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von Bernhard Braunstein, Martin Hasenöhrl




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Bug

Bug

Ein Film von William Friedkin

Die Kellnerin Agnes ist ziemlich am Ende der Nahrungskette angekommen: sie lebt in einem heruntergekommenen Motelzimmer, kellnert in einer Lesbenbar und darüber hinaus bedroht sie auch noch ihr gewalttätiger und vorbestrafter Ex-Mann. Agnes leidet unter einem Trauma, seitdem ihr Sohn im Alter von 6 Jahren spurlos verschwand, was ihr Leben vollkommen zerstörte. Eines Abends bekommt sie nach der Arbeit von ihrer einzigen Freundin R.C. Besuch, die Peter im Schlepptau hat. R.C. will mit Agnes auf eine Pary gehen, doch diese hat keine Lust, und auch Peter bleibt lieber bei Agnes im Motel. Beide kommen sich näher, und Peter enthüllt gegenüber Agnes seine Vergangenheit - was für beide fatale Folgen hat...

"Bug" ist, wenn man dem Programmheft des Fantasy Film Fests glauben darf, das Comeback und der neue Megahit von William Friedkin. Friedkin zeichnete sich vor allem in den 70ern für ein paar Kultfilme höchstpersönlich verantwortlich, darunter "French Connection" und natürlich "Der Exorzist". Ich persönlich mag den Exorzisten überhaupt nicht und halte ihn für einen der überschätztesten Filme. Trotzdem ging ich mit recht hohen Erwartungen an "Bug" heran, nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen Vorschusslorbeeren gab ich Herrn Friedkin eine weitere Chance. "Bug" selbst ist die Verfilmung eines erfolgreichen Theaterstückes, dass Friedkin begeisterte, so dass er sich entschloss, das ganze zu verfilmen. Sicherlich ist "Bug" ein sehr intensiver Film, aber so
richtig überzeugen kann das trotzdem nicht. Was nicht zuletzt daran liegt, dass Friedkin eben genau das getan hat, was ich geschrieben habe: Friedkin filmt praktisch ein Theaterstück ab, ohne auf die Besonderheiten und Unterschiede der beiden Medien Theater und Film zu achten. Und genau da liegt dann auch ein großes Problem von "Bug".

"Bug" wird weitläufig als Horrorfilm beworben, was (natürlich) mal wieder total Unfug ist. Sicherlich könnte man das ganze als psychologischen Horror bezeichnen, aber die Betonung muss hier auf der psychologischen Komponente liegen. "Bug" beinhaltet fast keine Horrorszenen im klassischen Sinne, sondern beschäftigt sich hauptsächlich mit vielen Dialogszenen, so dass der Film ungemein redefreudig anzusehen ist. Das hat sicherlich Vorteile. Friedkin lässt sich extrem viel Zeit die Charaktere einzuführen, er räumt ihren Problemen Platz ein und baut dadurch doch eine dichte Atmosphäre auf. Man wartet gespannt auf das was kommen mag, da der Zuschauer sehr ahnungslos bleibt und gerade die Figur von Peter sehr mysteriös erscheint. Was er will, wer er ist und woher er kommt bleibt alles sehr nebulös und auch seine Aussagen wirken eher verwirrend als wirklich aufklärerisch. Das ganze Geschehen ist kammerspielartig inszeniert, wo schon das erste Problem des Films liegt: Friedkin schafft es nicht, die Vorlage zu verlassen und die theater-bedingte Schauplatzarmut aufzupeppen, so dass das eh schon kleine Apartment eher wenig Klaustrophobie aufbauen kann, da der Zuschauer keinerlei anderen Schauplatz kennt.

Trotzdem bietet der Film gerade zu Beginn ein paar hervorragende Ansätze um einen gediegenen Horrorfilm aufzubauen. Der Zuschauer erfährt wenig, man hat keine Ahnung wohin das alles gehen soll, und ist trotzdem gefesselt von den Figuren. Die erste längere Dialogszene zwischen Agnes und Peter vor dem Motel bei Nacht ist ungemein spannend inszeniert und extrem creepy. Überhaupt ist der Film ziemlich gut gespielt, gerade die beiden Hauptdarsteller Ashley Judd und Michael Shannon harmonieren sehr gut. Beide haben auch kein Problem mit Nacktheit, so dass der Film für eine amerikanische Produktion sehr freizügig wirkt, ohne das als vordergründigen Skandalfaktor zu nutzen. Jedoch ist hier ein weiteres Problem von Friedkins Inszenierung zu finden, da er es nicht schafft, seine Schauspieler vor allem gegen Ende zu bremsen und daran zu erinnern, dass sie in einem Film mitspielen. Gerade am Ende und dramatischen Höhepunkt neigen die beiden fast schon zu Overacting, was im Theater sicherlich wichtig und notwendig ist, im Film aber eher störend wirkt. Trotzdem spielen die beiden vor allem in der ersten Hälfte hervorragend und auch das Thema der Insekteninvasion wird glaubwürdig dargestellt. Hier gibt es dann auch einige relativ eklige Szenen, Leute mit Zahnproblemen dürfen sich jetzt schon freuen.

"Bug" ist wahrlich kein schlechter Film und ein ziemlich intensives Erlebnis, vollkommen überzeugen konnte er mich trotzdem bei weitem nicht. Neben den zuvor geschriebenen Problemen aber auch Stärken stellt sich dann doch noch eine zentrale Frage: "Warum das ganze?" Der Kern des Films, der tiefere Sinn blieb mir dann doch irgendwie verschlossen. Ist das ein Kommentar auf den Krieg? Soll der Film die Möglichkeit und Absurdität von Verschwörungstheorien behandeln? Will "Bug" das Psychogramm zweier kaputter Seelen sein? Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in dem Mix aus allem, bleibt dabei jedoch recht diffus. Überhaupt erinnert "Bug" vom Stil her doch etwas an David Lynch. Die Szenen sind wie die Dialoge eher assoziativ aneinandergereiht, es wird so manche Brücke geschlagen die manchmal nicht ganz klar zu erkennen ist, und auch das manchmal absurde Ende von Szenen erinnert an den Meister. Trotzdem beherrscht Friedkin nicht die Kunst von David Lynch, da "Bug" dann doch zu konkret bleibt und im Gegensatz zu Filmen wie "Mulholland Drive" einfach zu sehr in der Realität verankert ist.

Gestemmt wird dieser Film eigentlich nur von 3 Schauspielern. Ashley Judd spielt die weibliche Hauptrolle Agnes mit vollem Körpereinsatz und vielen Tränen. Sie wirkt zu Beginn passend aufgedunsen, überzeugt in dem meisten Szenen, wenn auch gegen Ende wie gesagt etwas zuviel des guten aufgefahren wird. Sie war unter anderem in "Doppelmord" zu sehen. Michael Shannon spielt Peter, den er auch schon auf der Bühne verkörperte. Er bietet vielleicht die beste Leistung des Films, er spielt den zu Beginn Mysteriösen, dann später eher wahnsinnigen Kriegsveteranen sehr dramatisch und hat auch meherere Nacktszenen mit angedeuteter male-full-frontal-nudity, was in einem amerikanischen Film sicherlich etwas Besonderes ist.

Der Film lief auf dem Fantasy Film Fest und wurde nun von Ascot auf DVD veröffentlicht. Eine Bewertung fällt mir aber schwer: die DVD hat mal wieder diesen unsäglichen X-Protect Kopierschutz! Also konnte ich, wie bei "Mulberry Street" mal wieder die DVD nicht auf dem Laptop abspielen, so dass ich einen uralten Billig-Player rauskramen musste der ein extrem schlechtes Bild hat. So weit ich das erkennen konnte, ist das Bild prinzipiell nicht schlecht, die deutsche Synchro ist professionell, auch wenn der Beaver-Wortwitz nicht übersetzt wurde/werden konnte. Eigentlich eine ganz gute DVD, aber wie gesagt, X-Protect...
Trotzdem vielen Dank für das Bereitstellen eines Rezensions-Exemplares!

Fazit: "Bug" ist ein sehr intensiver Film, der den Zuschauer doch faszinieren kann. Jedoch hat er einige Probleme in seiner Inszenierung, so dass er nicht der erwartete Hammer ist. Mir persönlich fällt eine Bewertung doch recht schwer, da ich nicht genau weiß, was ich von dem Film halten soll. Das geht jedoch gut mit dem sonstigen Tenor im Netz einher, wo der Film sehr unterschiedliche Wertungen bekommt. Interessierte können den gerne mal antesten.

Eine Rezension von David Kugler
(21. Dezember 2007)
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Daten zum Film
Bug USA 2006
(Bug)
Regie William Friedkin Drehbuch Tracy Letts
Produktion Lions Gate Films
Darsteller Ashley Judd, Michael Shannon, Harry Connick Jr.
Länge 97:28 FSK 16
Filmmusik Brian Tyler
Kommentare zu dieser Kritik
Bastian TEAM sagte am 31.12.2007 um 12:22 Uhr

Gebe dir völlig recht: Mir ist auch unklar, was das Ganze eigentlich soll! Komischer Streifen.
Bastian TEAM sagte am 31.12.2007 um 12:22 Uhr

Gebe dir völlig recht: Mir ist auch unklar, was das Ganze eigentlich soll! Komischer Streifen.
Bastian TEAM sagte am 31.12.2007 um 12:24 Uhr

Eigentlich wollte ich nur einen Kommentar darunter setzen - tja, so kanns kommen;-)
Claude Sautet sagte am 26.03.2009 um 21:59 Uhr

Die Rezension geht mir zu wenig auf die Machart des Films ein-und die halte ich in ihrer suggestiven Wirkung für brillant.

Filme sollten immer zwingend inszeniert sein-und "Bug" ist zwingend inszeniert.Eine der wenigen Ausnahmen in der heutigen Filmlandschaft.Mir fällt aus neuerer Zeit zum Beispiel der Film "Birth" ein,welcher eine ähnliche Geschlossenheit aufweist;bei ganz anderer Machart.
Das wichtigste an "Bug" ist,Friedkin meint es ernst.
Obwohl auch dieser Film friedkintypisch einen realistischen Stil aufweist,ist er auf verschiedenen Ebenen interpretierbar.Es ist letztendlich zweitrangig und Mittel zum Zweck,daß die Hauptdarstellerin ein Alkohol und Drogenproblem hat;daß sie eine gescheiterte Beziehung hinter sich hat;daß sie von ihrem Ex-Mann heimgesucht wird.Es ist ebenso zweitrangig,daß der Mann,mit dem sie zusammenkommt,diese Vergangenheit hat.Es spielt auch keine Rolle,daß er eine Geisteskrankheit hat,die sich thematisch im gezeigten Insektenwahn äußert.
Was der Film zeigt-und da wird er unangenehm-ist,daß einsame Seelen-ich halte die Frau für die Hauptdarstellerin des Films-bereit sind,aufgrund ihrer Vergangenheit und ihrer gegenwärtigen Lebenssituation,die aus der Vergangenheit resultieren mag,eine Beziehung von dergestalt,wie sie in "Bug" gezeigt wird,einzugehen.
Man überlege als Zuschauer,von was sich die Hauptdarstellerin überzeugen läßt oder besser gesagt,was sie am ende des Film glaubt,was die Realität ist.Was dem Zuschauer als Wahngebilde offenbar ist,wird für sie zur Realität und das Ende ist aus ihrer Sicht vollkommen logisch.
Der Film handelt im Grunde von nichts geringerem als von der Wahrnehmung von Wirklichkeit und ihrer Relativität,wenn man eine menschliche Beziehung zu jemandem anderen eingehen muß,um der Einsamkeit zu entgehen,auch wenn es,,wie in "Bug" bar jeder objektiven Vernunft ist.
Claude Sautet sagte am 26.03.2009 um 22:04 Uhr

Bewertung:

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