine Art Begleitband namens Dire Straits hielt. Meistens sind es federleichte, schnurrige Gitarrentupfer, von ein paar Keyboards umweht. Das Hauptthema, eine Ohrwurmmelodie in Lokalkolorit, spielt er auch heute auf Konzerten gerne noch mal an (Theme from 'Local Hero').

In der letzten Szene muss Mac in sein altes Leben zurück. Sein Blick schweift durchs teure Appartement, über die protzige Stadt. Er wäre so gerne dageblieben. Viele Menschen halten das für ein trauriges Ende. Doch in der letzten Einstellung sehen wir die einsame Telefonzelle im Dorf. Es klingelt. Abspann. Noch einmal Knopflers Thema, diesmal im donnernden Achtziger-Rock.

Ist das nun Verzweiflung? Oder eher eine Ansage, zurückzukommen?

Im selben Jahr, 1983, hatte Paul Young einen Welthit. Wie ging der noch gleich? "Come back and stay for good this time."

Eine Rezension von Gordon Gernand
(04. Mai 2009)
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Daten zum Film
Local Hero Großbritannien 1983
(Local Hero)
Regie Bill Forsyth Drehbuch Bill Forsyth
Produktion Celandine Films, Enigma Productions, Goldcrest Films International Kamera Chris Menges
Darsteller Burt Lancaster, Peter Riegert, Denis Lawson, Peter Capaldi, Jenny Seagrove
Länge 111 Min. FSK
Filmmusik Mark Knopfler
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