von Asokan Nirmalarajah
An diesem Punkt in seiner schwindelerregend steilen Karriere ist der amerikanische Regisseur Michael Bay wohl der kommerziell erfolgreichste, wie auch von der internationalen Kritik meist geächtete Filmemacher seiner Zeit. Sein hochdynamischer filmischer Stil, der oft ob des oberflächlichen Glanzes und der inhaltlichen Leere angegriffen wird, kommt jedoch nicht von ungefähr, da er wie andre, die den Sprung von Werbefilmen und Musikvideos zum Spielfilm geschafft haben, auf eine grelle, bacchantische Ästhetik mit schnellen Schnitten und emphatischer Musik setzt. Narrative Kohärenz und glaubwürdige Charaktere, als auch irgendeine Form von relevantem Subtext findet man dabei eher selten inmitten Bays offensichtlichem Fetisch für Waffen aller Größen, schönen Frauen und schnellen Autos in einer Flut von atemberaubenden Bildern und ohrenbetäubendem Soundtrack. Angefangen bei den aggressiv homophoben Actionkomödien
Bad Boys I & II (1995, 1998), über die pathetischen Soldatenepen
The Rock und
Pearl Harbor (1996, 2001), bis hin zu den unsinnig-grotesken Sci-Fi-Abenteuern
Armageddon und
The Island (1998, 2005) hat Bay eine Kinoästhetik gefestigt, die sicherlich weder neu, noch unverwechselbar ist – Tony Scott (
Man on Fire, 2004;
Déjà-Vu, 2006) kann immer noch
bunter – aber durchtränkt ist von seiner Faszination für alles Martialische, Maskuline und Masochistische. Wären seine Frauencharaktere nicht ein Affront für den Feminismus, und würden seine Geschichten mehr Sinn machen, dann wäre er vielleicht der legitime Nachfolger des von ihm verehrten Eventkino-Meisters James Cameron (
The Terminator, 1984;
Aliens, 1986;
Titanic, 1997) .
Einer seiner weiteren Vorbilder ist Steven Spielberg, mit dem er für seine jüngste Arbeit, dem Science-fiction-Action-Spektakel
Transformers (2007), basierend auf einer ungemein populären japanischen Spielzeug-Kreation der 80er Jahre, die besonders als Zeichentrickserie Erfolg bei Kindern und Jugendlichen fand, kollaboriert hat. Unter der Führung Spielbergs als ausführendem Produzenten durfte hier Bay seinen ersten selbsterklärten Familienfilm drehen, der zwar nicht minder hyperkinetisch und militant anmutet, aber weit weniger gewalttätig ist. Entsprechend ist der Held dieses aufwendigen Kinderfilms ein Teenager wie aus dem Buche: nervös, hyperagil, mit flinker, smarter, selbstironischer Zunge und schäbigen Klamotten tritt Sam Witwicky (der kecke Jungspund Shia Labeouf, den man auch bald als Sidekick von Indiana Jones in dessen viertem Abenteuer sehen kann) auf, der seinen ganz individuellen amerikanischen Traum jagt.
Der sieht so aus: verkauft man die scheinbar nutzlosen Besitztümer eines Vorfahren auf ebay, bekommt man Geld; investiert man in ein Auto, kriegt man durch das Gefährt über kurz oder lang auch eine Freundin. Die Rechnung geht aber leider nicht auf, weil in die Eroberung der Highschool-Schönheit Mikaela (Megan Fox) ausgerechnet außerirdische Roboter, sogenannte Transformers platzen, die ihren intergalaktischen Privatkrieg auf der Erde fortsetzen wollen. Während die Autobots (Autonomous Robotic Lifeforms), unter dem weisen Optimus Prime, der auch als Erzähler fungiert und sich in einen schmucken Lastwagen transformieren kann, die Menschheit schützen wollen, sind die abtrünnigen Decepticons, geleitet vom manischen Megatron, nur an eine kubische Machtquelle interessiert, zu der nur Sams Familienbesitz zu führen vermag. Somit wird Sam zum unfreiwilligen Mittelpunkt einer intergalaktischen Krise, zu deren Bewältigung auch der angespannte US-Verteidigungsminister (Jon Voight), eine in der Wüste gestrandete Gruppe von Soldaten, und eine handvoll trotteliger Jungs und hübscher Mädels mit geballtem Computer-Wissen, mitsamt ahnungsloser FBI-Agenten einfinden…
Hatte Bay mit seinem verkitschten Oscar-Bittgesuch
Pearl Harbor noch mit politischer Korrektheit geliebäugelt, um ernüchtert festzustellen, daß er für Weichzeichnerei nicht wirklich gemacht ist, und mit
Bad Boys II seinen in jeglicher Hinsicht anstößigsten Film jenseits jeglicher fadenscheiniger Sensibilität gegenüber Randgruppen aller Art abgeliefert, so zeigt
Transformers daß er zu einer gewissen inneren Ruhe gefunden hat, insofern er weder versucht, die Kritiker zu umgarnen, noch es allen recht zu machen. Seine siebte Arbeit ist ein klassisch bombastischer, leicht misogyner, leicht rassistischer, etwas überlanger Bay-Film mit sentimental-pathetischen Anleihen beim Übervater Spielberg, dessen naive Phantasie vorstädtischer Familienidylle im Zentrum einer so albernen wie schlicht unglaubwürdigen Slapstickszene in der Mitte des generell verspielten, substanzlosen Spektakels parodiert wird. Unverfroren stumpfsinnig-patriotisch und bedenkenlos militant, aber nie wirklich langweilig, ist
Transformers dabei nichts anderes als ein feuchter Traum aller heftig pubertierender Außenseiter dieser kleinen Welt, die hier nicht nur eben diese retten dürfen, sondern auch das atemberaubend gut gebaute Mädchen ihrer Träume gewinnen dürfen (die Analogie Auto-Frau ist natürlich nicht neu, wird hier aber mit Nachdruck ausgestellt). Und was sind die hier nicht mehr so putzigen, sondern verdreckten und unansehnlichen Transformers – deren Kampfszenen oft so konfus sind, daß sie vorher ankündigen müssen wer sie eigentlich sind, damit der Zuschauer halbwegs weiß, wer gerade gegen wen kämpft – mehr als eine coole Metapher für die Transformationen, die pubertierende Teenager durchmachen, auf die auch der pfiffige Transformers-Werbeslogan zutrifft: „more than meets the eye“.