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The Astronaut Farmer

The Astronaut Farmer

Ein Film von Michael Polish


„Without our dreams, we have nothing“


Ein Hauch von Hollywood wehte vergangenes Wochenende durch Oldenburg. Das Internationale Filmfest präsentierte sich zum 14. Mal in der Hunte-Stadt und wurde nach 5 Tagen voller Welt- und internationaler Filmpremieren in einer feierlichen Abschlussgala im Multiplex am Hafen im Beisein zahlreicher Stars und Sternchen, die über den extra ausgelegten roten Teppich flanierten und der Presse Rede und Antwort standen, beendet. 17.000 Besucher markierten einen neuen Rekord, der den fast immer ausverkauften Vorstellungen Rechnung trug. Auch der Abschlussfilm auf der Closing-Night-Gala war bis auf wenige Plätze komplett ausgebucht, so dass einer feierlichen Internationalen Premiere des Michael Polish-Films „THE ASTRONAUT FARMER“ (OmU) nichts mehr im Wege stand.


Das unterhaltsame Drama der Polish-Brüder beginnt, ganz dem Sinne eines Filmfestivals folgend, das sich nicht filmischem Einheitsbrei verschrieben hat, dabei zunächst einmal gänzlich anders als gängige Mainstream-Produktionen der Neuzeit. So sehen wir einen Mann in voller Astronautenmontur auf einem Pferd durch die Pampa reiten. Dieser Mann ist, wie wir schon kurz darauf erfahren, der ehemalige NASA-Astronaut Charles Farmer (Billy Bob Thornton), der nach vielen Jahren beruflicher Tätigkeit seine Arbeit aufgab und sich bis heute zusammen mit seiner Familie um eine Farm kümmert. Ein herber familiärer Schic
ksalsschlag – der tragische Selbstmord seines Vaters – führte zu diesem Entschluss. Doch der nun scheinbar ausgeträumte Traum, jemals ins All fliegen zu können, ließ Charles all die Jahre einfach nicht los. So begann er, im Alleingang an der Verwirklichung seines Lebenstraumes zu arbeiten, indem er in seiner Scheune eine gigantische Weltraumrakete baut. Jetzt schließt sich auch der Kreis zu der zunächst etwas seltsam anmutenden Eröffnungssequenz: Charles Farmer übt, wo er nur kann, um fit genug für den bald anstehenden Flug ins All zu sein.


Verständlicherweise steht Charles mit seinem Optimismus, dass diese Rakete irgendwann einmal auch wirklich ins All zu fliegen in der Lage ist, fast alleine da. Von den Nachbarn und Mitmenschen als verrückt abgestempelt, wird er lediglich von seinen Kindern abgöttisch verehrt – wer kann es Kindern verübeln?! –, während seine Frau Audie (Virginia Madsen) sich trotz berechtigter Zweifel so gut es geht auf seine Seite schlägt. Dramatisch wird es, als herauskommt, dass sich Charles für die Erfüllung seines Traumes hoffnungslos verschuldet und diese Misere bisher vor seiner Familie verschwiegen hat. Der Haussegen hängt gründlich schief, was vor allem nicht dadurch besser wird, dass mittlerweile die Medien auf den „Astronaut Farmer“ aufmerksam geworden sind und ihn zur Ikone hochstilisieren. Fortan halten Kameras und Mikrofone Einzug in das ansonsten so idyllische Leben der Familie Farmer. Sollte das Familienglück am Traum Charles’ gar zerbrechen? Während der ehemalige Astronaut fest davon überzeugt ist, dass sein Traum auch weiterhin sein Leben bestimmen muss, haben derweil schon hochrangige Militärs und diverse Geheimdienste die Fährte des vermeintliches Feindes aufgenommen, um zu verhindern, dass irgendjemand im stillen Kämmerlein eine Massenvernichtungswaffe bastelt und somit eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt.


Das Poster, das oben zu bewundern ist, mutet zugegebenermaßen etwas seltsam an. Ein Mann sitzt in Astronautenkluft auf einem Pferd, im Hintergrund die dunklen Umrisse einer Farm. Wer erwartet, einen völlig abgedrehten Film zu Gesicht zu bekommen, sollte diese Erwartungen ganz schnell zurückschrauben und sich besser auf eine gefühlvolle Tragikomödie mit einer Prise Science-Fiction einstellen. Michael Polishs Film ist vordergründig eine überaus intelligente Geschichte über Träume und die Kraft, an ihnen festzuhalten, die die meiste Zeit mit ruhiger Hand inszeniert wird. Charles Farmer ist gewissermaßen die Menschwerdung der von so vielen gehegten Hoffnung, dass sich alles erreichen lässt, wenn man nur bereit ist, daran zu glauben. Es ist keine Obsession, die Farmer zu seinem Handeln treibt, es ist vielmehr eine simple, aber einleuchtende Erkenntnis. Sein Vater ist damals durch den Selbstmord nicht gestorben – er hat lediglich aufgegeben, als er die Pistole gegen sich richtete und all seinen Träumen und seinem Leben ein viel zu frühes Ende setzte. Wer hingegen Träume hat und diese auch auslebt und zu verwirklichen versucht, lebt richtig. Charles will nicht aufgeben. Wegen seiner Familie, seinen ihn so abgöttisch verehrenden Kindern, und vor allem nicht, weil er sich und aller Welt beweisen möchte, dass er, der Astronaut Farmer, diesen Namen auch wirklich verdient hat. Dass der erste Versuch Farmers, seine Rakete zu starten, buchstäblich nach hinten losgeht und ihn schwer verletzt ins Krankenhaus bringt, steht nur allzu offensichtlich für die Hürden und Momente in unser aller Leben, in denen wir uns fragen, ob es sich überhaupt noch lohnt, das gewünschte Ziel weiterzuverfolgen. Wie so häufig ist es letztlich auch hier die Familie, sind es die Freunde und Bekannten, die Charles im gefassten Entschluss bestärken und neuen Mut machen. Der Name der neuen Rakete – DREAMER – hätte dabei nicht besser gewählt werden können, denn wer im wahrsten Sinne des Wortes hoch hinaus will, sollte niemals aufhören zu träumen.


[Beacon:] „Mr. Farmer, how do we know you aren't constructing a WMD?” – [Farmer:] „Sir, if I was building a weapon of mass destruction, you wouldn't be able to find it.”



Bei all den Träumereien vermag man zu übersehen, dass „THE ASTRONAUT FARMER“ neben einem zu Herzen gehenden Drama auch eine mehr als gelungene Farce auf die allgemeine Angst vor Massenvernichtungswaffen darstellt. Von „Hier gibt es nichts zu sehen“-Mentalitäten bis hin zu absichtlich krass überzeichneten Handlungsweisen der Mitglieder der eingeschalteten Bundesbehörden zelebriert der Film unter seiner Familiendrama-Fassade einen satirischen Rundumschlag auf alle gängigen Klischees, die an einigen Stellen regelrecht auf die Spitze getrieben werden. Wenn die FBI-Agenten gegenseitig über den Sinn und Zweck der Observierung philosophieren und zu dem Schluss kommen, dass sie so oder so wie Trottel dastehen, ganz egal, ob ihr Vorhaben von Erfolg gekrönt ist, dann nickt man als Zuschauer nur und schmunzelt gleichzeitig ein klein wenig.


Am Ende überkommt einen zwangsläufig ein sonderbares Gefühl von Glücklichsein. Ja, der Film ist trotz einiger tragischer Momente ein wunderbares Feel-Good-Movie, das eine zwar einfache, aber schöne Botschaft vermittelt, ohne allzu aufdringlich zu sein. Sehr dazu bei trägt vor allem die Performance eines tollen Billy Bob Thornton und einer wieder einmal einfühlsam agierenden Virginia Madsen. Ihre Rollen wirken, obwohl der Film sich um das Thema „Träume“ rankt und so im Ganzen sehr märchenhaft daherkommt, absolut authentisch und spendieren den beiden automatisch Sympathie-Punkte. Überraschungs-Punkte gehen vor allem an den in den Credits nicht aufgeführten Bruce Willis und Talkmaster Jay Leno, der sich selbst spielt.


Alle Punkte zusammengenommen, ist „THE ASTRONAUT FARMER“ einfach verträumtes, wunderschönes Kino, das neben einem großen Unterhaltungswert auch mit nachdenklich stimmenden Sequenzen aufwartet, ohne einen bitteren Beigeschmack zu hinterlassen. Am besten lehnt man sich während des Abspanns gemütlich in den Kinosessel, lauscht den Klängen von Elton Johns „Rocket Man“, der als Titelsong einfach perfekt passt, und blickt verträumt auf die große Leinwand, auf der sich gerade große Erwartungen in große Freude verwandelt haben. Heute, an diesem Abend, nimmt einem niemand so wirklich übel, dass man kurzzeitig mit den Gedanken abschweift und irgendwo in weiter Ferne an einem glücklichen Ort weilt, an dem sich selbst der abstruseste Traum noch realisieren lässt. Denn nicht immer sind Träume Schäume.



Eine Rezension von Stefan Rackow
(19. September 2007)
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Daten zum Film
The Astronaut Farmer USA 2006 / 2007
(The Astronaut Farmer)
Regie Michael Polish Drehbuch Mark Polish & Michael Polish
Produktion Warner Bros. Pictures / Spring Creek Pictures / Polish Brothers Construction Kamera M. David Mullen
Darsteller Billy Bob Thornton, Virginia Madsen, Bruce Dern, Tim Blake Nelson, J.K. Simmons, Max Thieriot, Jasper Polish, Logan Polish, Jon Gries
Länge 104 Minuten FSK ab 6 Jahren
http://theastronautfarmermovie.warnerbros.com/
Filmmusik Stuart Matthewman Titelsong Elton John
Kommentare zu dieser Kritik
Stefan R. TEAM sagte am 19.09.2007 um 15:37 Uhr

Infos zum Oldenburger Filmfest und zu den gezeigten Filmen sind unter http://www.filmfest-oldenburg.de/ zu finden.
Stefan R. TEAM sagte am 01.01.2011 um 16:39 Uhr

Free-TV-Premiere heute nacht um 0.05 Uhr im Ersten.
Lounge7 sagte am 31.01.2011 um 01:09 Uhr

Ein netter Glaub-an-Deine-Träume-Film (bzw. ein Jeder-US-Amerikaner-ist-frei-seine-Träume-zu-verwirklichen-Film), nur leider zu schön und naiv, um wahr zu sein. Billy Bob Thornton und Virginia Madsen halten das Luftschloss durch ihre schauspielerische Leistung gerade auf dem Boden: Wenn etwas glaubwürdig ist an diesem Film, dann sind es die Emotionen der kleinen Farmerfamilie, deren "strukturelle Hüllenintegrität" [kleines abgewandeltes StarTrek-Zitat, tschuldigung] durch die Träume des Familienvaters ganz schön belastet aber auch in den höchten Himmel katapultiert werden. Gerade, als der Film etwas länglich wird, setzt zum Glück die echte filmische Science Fiction ein; auch das reist ihn noch raus.

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