In den spĂ€ten sechziger Jahren wurde San Francisco von einer mysteriösen Mordreihe erschĂŒttert. Im Zeitraum vom 20. Dezember 1968 bis zum 11. Oktober 1969 wurden nachweislich sieben Personen Opfer des TĂ€ters, der sich selbst âZodiacâ nannte, wobei zwei von ihnen schwer verletzt ĂŒberlebten. Nach seinen ersten Taten sendete der âZodiacâ Briefe an die Redaktionen des âVallejo Times-Heraldâ, des âSan Francisco Chronicleâ und des âExaminerâ, in welchen er sich öffentlich seiner Taten bekannte und in den beiliegenden verschlĂŒsselten Botschaften angeblich seine wahre IdentitĂ€t preisgab.
Weder der Polizei noch den anderen in den Fall involvierten Personen war es je gelungen, den TĂ€ter aufgrund der gesammelten Indizien zu ĂŒberfĂŒhrenâŠ
Der Regisseur David Fincher hat sich nach dem enttĂ€uschenden Thriller âPanic Roomâ (2002) fĂŒnf Jahre Zeit bis zu seinem nĂ€chsten Film gelassen. Er hat sogar auf die Regie bei der James Ellroy-Verfilmung âThe Black Dahliaâ verzichtet (welche nun von Brian De Palma realisiert worden ist) um seine Aufarbeitung der âZodiacâ-Morde zu verwirklichen.
Viele Fans von Finchers bisherigen Hits
âSiebenâ (1995) und
âFight Clubâ (1999) dĂŒrften eventuell von seiner aktuellen Arbeit enttĂ€uscht sein. Bei âZodiacâ handelt es sich nicht wie bei
âSiebenâ um eine Serienkiller-Hatz mit gezĂŒckter Kanone in den verregneten StraĂen New Yorks, sondern um eine detaillierte Darstellung der Ermittlungen, die um den geheimnisvollen Killer stattgefunden haben.
Im Zentrum der Geschichte stehen der Reporter Paul Avery (Robert Downey Jr., âChaplinâ, âNatural Born Killersâ), der Karikaturist Robert Graysmith (Jake Gyllenhaal,
âDonnie Darkoâ,
âJarheadâ,
âBrokeback Mountainâ), auf dessen BĂŒchern der Film basiert, und die Polizisten David Toschi (Mark Ruffalo, âSolange du da bistâ, âIn The Cutâ) und William Armstrong (âERâ-Star Anthony Edwards, âTop Gunâ, âFriedhof der Kuscheltiere 2â). Sie alle jagen wie besessen den âZodiacâ...und sie alle scheitern und zerbrechen fast wĂ€hrend der Untersuchungen. WĂ€hrend der spleenige Avery das Handtuch schmeisst und letztendlich als Alkoholiker endet, bleibt Graysmith der einzige, der seine Ermittlungen bis in die 80er fortsetzt und schlieĂlich zwei BĂŒcher ĂŒber den Fall schreibt.
Nichts wĂ€re allerdings falscher als den Film als die trockene Analyse eines wahren Verbrechens zu beschreiben! Bei David Finchers âZodiacâ handelt es sich um ein Meisterwerk des modernen Kinos; er vereinigt einen grandiosen ErzĂ€hlstil mit hervorragenden Darstellern und einer AuthenzitĂ€t, wie man sie wirklich selten in einem Film dieser Art geboten bekommt. Der Film ist Ă€uĂerst anspruchsvoll und man sollte fĂŒr den Kinobesuch durchaus eine Portion Ausdauer und Konzentration mitbringen, da man ĂŒber die gesamte Spieldauer von ĂŒber zweieinhalb Stunden mit einer FĂŒlle von Informationen und Namen geradezu erschlagen wird. Wer also einen typischen Thriller erwartet, wird von diesem âErmittlungsfilmâ wohl eher gelangweilt sein. In seinem Kern handelt es sich hierbei auch eher um ein Drama, in welchem die Jagd der Polizei und Presse nach dem âZodiacâ dargestellt wird.
Obwohl der Film ĂŒber eine rekordverdĂ€chtige Menge an ZeitsprĂŒngen verfĂŒgt, wirkt es fast als sei die Zeit wĂ€hrend der Ermittlungen âeingefrorenâ. Dies unterstreicht perfekt die Besessenheit der Hauptcharaktere, welche einen groĂen Teil ihres Lebens fast ausschlieĂlich in diesen Fall investiert haben. So spricht der Polizist Armstrong vor seiner Versetzung zu seinem Partner Toschi und sagt ihm dass er die langen Dienstzeiten nicht mehr aushalte und endlich seine Kinder heranwachsen sehen möchte.
Das Private der Protagonisten wird dem Zuschauer meist vorenthalten und eher, wie zuvor beschrieben, verbal angedeutet. Lediglich bei Graysmith zeigt Fincher gelegentlich Ausschnitte aus dessen Familienleben, welches ebenfalls infolge spÀterer Terroranrufe des TÀters ins Schwanken gerÀt.
Der frĂŒhere Musikvideo-Regisseur David Fincher hĂ€lt sich bei seinem vorliegenden Werk auf der visuellen Ebene im Vergleich zu seinen VorgĂ€ngern ein wenig zurĂŒck. Dieser Umstand macht allerdings auch Sinn, da bei âZodiacâ zunĂ€chst die Geschichte und die Schauspieler im Vordergrund stehen.
Es wĂŒrde schwer fallen, wenn man einen bestimmten Darsteller aus dem Ensemble hervorheben mĂŒsste, da jeder von ihnen eine groĂartige Performance (bis in die Nebenrollen) vorlegt, und sich hoffentlich einige von ihnen ĂŒber eine zukĂŒnftige Oscar-Nominierung freuen dĂŒrfen. Auch die Ausstattung ist sehr gelungen und hilft, das Szenario perfekt in die spĂ€ten 60er zu transferieren.
Zudem gelingt es dem Regisseur, dem Zuschauer ĂŒber den gesamten Film ein GefĂŒhl zu vermitteln als sei der âZodiacâ in jeder Szene prĂ€sent. Man spĂŒrt die Gefahr, in welche sich vor allem Graysmith begibt und hofft trotz des Wissens dass der wahre Killer nie gefasst worden ist, dass man am Ende das Kino verlassen kann nachdem man diesem einmal in die Augen hat blicken können. Es ist zwar nicht so dass der âZodiacâ in den Mordszenen sehr verschleiert und mystisch dargestellt wird, doch natĂŒrlich weigert sich die Kamera dessen Anlitz direkt zu zeigen. Man hat zwar bei jedem VerdĂ€chtigen das GefĂŒhl dass es sich jetzt um den TĂ€ter handelt, doch der Darsteller in den betreffenden Einstellungen ist von der Statur so gewĂ€hlt dass es jeder hĂ€tte sein können.
âZodiacâ stellt auf jeden Fall eine groĂe Weiterentwicklung in der Karriere von David Fincher dar und katapultiert ihn in die Riege der ganz groĂen Hollywood-Regisseure. Er hat hier ein gleichzeitig spannendes, anspruchsvolles und analytisches Meisterwerk geschaffen, welches man in eine Reihe irgendwo zwischen âL.A. Confidentalâ (1997) und âDas Schweigen der LĂ€mmerâ (1991) stellen könnte.
Dies ist ein Film, der den Zuschauer nach dem Ansehen so schnell nicht loslĂ€sst und ĂŒber den man sich auf dem Nachhauseweg nach dem Kinobesuch noch unterhalten wird.
Beeindruckend!