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Southland Tales

Southland Tales

Ein Film von Richard Kelly

„We saw shadows of the morning light / the shadows of the evening sun / till the shadows and the light were one“

(Jane's Addiction, „Three Days“)*


Mit „Donnie Darko“ hat der Spielfilm-Regiedebütant Richard Kelly bereits 2001 einen der größten Kultfilme der letzten Jahre geschaffen, der zudem auf diversen Festivals zahlreiche Preise einheimsen konnte.
Obwohl das nur 5 Millionen US $ teure Werk aus kommerzieller Sicht an den amerikanischen Kinokassen alles andere als ein Erfolg gewesen ist, hat sich dennoch bald weltweit die Qualität der originellen Mystery-Geschichte herumgesprochen, so dass sie zumindest auf dem DVD-Markt einen absoluten Dauerbrenner darstellte und inzwischen auch als gut 20 Minuten längerer „Director's Cut“ vorliegt.

Da sich der junge Regisseur Kelly mit seinem Erstling folglich einen beachtenswerten Fankreis aufgebaut hat, durfte man gespannt sein, was das Talent wohl als nächstes aushecken würde.
Nach einem kurzen Ausflug als Drehbuchlieferant für den von Tony Scott realisierten, sehr ansprechenden Action-Thriller „Domino“ (2005) hat er also bei der Science-Fiction-Satire „Southland Tales“ erneut auf dem Regiestuhl Platz genommen und dabei kein mi
nder ambitioniertes Werk wie „Donnie Darko“ abgeliefert.
Im Gegenteil: Bei Richard Kellys neuestem Streich handelt es sich um ein rund zweieinhalb-stündiges Epos, dessen Geschichte zudem noch in drei „Graphic Novels“ fortgesetzt bzw. vertieft wird.
Genau wie bei dem Vorgänger erschafft sich der Regisseur bei „Southland Tales“ eine eigene Version der Realität, der der Zuschauer zunächst einfach folgen muss, ohne sie dabei rational vollständig erfassen zu können.
Southland TalesSouthland TalesSouthland Tales
Texas, 4. Juli 2005:

Eine Handkamera schweift während eines Kindergeburtstages durch ein Haus. Von draußen vernimmt man vergnügtes Kreischen, während ganz plötzlich durch ein Fenster ein greller Blitz zu sehen und ein ohrenbetäubendes Geräusch zu hören ist. Reflexartig folgt die Person mit der Kamera den anderen schockierten Menschen auf die Strasse. Von dort ist ein riesiger Atompilz zu sehen, der sich bedrohlich am Himmel auftürmt…

Nun erzählt der Kriegsveteran Pilot Abilene (Popstar Justin Timberlake, „Alpha Dog“, „Black Snake Moan“) während diversen Nachrichten-Einspielungen was sich seit den genannten Detonationen im Jahre 2005 bis zum „Jetzt“ zugetragen hat:
Nach den Ereignissen sind die USA im Chaos versunken und ein dritter Weltkrieg zwischen dem Irak, Iran, Afghanistan, Syrien und Nord-Korea ist ausgebrochen, in dessen Verlauf die Ölreserven der Weltmacht auszugehen drohten. Aus diesem Grund hat sich das Land die Erfindung des deutschen Wissenschaftlers Baron von Westphalen (Wallace Shawn) zu Nutze gemacht, welcher im Ozean eine Maschine entwickelt hat, die eine Form von drahtloser Elektrizität, „Fluid Karma“ genannt, synthetisiert.

Da sich unter der Bevölkerung diverse Gruppen von Extremisten und Rebellen gebildet haben – unter ihnen die „Neo-Marxisten“, die es sich zu Aufgabe gemacht haben, die Republikaner zu zerschlagen -, ist der seit dem 11. September in Kraft getretene „Patriot Act“ so sehr verschärft worden, dass inzwischen ein Visum benötigt wird, um aus Kalifornien aus-und einzureisen: Der einstige Bundesstaat hat sich nämlich vom Rest der USA abgespalten und bildet das „Southland“, welches an den Grenzen mit Scharfschützen auf Türmen besetzt ist.
Außerdem haben die Republikaner um den texanischen Senator und Präsidentschaftskandidaten Bobby Frost (Holmes Osbourne), sowie dessen Frau Nana Mae Frost (Miranda Richardson, „Paris, je t/ aime“), die Organisation „US-IDENT“ ins Leben gerufen, welche es ermöglicht, das gesamte Internet und die Bevölkerung auf einer Vielzahl von Bildschirmen zu überwachen…
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„This is the way the world ends - Not with a whimper, but with a bang.“

Der berühmte Schauspieler Boxer Santaros (Dwayne Johnson, „Welcome To The Jungle“), der mit der Senatoren-Tochter Madeline Frost (Mandy Moore, „American Dreamz“) liiert ist, wird vermisst und es wird angenommen, dass jener von den „Neo-Marxisten“ entführt worden ist. In Wirklichkeit ist er am Strand von Santa Monica mit Gedächtnisverlust erwacht und hält sich seitdem bei der Ex-Porno-Darstellerin Krysta Now (Sarah Michelle Gellar, „Eiskalte Engel“, „The Grudge – Der Fluch“) auf, die tatsächlich Kontakte zu der berüchtigten Rebellen-Verbindung unterhält und Boxer zu manipulieren versucht.
Um Nachforschungen zu seiner neuen Filmrolle anzustellen hängt sich Boxer an den Cop Ronald Taverner (Seann William Scott, „American Pie“), der ebenfalls an Amnesie leidet und von den „Neo-Marxisten“ als „Werkzeug“ benutzt wird, um ihnen dabei zu helfen die anstehenden Wahlen in Florida zu Ungunsten der Republikaner ausfallen zu lassen und „US-IDENT“ zu zerstören…

Die Geschichten dieser drei Hauptfiguren bilden das Herzstück zu Kellys neuer Regiearbeit „Southland Tales“, die eindeutig zu komplex ausgefallen ist um den Inhalt des Ganzen in wenigen Zeilen einzufangen.
Zumindest lässt sich jetzt schon sagen, dass sich das interessante, innovative Werk vor seinem Vorgänger nicht zu verstecken braucht.

Trotz vieler Ähnlichkeiten zu „Donnie Darko“ was das Erschaffen einer eigenen mysteriösen Welt, bzw. einer Dimension, angeht, muss festgehalten werden, dass der Regisseur bei „Southland Tales“ schon eher das Format einer pechschwarzen Gesellschaftssatire im Science Fiction-Gewand gewählt hat, und der - wenn auch bittere – Humor die Geschichte um Verschwörungen, Macht, Krieg und das Ende der Welt dominiert.

Im Vorfeld hat das zunächst in Cannes aufgeführte Epos einige herbe Kritiken einstecken müssen, was aber in Anbetracht der Qualität des Streifens schon ziemlich irritiert. Natürlich verweigert sich Kellys aktueller Output, wie auch schon dessen Erstling, einer lückenlosen und völlig logischen Erzählweise, was aber dem Zuschauer im Endeffekt viel Raum für Interpretationen lässt und ihm mit Sicherheit mehr Aufmerksamkeit entlockt als ein schnödes „A nach B“-Schema.
Obwohl das Werk in erster Linie auch als ein überzeichnetes Bild aktueller Zustände angesehen werden kann, fügt der Regisseur wieder Elemente aus der Physik in die Story ein, die vielleicht manchem konventionellen Zuschauer zu abgehoben erscheinen.
In vielerlei Hinsicht sitzt der Film irgendwo zwischen den Stühlen, weshalb dem Verleiher die Vermarktung vermutlich auch recht schwer gefallen und „Southland Tales“ an den amerikanischen Kinokassen gefloppt ist: Zunächst könnte einem „intellektuellen“ Publikum die Besetzung mit „The Rock“ Dwayne Johnson sowie „Buffy“ Sarah Michelle Gellar ein Dorn im Auge gewesen sein, während potentielle Fans der beiden nicht gerade für Performances in tiefgründigen Streifen bekannten Darsteller spätestens nach der ersten Stunde entsetzt den Saal verlassen haben dürften.
Um – aber wirklich ganz grob – zu skizzieren, was beim Genuss des Werkes auf einen zukommt, sollte man sich einen wilden Mix aus Terry Gilliams „Brazil“ (1984), Paul Thomas Andersons „Magnolia“ (1999), Sam Mendes „American Beauty“ (1999) und verschiedenen Philip K. Dick-Geschichten vorstellen, die auf die Verschrobenheit eines David Lynch treffen.

Wer übrigens von der bereits angesprochenen, eigenwilligen Besetzung abgeschreckt worden ist, dem sei Entwarnung gegeben – natürlich erreicht ein „The Rock“ oder Seann William Scott nicht die schauspielerische Klasse eines Marlon Brando, aber bei „Southland Tales“ passen die Leistungen der Darsteller einfach perfekt zu ihren Rollen, wobei vor allem Justin Timberlake als Erzähler und desillusionierter Kriegsveteran positiv hervorgehoben werden soll.
Seine kurze Musical-Einlage mit blutverschmiertem T-Shirt und Bier in der Hand zu dem „Killers“-Song „All These Things That I've Done“ gehört neben einem Werbevideo, in welchem zwei Autos beim Geschlechtsverkehr (!) zu beobachten sind, zu den skurrilen Höhepunkten des Streifens.

Wie bereits bei „Donnie Darko“ spielt auch beim vorliegenden Film die Musik eine grosse Rolle. So stammt der atmosphärische Klangteppich, der die oft hypnotische Erzählweise perfekt untermalt, von „Moby“, dessen Mitwirken auf der Tatsache beruht dass er ein Riesenfan von Kellys Vorgänger-Werk ist.
Auch die drei Kapitel, in welche der Film eingeteilt ist, sind Titel aus der Welt der Popmusik und gelegentlich begleiten diverse Songs von Künstlern wie „Blur“, „Radiohead“ und „Muse“ passend die Szenerie.

Um letztlich ein vollständiges Bild von „Southland Tales“ zu erhalten, muss man ihn schon selbst gesehen haben - was an dieser Stelle als ausdrückliche Empfehlung verstanden werden sollte.
Wenn „Star Wars“ eine Reise in fremde Welten darstellt, dann ist dieser Film ein Trip in eine eigenartige aber irgendwie dennoch sehr vertraute Dimension.
Leider wird es dem deutschen Kinogänger - vermutlich aufgrund des Misserfolgs in Übersee - nicht möglich sein, das Prachtwerk auf der Leinwand zu erleben, weshalb man sich dem Rausch dann wenigstens auf einem möglichst grossen Bildschirm aussetzen sollte.

„Cease to resist, giving my goodbye / drive my car into the ocean / you'll think i'm dead, but i sail away / on a wave of mutilation“

(Pixies, „Wave Of Mutilation“)**
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[* „Three Days“ written by Perry Farrell, David M. Navarro, Stephen Perkins and Eric Avery Weiss, Courtesy of Warner Bros. Records, Inc.]

[**„Wave Of Mutilation“ written by Frank Black, Courtesy of 4AD Limited]


Eine Rezension von Bastian G.
(11. Mai 2008)
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Daten zum Film
Southland Tales USA 2006
(Southland Tales)
Regie Richard Kelly Drehbuch Richard Kelly
Produktion Universal Pictures, Wild Bunch, Destination Films, Darko Entertainment, Cherry Road Films Kamera Steven B. Poster
Darsteller Dwayne "The Rock" Johnson, Seann William Scott, Sarah Michelle Gellar, Justin Timberlake, Will Sasso, Nora Dunn, Kevin Smith, Curtis Armstrong, Beth Grant, John Larroquette, Wallace Shawn, Zelda Rubinstein, Christopher Lambert, Miranda Richardson, Mandy Moore, Bai Ling, Jon Lovitz, Holmes Osborne
Länge 145 min. FSK ab 16 Jahren
http://www.southlandtales.com/
Filmmusik Moby
Der Film wird keinen deutschen Kino-Release erhalten und erscheint hierzulande am 08.05.2008 über "Universal Pictures" auf DVD.
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