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The House with laughing Windows

The House with laughing Windows

Ein Film von Pupi Avati

In einem italienischen Dorf beauftragt ein Geschäftsmann den Restaurator Stefano damit, ein Fresko in der örtlichen Kirche zu bearbeiten. Das Fresko wurde von einem einheimischen Künstler gemalt, dessen Spezialität es war, Menschen in dem Augenblick ihres Todes festzuhalten - kein Wunder dass der Gute irgendwann wahnsinnig wurde. Die Dorfbevölkerung verhält sich jedoch nach einiger Zeit ziemlich seltsam, es gibt einen ersten Toten, und die Geister der Vergangenheit scheinen einfach keine Ruhe finden zu wollen...

Der vorliegende Film stammt aus dem Jahre 1976, also aus der Hochzeit des italienischen Genrekinos. Es wurde ja gewitzelt, dass ein jeder der damals eine Kamera einigermassen halten konnte, auch Filme drehen durfte. Neben all den großen Namen wie Dario Argento oder Mario Bava brachten es auch viele weitere zu Berühmtheit, natürlich Umberto Lenzi oder auch Lucio Fulci. Neben diesen großen und in Erinnerung gebliebenen Namen gab es aber auch durchaus eine Gruppe von Regisseuren, die zwar auch Genrekost ablieferte, dabei jedoch deutlich künstlerischer und anspruchsvoller zu Werke gingen, als die Handwerker (ohne das negativ bewerten zu wollen) wie Lenzi, Fulci oder Sergio Martino. Zu jenen Regisseuren gehört eben auch Pupi Avati, der eben diesen Film 1976 vorlegte. Avati selbst ist wohl ziemlich in Vergessenheit geraten, wenn auch völlig zu Unrecht. Sein bekanntester Film dürfte wohl Zeder von 1983 sein. Zuletzt drehte er The Hideout im Jahr
2007, der wohl ein absolut toller Giallo mit Burt Young und Treat Williams (!) geworden sein muss, glaubt man den Kollegen bei "Das Manifest". Jedenfalls entstand 1976 eben "La Casa dalle finestre che ridono", der zwar nie auf Deutsch erschien, aber ein absolut sehenswertes Meisterwerk des italienischen Horrorkinos ist. Warum, das möchte ich im folgenden versuchen darzulegen.
The House with laughing WindowsThe House with laughing WindowsThe House with laughing Windows
Gleich zu Beginn erschafft Pupi Avati eine zum Schneiden dichte Atmosphäre. Ein gefesselter Mann bekommt immer wieder Messer in den Leib gerammt und wird sicherlich ein schreckliches Ende finden. Untermalt werden diese körnigen Sepia-Bilder von einer Stimme, die scheinbar zusammenhangsloses und wirres Zeug immer wieder wiederholt. Was sich nun nach eher billigem Splatter anhört, überzeugt durch die gelungene Inszenierung, die geschickte Kameraführung und den messerscharfen Schnitt (no pun intended). Als wir dann in die eigentliche Handlung des Films geworfen werden, schwebt schon über allem diese unbestimmte Bedrohung, die man in einem Film dank dieser überaus gelungenen Einstiegsszene selten gesehen hat. Die erste Zeit verhält sich der Film dann wie ein sehr schöner aber auch recht gewöhnlicher Giallo: unser Protagonist kommt natürlich im weitesten Sinne aus dem Künstler-Etablissement, es scheint ein Geheimnis in diesem Dorf zu geben, verstellte Stimmen drängen Stefano dazu, die Restauration des Freskos abzubrechen, und überhaupt scheint das ganze Geschehen eher undurchsichtig. Doch schon kurz nach dem ersten Mord verlässt Pupi Avati die Giallopfade und betritt fast schon klassischen Gothic-Horror Kino. Die Atmosphäre wandelt sich immer mehr vom Murder-Mystery zum ländlichen Grusel und mündet in einem grandiosen Finale. Dieser Genrewechsel wirkt dabei keineswegs erzwungen, sondern kommt schleichend aber stetig. Ganz großes Kino!

Die Atmosphäre dann wirkt natürlich auch völlig anders. Der Giallo löst sich eigentlich vollständig auf, und wir bekommen eine fast schon Lovecraft'sche Atmosphäre geboten. Hinter all dem Geschehen scheint etwas ganz anderes zu stecken, eine Bedrohung im Dunkeln die aber nicht fassbar scheint. Auch die Dorfbewohner verhalten sich wenig kooperativ, und diejenigen welche Auskunft geben zeugen von paranoidem Verhalten und müssen schonbald selbst um ihr Leben fürchten. Das ganze Dorf scheint etwas über den wahnsinnigen Maler zu wissen, doch niemand rückt mit etwas konkretem raus. Durch diese ständige Bedrohung kann der Film auch eine konstant hohe Spannung halten und bringt doch einige gruselige Szenen hervor, ohne jedoch auf vordergründige und grelle Effekte zu setzen. Hierbei sei noch einmal deutlich herausgestellt: lieber Leser, der den Film ja vielleicht irgendwann einmal sehen wird, erwarte keinen Giallo! Sei einfach offen für diesen künstlerischen Gruselfilm, der so manchen Haken schlägt, dabei jedoch nie sein eigentliches Ziel aus den Augen verliert. Ein geschickter Schachzug ist sicherlich, dass Avati das Fresko nicht vergisst. Durch die fortschreitende Freilegung des Bildes bekommt man immer mehr Information (oder neue Fragen), so dass dieser Mechanismus schon fast an das körnige Foto in Antonionis Blow-Up erinnert.

Überhaupt verfolgt Avati mit absoluter Konsequenz das Konzept, dass wir eigentlich nur Stefano durch die Handlung folgen. Durch diesen Aspekt weiß der Zuschauer ergo auch nie mehr als der eigentliche Hauptdarsteller, so dass es keinerlei Wissensvorsprung beim Zuschauer bezüglich dem Geheimnis der Vergangenheit geben kann. Dadurch wird der Film eigentlich auch selten langweilig und regt den Zuschauer zum Mitforschen bzw. -denken an. Leider benimmt sich Stefano manchmal etwas seltsam, aber diese kleinen Mäkel sind natürlich Geschmackssache und werden durch den Rest des Films wieder wett gemacht. Und obwohl der Film 1976 entstanden ist, teilweise dem Giallogenre zugerechnet werden kann, bedient Avati die Fans eher selten und liefert kaum explizite Gewaltszenen oder nacktes Fleisch. Insgesamt ist der Film doch eher ruhig inszeniert und bietet eine eher verträumte Atmosphäre im Stil von Argentos Inferno, ohne jedoch dabei völlig den Boden der Tatsachen unter den Füßen zu verlieren. Erwähnen möchte ich noch die gelungene Fotografie, die für sehr schöne Bilder sorgt. Doch die Bilder sind nicht nur schön, sondern auch die Bilder im Film, also vor allem das Fresko in der Kirche strahlen eine gewisse Bedrohung aus, die durch die gute Kameraarbeit, die sich immer wieder auf Details fokussiert, noch verstärkt wird.
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Bei den Schauspielern gibt es kaum bekannte Namen zu lesen. Stefano wird von Lino Capolicchio gespielt, der zwar etwas steif wirkt, was aber gut zu der Rolle passt. Er hat aber auch schon in Boodstained Shadow Giallo-Erfahrung gesammelt und war auch in der TV-Serie Allein gegen die Mafia zu sehen. Francesca Marciano spielte in wenigen Filmen, schrieb aber immerhin das Drehbuch zu Ich habe keine Angst. Die meisten der Darsteller haben jedoch keine weiteren nennenswerten Auftritte in anderen Produktionen gehabt, interessanterweise arbeiteten aber viele wieder mit Pupi Avati bei Wir Drei zusammen. Die Kamera führte Pasquale Rachini, der hiermit gerade mal seinen zweiten Film fotografierte, eigentlich schwer zu glauben. Die Produktion bestand also eigentlich eher aus No-Names. Auch die Produktionsfirma A.M.A. produzierte eher wenig bekanntes, unter anderem aber eben Zeder vom selben Regisseur, oder auch Macabro von Lamberto Bava.

Als DVD gibt es den Film natürlich nicht auf Deutsch. Der Film wurde scheinbar auch nie in andere Sprachen übersetzt, also bleibt nur eine italienische Tonspur übrig. Veröffentlicht wurde der Film inzwischen in England, Amerika und Italien, wobei scheinbar alle DVDs inhaltlich exakt identisch sind. Italienischer Ton, englische Untertitel, praktisch keine Extras, dafür gutes Bild und auch der Ton geht in Ordnung (wobei ich die Sprache ja eh nicht verstehe). Basis dieser Rezension war die englische DVD aus dem Hause Nouveaux Pictures.

Fazit: Mit House with laughing Windows liefert uns Pupi Avati wirklich einen erstklassigen Gruselfilm ab, der gelungen den Wechsel vom Giallo zum Gothic-Horror schafft. Eine dichtere Atmosphäre hat man im italienischen Genrekino selten gesehen, auch wenn der Film eine eher recht langsame Gangart anschlägt. Eine echte kleine Perle!

Eine Rezension von David Kugler
(29. April 2008)
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Daten zum Film
The House with laughing Windows Italien 1976
(La Casa dalle finestre che ridono)
Regie Pupi Avati Drehbuch Pupi Avati, Antonio Avati, Gianni Cavina, Maurizio Costanzo
Produktion A.M.A. Film Kamera Pasquale Rachini
Darsteller Lino Capolicchio, Francesca Marciano
Länge ca. 106min FSK
Filmmusik Amedeo Tommasi
Kommentare zu dieser Kritik
Bartel sagte am 09.08.2012 um 22:52 Uhr

Besser eine späte Würdigung als gar keine:

http://www.amazon.de/Casa-dalle-Finestre-che-Ridono/dp/B007W9KQI8?SubscriptionId=AKIAJCBFCMUPBFKHX4FA&tag=hardsensa-21

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