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Wild Hunt

Wild Hunt

Ein Film von Alexandre Franchi

Was bringt erwachsene Menschen dazu, sich in mittelalterlichen Rüstungen zu vermummen und mit allerlei Gummischwertern sowie Plastikäxten die Birne weichzukloppen?

Diese Frage hat sich offensichtlich auch der Kanadier Alexandre Franchi gestellt und sich daraufhin entschlossen, einen Film über die sogenannten LARPs, was für Live Action Role Play steht, zu drehen.

Erik (Ricky Mabe, „Zack And Miri Make A Porno”) lebt zusammen mit seinem pflegebedürftigen Vater in einer bescheidenen Wohnung, während sein Bruder Björn (Mark Antony Krupa) das große Abenteuer im Rollenspiel sucht und sich langsam von der tristen Realität zu verabschieden droht.

Auch in der Liebe läuft es für ihn aktuell nicht ganz so harmonisch wie geplant: Seine Freundin Lyn (Kaniehtiio Horn) ist ebenfalls dem Schlachtruf Björns gefolgt und lässt sich lieber in dem gestellten Fantasy-Reich von einer Horde Möchtegern-Barbaren versklaven, als zusammen mit ihrer besseren Hälfte am Tisch über die gemeinsamen Probleme zu sprechen.
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Als Erik jedoch herausbekommt, welche durchaus ernsten Machtspielchen während der Wald-und-Wiesen-Knüppeleien ausgetragen werden, fasst er schließlich den Entschluss, Lyn aus dem Szenario herauszuholen.

Doch er hat dabei nicht die Engstirnigkeit der dort anwesenden Teilnehmer einkalkuliert und dass diese auch notfalls mit Gewalt gegen die Untergrabung ihrer erfundenen Machtstellung ankämpfen.
Widerwillig muss er nun Seite an Seite mit seinem Bruder standhalten, um nicht von Massen moderner Wilder überrannt zu werden…

In „Wild Hunt“, den man Genre-technisch nur schwerlich in eine Schublade stecken kann und deshalb eher die Eckpunkte Drama, Thriller und Komödie als Orientierung bemühen sollte, gelingt es Regisseur Franchi einerseits ausgezeichnet, seine Zuschauer einmal direkt in die Welt solcher Rollenspieler hinein zu katapultieren und gleichzeitig – wenn auch zunächst auf eine sehr humorvolle Art – auf die Gefahren hinzuweisen, die ein solcher (wenn auch vielleicht nur kurzfristiger) Rückzug aus dem wahren Leben mit sich bringen kann.

Denn auch wenn das unechte Wikinger-Reich mit seinen geekigen Bewohnern zu Beginn noch harmlos und irgendwie kindlich-naiv anmutet, muss Erik, aus dessen Perspektive wir das Abenteuer erleben, bald erfahren, dass es nicht nur schwierig ist, seine Lyn aufgrund des finsteren „Schamanen Murtagh“ (Trevor Hayes), in dessen Krallen sie sich befindet, zurückzuerobern, sondern dass seine Angebetete ebenfalls einen Tropfen zu viel aus dem eskapistischen Zaubertrank genommen und sich bereits recht vorbildlich als „Prinzessin Evlynia“ in ihr „neues Leben“ integriert hat.

Das Spiel, welches eigentlich der Ablenkung von dem Alltagsstress dienen sollte, beginnt plötzlich Überhand zu nehmen und die Realität quasi auszusperren.
Der kleine Raum, welcher als Garderobe dient und ebenfalls von zwei LARP-Jüngern betrieben wird, stellt für Erik die einzige Schnittstelle zwischen den beiden so unterschiedlichen Welten dar.
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Die ursprünglich als so simpel angesehene Rettungsaktion fühlt sich hinter dem Holzwall plötzlich eigenartig an, wenn man nun – mitten im einundzwanzigsten Jahrhundert! - von Menschen in Rüstungen schief ansehen wird, als ob man gerade erst aus einem Raumschiff gestiegen wäre.

Erst nach dem ersten Fehlversuch, Lyn auf vermeintlich „altmodische“ Weise zu ihrer Rückkehr zu überreden und der mürrischen Einwilligung, auf dem Spiel-Boden selbst in eine alternative Rolle zu schlüpfen, erkennt Erik, dass er sein Ziel nur erreichen kann, wenn er den dortigen Regeln zustimmt und endlich beginnt, im wahrsten Sinne des Wortes, zu kämpfen.

An diesem Punkt legt „Wild Hunt“ die Abenteuer-Welt sehr schön neben die Realität und lässt die Zuschauer eine sehr wichtige Übereinstimmung erkennen: Wenn man sich nicht für etwas Wichtiges mit Haut und Haaren einsetzt, wird man es nicht bekommen. Basta. Ob dafür nun die erwähnten Plastikschwerter vonnöten sind, ist fraglich.
Es geht vielmehr darum, dass Erik in seinem wahren Leben seine Zuneigung zu wenig gezeigt hat und nun eben eine Extraportion Mumm und Eier in das Schlachtgetümmel rund um die Prinzessin mit einzubringen muss, um diese endlich wieder in seinen Armen halten zu dürfen.

Allerdings läge es Franchi fern, mit seinen großartigen Kulissen oder natürlich fotografierten Aufnahmen zu versuchen, aus dem Publikum lediglich eine neue LARP-Anhängerschaft zu züchten.
Letztlich erzählt der Film auch einfach nur eine Geschichte und steht den Rollenspielen selbst mit ihren Pros und Cons - ihrem Spaßgehalt ebenso wie ihren unangebrachten Machtstrukturen sowie einer gewissen Gewaltbereitschaft – unterm Strich recht neutral gegenüber.

Wie bereits zuvor angesprochen, bleibt es nicht bei dem spannend-lustigen Abenteuer und das Werk endet sehr viel bitterer als man das zu Beginn erwartet hätte.

Hier stellt sich dann spätestens die Frage, wie weit man sich von dem Hier und Jetzt entfernen darf, bis fatale Konsequenzen drohen.

War es das alles wirklich wert?
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Der sehr interessante und empfehlenswerte „Wild Hunt“ zeigt uns letztlich auch erneut überzeugend auf, dass selbst im modernen Menschen - in einem Zustand ohne Gesetze oder Regeln - irgendwo immer noch ein wildes Raubtier haust…

Eine Rezension von Bastian G.
(24. Februar 2011)
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Daten zum Film
Wild Hunt Kanada 2009
(The Wild Hunt)
Regie Alexandre Franchi Drehbuch Alexandre Franchi & Mark Antony Krupa
Produktion Animist Films, Mad Monkey Films Kamera Claudine Sauvé
Darsteller Ricky Mabe, Mark Antony Krupa, Trevor Hayes, Kaniehtiio Horn, Kent McQuaid, Claudia Jurt, Nicolas Wright, Kyle Gatehouse, Terry Simpson, Spiro Malandrakis, Victor Trelles, Martin Stone, Holly O'Brien, Nicholas Simard, Claude Gauthier
Länge 91 min. FSK ab 16 Jahren
http://www.wildhuntfilm.com/
Filmmusik Gabriel Scotti & Vincent Hänni
Der Film wurde im Rahmen des "Fantasy-Filmfests 2010" in der englischen OV vorgeführt! Die deutsche DVD aus dem Hause "Ascot" ist seit dem 02.12.2010 erhältlich.
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